Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, heißt ein altes Sprichwort und bedeutet, dass man erst den Ausgang von etwas abwarten soll, bevor man positiv urteilt und sich zu früh freut. Das hätte unsere älteste Tochter eigentlich wissen sollen, als sie neulich einer Bekannten ganz stolz erzählte, dass ihr Junge doch ganz anders sei und sie noch nie – wie andere Eltern von so richtigen Lausbuben – ärztliche Nothilfe habe in Anspruch nehmen müssen, weil ihr Sprössling irgendwelche Blessuren von irgendwelchen Rabauken-Aktionen davon getragen habe. Seitdem erwischt es den kleinen Mann sozusagen am laufenden Band: Erst die Nummer mit dem Zeh beim Spielen, jetzt ein kapitaler Sturz beim Radeln. Allein die Erzählung seiner Mutter haben Oma und Opa einen Schauer durch die Glieder gejagt. Doch auch dies konnte unseren Enkel nicht sonderlich erschüttern. Jedenfalls war bei seiner Schilderung viel wichtiger, dass er erstmals nicht nur auf dem Bürgersteig, sondern schon auf dem Fahrradweg – auf dem der Sturz Gott sei dank nicht passierte – gefahren ist. Was soll ich sagen? Es wird nicht die letzte Schramme gewesen sein. Im Zweifelsfalle ist auch er ein richtiger Junge.