Ein Spaziergang am Meer

Ein Spaziergang am Meer

Ein Spaziergang am Meer

Ein Spaziergang am Meer

Ein Spaziergang am Meer

Ein Spaziergang am Meer

Es ist wunderbar, einem menschenleeren Strand entlangzuschlendern und unter den nackten Füssen den feinen Sand zu spüren. Geht man an der Wasserlinie, umspült ab und zu eine Welle die Knöchel. Zu Beginn kalt und unangenehm, doch nach einer Viertelstunde weich und warm, so dass man immer weiter gehen möchte, bis hinein in die Nacht. Eine Gruppe Strandläufer trippelt vor mir her und scheint mir den Weg zeigen zu wollen, über den Klippen segeln Möwen mit den Gleitschirmen um die Wette. Welch schöner und friedlicher Sport. Zufrieden summe ich vor mich hin, bis ich  merke, dass das Meer mitsummt.

Da schälen sich aus dem Rauschen der Brandung plötzlich Geschichten und dann beginne ich zu träumen – am hellichten Tag. Überhaupt sind am Meer die Träume intensiver als sonst. Wer viel träumt, träumt hier jede Nacht ein ganzes Leben. Die Szenen sind klar, die Gespräche intensiv. Ob es an der Nähe zum Wasser liegt, aus dem unsere Vorfahren einst an Land krochen. Vielleicht sitzt tief im Innern unserer Gehirne noch ein alter Kern, der die Nähe zu seinem Ursprung spürt?

Doch plötzlich stockt der Schritt des Tagträumers. Riesige Betonungetümer liegen kreuz und quer im Sand. Hat hier ein Riese gewürfelt?

Leider nein, es ist der Zahn der Zeit, der hier an den Überresten menschlicher Dummheit nagt. Es sind die Überreste des letzten grossen Kriegs in Europa. An manchen Stellen ist der Beton der Bunker noch so frisch, als wäre er erst gestern gegossen worden. Trotzdem wird das Meer am Ende auch mit ihm fertig werden. Es ist bloss eine Frage der Zeit. Anderthalb Meter frisst es pro Jahr von den Sandklippen weg, habe ich irgendwo gelesen. Die meisten Bunkermonster liegen deshalb schon am Strand, einige kopfüber. Ich frage mich, wieso man sie nicht weggeräumt hat. Wieso haben die Einheimischen, die von den Besatzern zur Fronarbeit gezwungen worden waren, nach dem Krieg die Erbauer nicht aufgefordert, diese Dinger abzutragen, mitzunehmen und den Strand wieder so herzurichten, wie er vorher gewesen ist?

Vermutlich wollte man diesen Teil des Atlantikwalls als Mahnmal stehen lassen, als warnenden Fingerzeig an zukünftige Generationen. Vielleicht hätte aber eine Sprengung und ein Rückbau noch mehr Schaden angerichtet, und wieso etwas mühsam beseitigen was das Meer ohnehin alleine schafft.

Mich bedrücken diese Zeitzeugen. Und wenn ich beim Vorbeigehen den alten Mann höre, der mit einem gewissen Stolz seinem Neffen erklärt, dass auf dem verrosteten Eisenring früher eine Kanone gestanden habe, Kaliber XY, so schaudert es mich. Und ich hoffe, dass wir in Europa nie mehr solche Zeiten erleben werden.

Aber gleichzeitig weiss ich, dass dies nichts als ein frommer Wunsch ist. Die Geschichte der Menschheit ist eine Abfolge von Kriegen. Seit wir dem Meer entstiegen sind, haben wir uns wenig geändert. Nur die Methoden sind raffinierter geworden.

Euer Traumperlentaucher

Ein Spaziergang am Meer



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