Ein schneller, ein brüllend komischer und ein guter Kampf

Am 26.04.2013 fand wieder eine Show im Freudenreich Professional Boxing Gym in Düsseldorf statt. Zum zweiten Mal war diese Veranstaltung eine Benefiz Box-Gala für die Deutschen Kinderhospizverein e. V. Es gab drei Profiboxkämpfe zu sehen.
In dem ersten trafen Jay Spencer (2 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO) und Gerino Grell (2 Kämpfe, 2 Niederlagen, 2 durch KO) im Junior Mittelgewicht kurz aufeinander. Spencer deckte von der ersten Sekunde an seinen Gegner mit einem nicht enden wollenden Schlaghagel ein. Grell versuchte nur, irgendwie den Schlägen zu entkommen oder sie zu blocken. Nach ca. 2 Minuten unterbrach der Ringrichter den Kampf und ermahnte Grell, sich nicht abzudrehen. Diese Pause nutzte Spencers Trainer Stefan Freudenreich dazu, seinen Schützling zu kontrolliertem Boxen zu ermahnen. Kaum ging der Kampf weiter, wobei Spencer nun systematischer boxte, fiel Grell auch schon nach einem Schlag auf den Solarplexus. Nach nur 2 Minuten und 10 Sekunden war der Kampf auch schon zu Ende.
Der zweite Profikampf des Abends war nur ganze 30 Sekunden länger, dafür war er aber geradezu brüllend komisch. Salvatore Vancardo (8 Kämpfe, 4 Siege, 2 durch KO, 2 Niederlagen, 2 Unentschieden) traf im Halbschwergewicht auf den Debütanten Sadettin Önel. Önel suchte am Anfang sein Glück in möglichst weit ausholenden Schlägen. Offensichtlich glaubte er, die Handschuhinnenseite diene als Schlagfläche. Der gute Ringrichter Roman Morawiec unterbrach den Kampf dann bald, um Önel eines Besseren zu belehren. Kurze Zeit später ging Önel dann zu Boden, wo er sich hinter seiner Doppeldeckung verschanzte. Ein Luftzug hatte ihn offenbar gefällt.
Hiernach besann Önel sich auf seine boxerischen Fähigkeiten. Mutig griff er an, indem er langsam, aber rhythmisch und dabei immer wieder elegant die Knie leicht beugend, beide Fäuste gleichzeitig nach vorne stieß, wieder zurückzog, erneut nach vorne stieß u. s. w.. Ich fühlte mich noch am ehesten erinnert an Rudern im Stehen – nur ohne Boot, dafür aber mit Boxhandschuhen an den Händen.
Im Gegensatz zum Publikum, dem zum Teil die Tränen vor Lachen herunterliefen, fand der Ringrichter das Trockenrudern nicht lustig und brach die Darbietung ab, aufgrund des technischen Unvermögens des Boxers. Auch der Boxer Salvatore Vancardo, der sich sechs Wochen lang auf einen Boxkampf vorbereitet hatte, und Veranstalter Stefan Freudenreich, der einen Boxer engagiert hatte, waren nicht amüsiert.

Kleiner Zwischenkommentar: Es entbehrt nicht einer gewissen Logik, wenn ein Boxer versucht, Ruderbewegungen in den Boxsport zu integrieren. Schließlich hat der DBV, Deutschen Boxverbandes, Michael Müller zu seinem Sportdirektor gemacht. Müller, den ich DBV Müller nenne, um ihn nicht mit anderen zu verwechseln, war vorher Sportdirektor des Deutschen Ruderverbandes (DRV). DBV-Müller konnte seine sportlichen Erfolge bei den Boxern sogar noch steigern. Unter der Führung von DBV Müller, der damals noch DRV Müller war, holten die deutschen Ruderer bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 erstmals seit 52 Jahren keine Goldmedaille. – Das dürfte wohl auch der Grund dafür sein, warum aus DRV Müller DBV Müller wurde. – Bei den Olympischen Spielen in London 2012 holten die Boxer unter seiner Führung gar keine Medaille.

Der Hauptkampf des Abends war auf acht Runden angesetzt. Der Junior Weltergewichtler Robert Tlatlik (12 Kämpfe, 12 Siege, 8 durch KO) traf auf Sylwester Walczak (10 Kämpfe, 4 Siege, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden). Bereits mit dem ersten Schlag, einem linken Cross, kam Tlatlik durch. In der ersten Runde traf er dann immer wieder trifft mit dem linken und dem rechten Cross. Die Trefferquote ist umso erstaunlicher, weil Walczak größer ist als Tlatlik. Obwohl er einen erheblichen Reichweitenvorteil hatte, konnte er seinen Jab nicht etablieren. Es sah schon fast wieder so aus, als ob auch dieser Kampf kurz werden würde.
Aber bereits in der zweiten Runde nahm Walczak weniger. Der Kampf wurde dann über acht Runden auf hohem technischem Niveau geführt. Tlatlik brachte seinen Gegner zwar mehrfach nahe an einen KO, aber der konnte sich dann doch immer wieder retten. Zugute kam Walczak, dass er seinen Körper gut decken konnte und damit eine der Hauptwaffen von Tlatlik ausschaltete.
Am Ende der acht Runden stand ein einstimmiger Punktsieg für Tlatlik. Die Punktrichter werteten 80:73, 79:72 und 80:72.
© Uwe Betker



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