Wer kennt schon die 245 unumstößlichen “de fide” (höchsten Glaubensgewissheiten) Gesetze? Auf nur 157 Seiten hängt der Autor die Catholica an ihren eigenen Glaubensgewissheiten auf und geißelt in einer modernen, direkten und flüssigen Sprache die mangelnde Logik und Absurdität so mancher Dogmen. Kein kirchen-akademisches Gebrabbel.
Das Buch kann und sollte jeder lesen und verstehen, auch ohne tiefschürfende Vorkenntnisse und Einweihungen. Der Autor behandelt das Thema in drei großen Blöcken. Im ersten zeichnet er skizzenartig ein Bild der Catholica, was sie war und wie sie sich heute präsentiert. Im zweiten nimmt er sich dann Dogma für Dogma die unumstößlichen Glaubensgewissheiten vor, um dann im dritten Block einen eher persönlich-versöhnlichen Ausblick zu signalisieren.
Und wenn bei den Qualifizierungen des Autors auch mal ein derbes Wort fällt, ist man allsogleich versöhnt, wenn man den Grund seiner Verärgerung nachliest. So z.B. beim Dogma Nr. 8: “Die göttlichen Eigenschaften sind sowohl mit der göttlichen Wesenheit als auch unter sich real identisch.” Verstanden? Nein? Macht nix! In solchen Fällen hat die Catholica stets die stereotype Formel parat: „Geheimnis des Glaubens”. Und diese Formel dröhnt wie ein Paukenschlag durch das gesamte Buch an den Stellen, an denen der Verstand des Lesers bei der Lektüre der Dogmen seinen Dienst verweigert.
Nach den kritischen Äußerungen des Autors kommt der Leser ins Grübeln: Warum diese sich in verquasten, kirchen-akademischen Worttentakeln verstrickenden unumstößlichen, menschengemachten und in alle Ewigkeit währenden Definitionen neben oder gar über der Bibel? Der Eindruck drängt sich auf, dass die Mehrzahl der Dogmen schier unverständlich sind und eher zu Ungläubigkeit als zu einer Stärkung der biblischen Botschaft beitragen oder diese gar bestärken bzw. bestätigen.
Während in der Bibel z.B. von einer Dreifaltigkeit Gottes noch keine Rede ist, wurde diese nach ein paar Jahrhunderten der tieferen Einsicht von Klerikern in den Dogmen 34 bis 43 höchst detailliert in einer Weise definiert, der die Vernunft nicht folgen kann und die der Islam als Vielgötterei verwirft. Ähnlich einleuchtend geht es bei den Dogmen 98 bis 104 über die Mutter von Jesus zu. Geheimnis des Glaubens erst seit 64 Jahren ist, wohin sie denn wohl leiblich entschwunden ist.
Und so werden die Dogmen Stück für Stück als Menschenwerk der Catholica weit nach Jesus enttarnt, um die Menschen in die Knechtschaft der Kirche zu zwingen. Die Bibel jedoch spricht von Erlösung. Und eben an diesem Widerspruch krankt die Catholica nach Auffassung des Autors und wird daran sterben. Die Zerfledderung der christlichen Religion in tausende von unterschiedlichen Einzelkirchen bestätigt diesen Trend.
Ein längeres Kapitel schreibt der Autor noch über ein Thema, das gar kein Dogma ist, den Zölibat. Aber der steht hier ja eigentlich auch nicht zur Diskussion.
Georg Korfmacher
Walter Gerhardt: An ihren in alle Ewigkeit wahren und unveränderbaren 245 Dogmen krankt und stirbt die Katholische Kirche. 157 S. brosch. Fouqué Literaturverlag. Frankfurt 2013.15,80 Euro. ISBN 978-3-8372-1264-8[Erstveröffentlichung Freigeist Weimar]