Ein Verlag für Bibliophile

Stefan Zweig – Buchmendel und Die unsichtbare Sammlung

Stefan Zweig

Es gibt sie noch – junge Verlage, die sich mit einem gut bedachten Programm dazu aufmachen, ihren Platz in der Branche zu behaupten. Besonders erfreulich ist es, wenn die Publikationen solcher Verlage erkennen lassen, wie viel Herzblut in ihrer Arbeit stecken muss. Vor Kurzem berichtete ich über den Erlanger homunculus Verlag, der unter dem Motto „Literatur für alle Zeit“ sowohl neue Literatur als auch Klassiker der Literatur verlegt – und zwar als liebevoll gestaltete Ausgaben, in denen äußere Ästhetik mit derjenigen des Textes zu einer Einheit verschmelzen.

Ein weiterer, noch sehr junger Verlag ist Topalian & Milani aus dem beschaulichen, schwäbischen Ort Oberelchingen. 2015 gründeten der Buchhändler und freie Literaturdozent Rasmus Schöll und der Kunstwissenschaftler Florian L. Arnold den „Verlag für schöne Bücher“. Dabei versprechen die beiden nicht zu viel, denn wenn die Bücher des kleinen Verlags eines sind, dann wirklich schön. Da ist zum Beispiel die Neuauflage der beiden Novellen „Buchmendel“ und „Die unsichtbare Sammlung“ von  Stefan Zweig.

„Die Sache interessierte mich. Ich fuhr sofort am nächsten Tage geradewegs in eine der unmöglichsten Provinzstädte, die es in Sachsen gibt, und als ich so vom kleinen Bahnhof durch die Hauptstraße schlenderte, schien es mir fast unmöglich, daß inmitten dieser banalen Kitschhäuser mit ihrem Kleinbürgerplunder, in irgendeiner dieser Stuben ein Mensch wohnen sollte, der die herrlichsten Blätter Rembrandts neben Stichen Dürers und Mantegnas in tadelloser Vollständigkeit besitzen könnte.“

„Die unsichtbare Sammlung“ dreht sich um einen Kunstantiquar in Berlin, der seinen Kunden Herwarth, einen Sammler von Werken Rembrandts und Stichen Dürers und Mantegnas, aufsucht. Als dieser, mittlerweile erblindet, ihm seine 27 Mappen umfassende Sammlung präsentieren will, sind alle Blätter leer. Seine Frau und die Tochter haben die Kunstwerke nach und nach heimlich verkauft, um die Familie in den Kriegsjahren über Wasser zu halten. Der Antiquar wurde von den beiden Frauen darüber in Kenntnis gesetzt, spielt das Spiel mit und verspricht dem Sammler gar, seine Sammlung nach dessen Ableben zu verwalten.

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Die zweite Novelle in dem Band handelt von dem kleinen galizischen Büchertrödler Jakob Mendel, der „las, wie andere beten.“ Der Erzähler lernte Buchmendel kennen, als ein Freund die beiden miteinander bekannt machte, damit dieser ihm bei der Suche nach Buchtiteln zum Mesmerschen Magnetismus helfen kann. Jahre später, der Erste Weltkrieg tobt in Europa, wird Mendel, der vom Ausbruch des Krieges nichts mitbekommen hatte, da er nie Zeitung liest, in einem Konzentrationslager für russische Zivilgefangene festgehalten. Nach zwei Jahren Haft darf er nach Wien zurückkehren, da sich namhafte Kunden für ihn eingesetzt hatten. Doch er ist an der Internierung zerbrochen und wird schließlich aus dem Café Gluck, das ihm jahrelang als Arbeitsplatz diente, vom neuen Besitzer vertrieben und stirbt in seiner Wohnung an Lungenentzündung.

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Mit dem schmalen Band hat Topalian & Milani nicht nur zwei tiefgründige und äußerst lesenswerte Werke Stefan Zweigs neu aufgelegt, so dass diese wieder mehr Leser finden können. Das Buch ist großartig illustriert von Joachim Brandenberg (Buchmendel) und mit Florian L. Arnold (Die unsichtbare Sammlung) von einem der beiden Verleger selbst. Entstanden ist so ein Gesamtkunstwerk und eine großartige Hommage an den Autor.

„Ich grüße alle meine Freunde! Mögen Sie die Mörgenröte noch sehen nach der langen Nacht! Ich, allzu Ungeduldiger, gehe ihnen voraus.“

aus Stefan Zweigs Abschiedsbrief

Er konnte nicht mehr erleben, wie seine geistige Heimat Europa den Krieg überwand. Am 23. Februar 1942 nahmen Stefan Zweig und seine Frau Lotte sich im brasilianischen Exil das Leben.

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