Es war eine Geschichte in jener Zeit, als die Welt noch in ordnung war und gesittet aus den Fugen. Nirgendwo war damals, im klimakatastrophalen Januar, die Rede von Ägypten, Tunesien, Guttenberg, Fukushima, Libyen, Bin Laden und die wenig später um sich greifenden brutalen Laser-Übergriffe von Mubaraks Schergen auf tapfere ARD-Korrespondenten.
Die Menschen lebten ruhig und aufgeregt, ohne auch nur zu ahnen, welch menschenverachtende Experimente unter deutscher Flagge auf den Weltmeeren durchgeführt wurden. Das Wissen darum erschütterte die Nation erst Mitte Januar und in kurzzeitiger Ermangelung anderer Themen. Das Grauen klopfte als schlagzeile an: Alkohol mussten Matrosenanwärter trinken, in die Takelage klettern, Befehle befolgen und Reinigungsarbeiten durchführen, berichteten ungediente Militärspezialisten in der Armeezeitschrift "Der Spiegel".
Ein Schock. Altgediente Soldaten und Offiziere fragen sich besorgt: Ist das noch meine Bundeswehr? Die Armee, in der wir nüchtern so viel Spaß hatten? Wo wir Maskensaufen und Bierrennen für den Frieden machten? Oder wüten an Bord längst entmenschte Kräfte wie einst in den grausamen Sommer-Erziehungslager der DDR?
Später ist der Schrecken ein wenig weggerutscht. Die Toten mahnten, aber nicht mehr allzu laut, der kurzzeitig als "Gorch Fuck" bezeichnete Stolz der deutschen Marine verschwand wie ein Geistersegler in den Kurz-berichtet-Spalten auf Seite 34. Inzwischen sagt der Name den meisten Menschen nur noch etwa soviel wie ihnen "Fukushima" im Herbst 2013 sagen wird. Gorch Fock? Hieß der nicht in Wirklichkeit Johann Kinau, geboren anno 1880 auf Finkenwerder, gefallen 1916 am Skagerrak, von Beruf Schriftsteller? Oder ist das der verrückte Millionar, der in 80 Tagen um die Welt gereist ist?
So ähnlich, so ähnlich, nur langsamer. Die Gorch Fock hat für die halbe Erde hundert Tage gerbaucht. Wahrscheinlich, weil niemand mehr geschickt werden konnte, mal ein Segel aufzuziehen. "Es ist unklar, was wird", beschreibt das maritime Genießer-Magazin "Stern" besorgt. Nach der Öffnung der deutschen Außengrenzen für Servicepersonal denkt die Marineführung derzeit darüber nach, ob polnische und litauische Fachkräfte die deutschen Kadetten ersetzen können.