Quelle: Helmut Mühlbacher
Ihr Lieben,
heute Abend möchte ich Euch eine kleine Geschichte von E.Wiesel erzählen:
„Gott am Galgen“
„In Auschwitz erhängte die SS zwei jüdische Männer und einen Jungen vor der versammelten Lagermannschaft. Die Männer starben rasch, aber der Todeskampf des Jungen dauerte eine halbe Stunde.
„Wo ist Gott? Wo ist er?“, fragte einer hinter mir.Als nach langer Zeit der Junge sich immer noch am Strick quälte, hörte ich den Mann wieder rufen: „Wo ist Gott jetzt?“Und ich hörte eine Stimme in mir antworten:
„Wo er ist? Hier ist Er. Er hängt dort am Galgen.“
Auschwitz
www.schalomnet.de
Ihr Lieben,
wenn ich solche Berichte lese, ist es mir immer ganz wichtig, dass ich nicht Berichte über Auschwitz lese, sondern Berichte von Menschen, die Zeitzeugen waren, die dabei waren.
Jedes Mal bin ich bis tief in mein Herz, ja bis ins Mark erschüttert,
was Menschen anderen Menschen antun können.
Auch in der Tierwelt wird getötet, aber in den meisten Fällen nur,
um den eigenen Hunger zu stillen, nicht aber auf reiner Mordlust.
Und die Eigenschaft des Menschen, andere Menschen vorsätzlich demütigen, quälen und foltern zu wollen, ist in der Tierwelt völlig unbekannt.Besonders bewegt mich aber immer wieder die Frage: Wo ist Gott?
Wo war er in Auschwitz?
Wo ist Gott, wenn ein Unschuldiger ermordet wird, wenn eine Frau vergewaltigt, ein Kind sexuell missbraucht wird, wenn ein Menschen aufgrund einer Krankheit furchtbare Qualen leidet, wenn ein Mensch verunglückt?
Gerade gestern und heute hat uns alle das furchtbare Flugzeugunglück des Airbus A 320 mit 150 Toten erschüttert. Eine besondere Tragik liegt in der Tatsache, dass der Copilot das Flugzeug vorsätzlich gegen die Felswand gesteuert hat.
Airbus A 320
www.luftfahrt.net
Junge Schülerinnen und Schüler, die ihr Leben noch vor sich hatten, sind tot.
Eltern haben ihre Kinder verloren, Kinder ihre Geschwister, Großeltern ihre Enkel, Freunde ihre Freunde, Freundinnen ihre Freundinnen, Kolleginnen und Kollegen ihre Kolleginnen, Schülerinnen und Schüler ihre Mitschülerinnen und Mitschüler und Schülerinnen und Schüler ihre Lehrerinnen. Ein entsetzliches Leid!!
Antworten wie „Gott wird schon wissen, was er tut“ oder „Es hat alles seinen Sinn!“ trösten mich in solchen Fällen gar nicht. Ich gebe zu, ich kann Gott dann nicht verstehen.
Dennoch bin ich zutiefst davon überzeugt, dass es Gott gibt.
Ich glaube an einen Gott, in dessen Hand ich verunglücken kann, in der ich sogar sterben kann, aus der ich aber niemals herausfallen kann, der gerecht ist, der ein Backofen voll Liebe ist, der Gewalt verabscheut.
Aber immer wieder quält mich die Frage:
Warum greift er nicht ein? Warum hält er sich aus unserem Leben heraus?
Wie kann Gott das Leid aushalten, das er sieht?
Wie geht Gott mit den Schreien der Gepeinigten, der Vergewaltigten, der Geschlagenen und der Missbrauchten um?
Ich habe auf diese Fragen keine endgültige Antwort.
Ich kann nur versuchen, es mir zu erklären:
Was unsere Erde betrifft, so hat Gott uns Menschen die Verantwortung übertragen.
Und eines Tages – die Bibel nennt das den Jüngsten Tag – wird jeder Mensch Rechenschaft ablegen müssen für das, was er in seinem Leben getan und unterlassen hat.
Wenn ein Unglück geschieht, lautet die Frage oft: „Wie kann Gott das zulassen?“
Für mich lautet die Frage eher: „Wie können wir Menschen das zulassen?
Wir alle, Du, ich, wir sind verantwortlich für diese Welt.
Jeder von uns kann an dem Ort, wo er lebt, an der Stelle,
an der er steht, zu einem Botschafter des Friedens werden.
Jeder von uns kann zu einem Licht der Liebe werden.
Jeder von uns kann zu einer Fackel der Zuversicht und der Hoffnung werden.
Jeder von uns kann zu einem Anstifter der Freude werden.Was wir speziell aus dem Flugzeugunglück lernen können:
Wir sollten niemals die Sonne über einem Streit untergehen lassen, ohne den Versuch unternommen zu haben, uns zu versöhnen.
Wir sollten jeden Tag bedenken, dass das Leben ein kostbares Geschenk ist, das aber, wie eine wundervolle Glasvase, die uns aus der Hand fällt, zerschellen kann.
Deshalb sollten mir jede Gelegenheit dazu nutzen, unseren Lieben und unseren Mitmenschen mit Liebe uns Respekt zu begegnen.
Wir sollten keinen Tag vorübergehen lassen, ohne unseren Lieben in irgendeiner Weise zu zeigen, dass wir sie lieben, dass sie uns ganz viel wert sind, dass sie etwas Besonderes sind, dass sie einzigartig sind. Und wir sollten es ihnen nicht nur zeigen, sondern auch sagen.
www.gesund-netzwerk.de
Ihr Lieben,ich wünsche Euch nun einen ruhigen erholsamen Abend und grüße Euch herzlich aus BremenEuer nachdenklicher Werner
Quelle: Karin Heringshausen