Veröffentlicht am 24. September 2014 | von Lida Bach
0Ein Sommer in der Provence
Ein Sommer in der Provence Lida BachWertung
Summary: langweiliger und fragwürdiger Werbefilm für Jean Renos Olivenöl, mit plumpen Sexismus, Chauvinismus und Bigotterie
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Tragikomödie
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Man gewöhne sich an alles, lehrt die zweite Zusammenarbeit von Rose Bosch und Hauptdarsteller Jean Reno: „In Afrika ist man ja auch an AIDS gewöhnt und in Syrien an Bomben.“ Großväter gewöhnen sich an ihre Enkel, Stadtgören ans Landleben, Kinder an ihre Eltern. Wie die wertkonservative Provinzkomödie dies vermittelt, ist ebenfalls reichlich gewöhnungsbedürftig.
Streckenweise wirkt die vorhersehbare Story wie ein Werbespot für Reno, genauer: sein Olivenöl. Ein solcher von Händen der amerikanischen Regisseurin und Drehbuchautorin wäre sicher unterhaltsamer gewesen als die Dramödie um Paul (Jean Reno), der sich im Schatten idyllischer Haine mit seiner Verwandtschaft und Vergangenheit anfreundet. Ohne Paul ein Wort zu sagen nimmt die patente Großmutter Iréne (Anna Galiena) die Enkelkinder nach der Scheidung der Eltern zu sich aufs Land. Die 15-jährige Léa (Chloé Jouannet) ist die trotzige Teenagertochter, ihr großer Bruder Adrien (Hugo Dessioux) der notgeile Aufreißer, der sich durch seine Provinzeroberungen als toller Hecht beweist, und das taubstumme Nesthäckchen Theo (Lukas Pelissier) macht auf „Der Kleine Lord“. Bis Opa dem Trio den rechten Weg gewiesen und sich dazu mit der entfremdeten Tochter ausgesöhnt hat, gibt es Lokalkolorit und Landschaftspanoramen reif für einen Touristen-Prospekt: Pferdereiten am Meer, Sonnenuntergänge und nicht zu vergessen Pauls Olivenhaine.
Womöglich war die Inszenierung Renos als Landmann mit rauem Charme das, was den französischen Star zum Mitwirken bewegte. Dass Paul das flüssige Gold verehrt, heißt übrigens nicht, er wäre einer von diesen alternativen Öko-Typen! Zwar waren Irene und er früher coole Hippies, die mit alten Weggefährten am Lagerfeuer „Knocking on Heaven’s Door“ und „Forever Young“ gesungen haben, aber das war’s dann mit liberaler Weltoffenheit. Als Lea den Pizzabäcker knutscht, rast Paul mit der Flinte los um Enkeltöchterchens Ehre zu retten. Ironie? Nein, das Lehrstück nimmt sich mitsamt Bigotterie und Patriarchalismus bitterernst. Keine gute Voraussetzung für eine Komödie, die einen freien Rücken und Dreads bei jungen Mädchen mit Beinah-Vergewaltigung bestraft, während Adriens plumper Sexismus für witzig gilt und mit Aussichten auf die Dorfschönheit belohnt wird.
Bosch, die alle, die von ihrem Historienmelodram Die Kinder von Paris nicht zu Tränen gerührt waren, mit Hitler verglich, hat für Differenzierung keine Stärke. Die liegt im Schwingen des Vorschlaghammers. Tradition, Machismo und Brutalität sind am schönsten vereint, etwa in einem festlichen Stiertreiben: „Wie in Pamplona?“ Ja, wie in Pamplona. Die Live-Schlachtfeier soll der Kinozuschauer wie die Protagonisten später den Stierkampf beklatschen. Als Theo einmal beim Anblick von Osso Buco zögert, weil das Rind ihm Leid tut, moniert Paul, nur böse Tiere landeten im Kochtopf.
Lea legt schnell mit ihren Piercings ihre Ideen von Bio-Lebensmitteln, regionalen Anbietern und Vegetarismus ab. Man isst Paella aus Riesenpfannen wie in Villariba und Villabajo, vermutlich gebraten mit Renos Qualitätspressung. Wer über das ganze Rinderschlachten Appetit bekommen hat, kriegt das in einem hochpreisigen Onlineshop, zusammen mit Osso Buco und Foie Gras. Letztes ist noch so eine altväterliche Tradition, wie der im übelsten Sinne provinzielle Chauvinismus auf der Leinwand. Mancher lässt sich dergleichen, ist es nur adrett angerichtet, schmackhaft machen. Anderen wird davon schlecht.
Regie und Drehbuch: Rose Bosch
Darsteller: Jean Reno, Anna Galiena, Chloé Jouannet, Hugo Dessioux, Aure Atika
Filmlänge: 105 Minuten, Kinostart: 26.09.2014
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Lida Bach