Ein überzeugter Rechtschreibnazi

Da ich noch ohne Social Media meine Sozialisation durchlaufen habe, sind mir manch gängige Termini dieser Welt fremd. Manche machen neugierig (ich gestehe, ich konnte mit meinem ersten „wtf“ genauswenig anfangen wie der Rest der Welt mit Trumps „covfefe“), manche übernehme ich, manche bleibe mir dauerhaft fremd, und ich lehne sie ab: Zu letzterem gehört der Begriff ‚Rechtschreibnazi‘. Ich finde es absolut widerwärtig, wie jemand einen oberflächlichen Zusammenhang zwischen Reinheit der Rasse und Reinheit (vulgo: Korrektheit) der Sprache konstruiert. Ich muss aber auch feststellen, dass ich diesen Begriff nun schon recht häufig gesehen habe, wenn es um die rechte Schreibung ging.

Dabei hoffe ich, nicht vom hohen Ross herunter tadelnd den Finger zu heben. Ich bin ganz schlicht der Meinung, dass die Leute, die sich gerne schriftlich äußern, auch ein bisschen Sorgfalt dem Wort an sich angedeihen lassen könnten. Unfehlbarkeit steht niemandem zu, aber wo 80 – 90 % der des Deutschen (vermeintlich) Mächtigen meinen, das Wort werde doch so geschrieben und nicht anders, dann ist das schon, finde ich, eine Norm, die es einzuhalten gilt. Im Zweifel hilft die gute alte automatische Rechtschreibekorrektur.

Am besten lacht man im Übrigen immer noch über sich selbst: Ich war sehr dankbar, als eine Bloggerin mich mal darauf hinwies, dass ich mit meinem „Tweed“ wohl nicht den Stoff, sondern einen „Tweet“ gemeint habe. Kringelig auf dem Boden lag ich.

Warum das jetzt alles mitten ins vorweihnachtliche Gedöns hinein? Im Sommer kochte die Geschichte hoch mit dem Restaurant, welches, glaube ich, für die Abendstunden ein Kinderverbot aussprach. Natürlich hätte der Laden für sich selbst keine bessere Werbung machen können, als damit kontrovers in allen Medien hoch und runter behandelt zu werden. Ich konnte mir da auch nicht verkneifen, dass der Besitzer jenes Etablissement mit Namen ‚Oma’s Küche‘, vielleicht vor dem Verbot der Kinder selbst noch einmal die Schulbank drücken sollte. Ein vernünftiger Genitiv im Deutschen würde eben zu ‚Omas Küche‘ führen. Rums handelte ich mir gleich das Kommentar ‚Rechtschreibnazi‘ ein.

Und gestern lief bei mir, wie bei vielen Bloggern vermutlich auch, eine Agenturmail auf von einem „schweizer Unternehmen“, welches „Spülmaschienen und Waschmaschienen feste“ personalisierbare Sticker im Kooperationsangebot hat???!!!!

Ernsthaft, würde ich mich trauen, bei einem solchen Unternehmen personalisierbare Etiketten zu bestellen?! Brotdosen mit dem Kleber „Brohtdoose von ana-lenna“, Kleideretiketten mit „rökchen Von Maraike“. Lieber nicht, egal wie mich manche Leute dann nennen.

Bitte nochmal die Schulbank drücken.

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