“Du hast mir nie gesagt, dass die Nazis auch schöne Sachen hatten.” Julius sieht mich fragend an.
” Der Unhold”, das ist der Film den ich sehe. Julius ist ins Zimmer getreten um mich etwas zu fragen. Die Frage hat er vergessen über Fackelschein und Trommelwirbel.
“Das ist voll schön. ”
Ich verdamme Anna, die sich mit ihren 13 Jahren ein eigenes Referatsthema ausgesucht hat. Eigentlich war das Thema- Vorbilder. “Ich hab Hitler gewählt, aber der stand nicht auf der Tafel. Wir dürfen ihn trotzdem machen.”
“Anna, spinnst du?”
“Chill mal Mama, ich will nur herausfinden warum er so viele Menschen faszinieren konnte. ”
“Super Anna, du ahnst was du dir vorgenommen hast?”
“Aber das ist spannend.”
“Wie lange hast du Zeit?”
“Bis nach den Osterferien.”
Tief durchatmen…
Ich bin also dabei vorzusondieren, was eignet sich um Anna die Verführbarkeit des Menschen vor Augen zu führen?
Julius mit seinem erstaunten, fragenden Blick hier in meinem Zimmer verdeutlicht mir, dass das kein leichtes werden wird. Ich könnte erzählen von meinem geheimen Partisanentraining als Erstklässlerin. Ich könnte erzählen von den Fahnenapellen am Morgen im Fackelschein, auch unsere Lieder führten uns in eine glanzvolle Zukunft. Wehrkundeunterricht, die sozialistische Kunst propagierte das Heldentum. Aber weiß ich wie Hitler die Massen faszinierte? Und was antworte ich Julius auf seine Frage? Welche Bücher gebe ich Anna zu lesen? Wie nähert man sich so einem Thema ?