Ein Trip nach Jeddah

Ein Trip nach Jeddah

Mekka und Medina. Zwei wundersame Städte. Jede auf ihre eigene Art und Weise. Doch als Pilger kriegt man von dem eigentlichen Leben der beiden Städte selten etwas mit. Hotels und Einkaufspassagen umringen den Haram in Mekka, als auch die Masjid-an-Nabawi (Prophetenmoschee) in Medina. Die echten Mekkaner und Medinenser erlebt man kaum bis gar nicht. Anstatt dessen begegnet man an jeder Ecke asiatischen, türkischen und arabischen Reisegruppen.

Umso interessanter gestalteten sich daher in diesem Jahr für mich die Taxi-Fahrten. Denn dann kam man endlich mal in Kontakt mit ihnen, den Saudis, wenn sie denn nicht auch aus dem Ausland eingereist sind. Einige Male konnte ich dieses Mal mit ihnen mitfahren und angesichts der jüngsten Ereignisse in Tunesien und der restlichen arabischen Welt, kam man schnell mit ihnen ins Gespräch.

So auf meiner Rückreise von Medina nach Jeddah. Doch ein kleiner Nebensatz sei mir gestattet, um die Situation etwas besser zu erläutern. Noch vor einem Jahr, sprich im Jahre 2010, hätte man es kaum wagen können, als Tunesier in Tunesien missfällig über das Regime zu sprechen, sei es in der Öffentlichkeit oder in der eigenen Familie, wo man selbst noch Angst hatte, es könnte jemand von außen mithören. Es ging soweit, dass man selbst in Deutschland nicht mit jedem x-beliebigen Tunesier über die Missgunst gegenüber der Führung sprechen konnte, wenn man diese Person nicht gut genug kannte, denn die Ohren schienen überall verteilt zu sein. Nur wenige wagten dies und zumeist dann auch nur anonym. Tunesien stellte und stellt sicherlich kein Einzelfall hierbei dar, ich nutze es nur als Exempel. Auch die anderen arabischen Länder sind kein Stück besser. So auch Saudi-Arabien (kurz: Saudia). So war bei jeder Fahrt mit einem Taxi-Fahrer aufs Neue ein vorsichtiges Herantasten angesagt. Bloß keine voreiligen Aussagen machen. Man weiß ja schließlich nicht, wie der dir gegenüber wirklich tickt. Doch zu meinem Überraschen ging jeder der Fahrer sofort drauf ein, sobald sie von den tunesischen Wurzeln hörten. Der Eine etwas exzentrischer, der Andere wiederum etwas ruhiger. Doch jeder bekundete seine Verbundenheit zu den Freiheitskämpfern und Demonstranten, egal in welchem der Länder. Ging es um das eigene Land, so wünschte sich jeder Besserung, sei es durch Aufstände oder durch die Einsicht der Regierenden. Die Zuversicht schwankte jedoch sehr.

Meine Fahrt nach Jeddah dauerte gerade mal dreieinhalb Stunden, eine Strecke, die mit dem Bus locker doppelt so lang andauert. Ich unterhielt mich mit meinem Fahrer anfangs eine Zeit lang. Dann war Stille bis wir kurz vor Jeddah waren. Doch davor fuhren wir noch an einem großen Schild vorbei. Ich schaute etwas verwirrt, als ich die Aufschrift “King Abdullah Economic City” (Bild oben) las. So einen Namen für eine Stadt hatte ich noch nie gesehen. Economic City? Allein der Name schien schon deutlich darauf hinzuweisen, dass dies keine historische Stadt war. Der Fahrer, ursprünglicher Mekkaner, schien meinen Blick bemerkt zu haben. Er zeigt in Richtung Horizont, wo sich ein Meer von Lichtern inmitten der Nacht auftut. Dann meint er: “Hier war nichts zuvor. Gar nichts. Und dann hat King Abdullah einfach eine Stadt hingesetzt.” Man merkt ihm seine Aufregung an. Er meint, man finde dort alles, was eine Stadt bräuchte, wirklich alles. So aus dem Nichts habe man einfach eine Stadt hingestampft. Er fragt sich, wie man so viel Geld rauswerfen kann, wo es sich wohl mehr um Prestige handele, als alles andere, während das Land so viele junge arbeitslose Menschen habe. Dann kommt auch er ins Gespräch und kritisiert die Regierung. Er wünscht sich Änderung. Saudia sei schließlich ein Land, welches keine Geldprobleme habe, und dennoch gäbe es zu viele Missstände in der Bevölkerung. Die Wut ist ihm praktisch ins Gesicht geschrieben. Er lobt die Tunesier und Ägypter für das, was sie zustande brachten und wünscht sich gleiches für die anderen Länder. Kurz darauf fahren wir an einem weiteren Schild vorbei: “Private Route”. Die Straße führt in Richtung Strand mehrere Kilometer entfernt ins Dunkle, unbeleuchtet. Keiner weiß, was dort ist, denn es ist Privateigentum irgendeines Prinzen oder Königs.

Und so scheint das große Geld, welches in die saudischen Kassen fließt, für allerlei Dinge ausgegeben zu werden, doch eine strategisch sinnvolle Sozialpolitik, die die Bevölkerung beschwichtigen könnte, scheint auch sie noch nicht überzeugt zu haben.

Auf meinem Rückflug nach Deutschland höre ich zwei Männer, die offensichtlich von einer Business-Reise aus Jeddah kamen, eine Reihe vor mir quatschen. Sie unterhalten sich über Geschäfte mit Saudia und über die Stabilität des Landes. Sie scheinen sich relativ sicher zu sein, dass die Stabilität Saudias vorerst gewährleistet sei. Diesen Eindruck könnte man durchaus gewinnen, wenn man nur durch die Straßen läuft. Doch wenn man mit den Menschen spricht, so wird eines klar. Auch sie sind unzufrieden. Manche der Taxifahrer meinten, entweder die Regierung ändere endlich etwas zum Besseren, oder es könnte durchaus nur noch eine Frage der Zeit sein, dass auch dort die Menschen einfach nicht mehr mitmachen.


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