Ein publizierender Taliban

SpOn-Maulheld Matussek ist ein talibanischer Schwärmer. Zu der Ansicht gelangt man, wenn man seine Schmähworte an die Adresse von Margot Käßmann liest. Gut, sein Geschriebenes dürfte Normalität für einen sein, der das Zölibat verteidigt, die Kirchensteuer aber, weil sie ihm ans Säckel geht, verurteilt - Normalität für einen Katholiken, der dem Protestantischen nichts abgewinnen kann und dem Islamischen, mit dem Käßmann beten möchte, schon gleich gar nichts.

"Beten statt bomben" sprach die Käßmann. Vom Beten kann man halten was man mag, dass die Theologin es aber metaphorisch meinte, steht wohl außer Frage. Nicht aber für Matussek, der sich einen ganzen Text lang aufgeilt an diesem Bild und letztlich feststellt, dass man sehr wohl beten und bomben könne. Nicht nur das man es kann, man muß es gewissermaßen sogar. Beten wird nämlich erst dann sinnvoll, wenn man bombt. Bruder Matussek benötigt wohl schärfere Brillengläser, wenn er überhaupt noch ein Gestell auf der Nase trägt. So ein Mordsbalken vorm Gesicht macht das Tragen einer Brille ja nicht gerade einfach. Denn beten und bomben, ist das nicht eigentlich das Geschäft der Taliban? Hat man sie nicht deshalb global geächtet, weil sie mit dieser Verbandelung von Religion und Militanz auftreten? Und nun Matussek, der dasselbe Weltbild mit christlichem Anstrich verbreitet?

Nicht, dass er nun, da er das talibanische Weltbild kopiert, plötzlich die andere Seite verstehen würde. Für ihn sind alle Moslems Taliban und alle Taliban Moslems. Feinheiten stören da nur und sollten auch nicht publiziert werden, wird er sich gedacht haben. Daher vermengt er die Taliban mit dem Iran, obwohl die einen Schiiten und die anderen... ja, was sind die eigentlich? Was die betreiben ist doch nicht sunnitisch, richtet sich nicht nach der Sunna - es ist paschtunisches Stammesallerlei, vermengt mit einigen islamischen Tendenzen, ein Synkretismus eben. Matussek geht selbstverständlich noch weiter, er schreibt von der "Frauenvernichtung [...] wie im Iran" - Matussek hat seinen Thilo und die anderen xenophoben Heilgen brav gelesen. Dumm nur, dass der Iran Männerquoten an Hochschulen eingeführt hat, weil der Frauenüberschuss immens ist. Seit Betty Mahmoody im Iran war, hat sich einiges getan - man erinnere hierbei an die Fertilitätsrate, die als Indikator dienen kann: je niedriger sie liegt, desto höher das geschlechterübergreifende Bildungsniveau - im Iran hat sie sich seit 1980 halbiert. All das konnte er freilich nicht in seinen Text verweben, sonst wäre das gesamte Konzept käßmannscher Schmähung nicht mehr so richtig stimmig gewesen. Oder sind viele Frauen an Hochschulen möglicherweise ein Zeichen für Vernichtung? Vernichtung durch Vorlesungen, als Abwandlung dessen, was man einst "durch Arbeit" vollbrachte?

Dieses Brett vorm Kopf, dass da einen gebildeten und studierten Menschen aus dem aufgeklärten Westen vom gerechten Krieg schnattern läßt, steht eigentlich für sich. Was ist der gravierende Unterschied zwischen den Gotteskriegern verschiedener Frömmigkeiten, die ja immer auch Gerechtigkeitskrieger und überdies Selbstgerechtigkeitskrieger sind? Matussek hält dem eigenen Feindbild das Händchen und ähnelt denen, die er für different und andersartig erklärt, eklatant. Da wütet er hektisch in der Kirchengeschichte umher, wildert bei Augustinus und dem Aquinaten, die den gerechten Krieg, der mit Gebet und Gewalt einherging, für dogmatisch rechtens erklärt haben. Das waren aber andere Zeiten - und, was noch peinlicher für Matussek ist, mit diesem Herauspicken passender Heiligensprüchlein und Bibelverse, gleicht er abermals seinem Gegenspieler vom muslimischen Ende der Welt. Auch der Koran predigt an vielen Stellen Fürsorge, Liebe, Besinnung - die Eiferer greifen sich nur jene Stellen heraus, die sich mit Gürtelbomben vereinbaren lassen. Das schöne an heiligen Büchern ist, dass man sie in jede Richtung deuten kann: als Seelenbalsam und Seelensammler, als Lebensberater und als Lebensbeender. Die Bibel kennt auch das Feuer und das Schwert - und sie kennt die Liebe. Da erscheint beispielsweise eine Gestalt, Matussek hat vielleicht schon mal von ihr gelesen, die sich Jesus nennt und die eine Liebeslehre predigt. Den hat er aber natürlich nicht zitiert, der hätte nicht ins Gerüst gepasst. Jesus ist out, die Exegese ausgerichtet nach Blut und Gewalt liegt im Trend. Auch unter Katholiken, auch unter Christen.

Wie sollte er auch maßhalten wollen oder können? Fanatismus erblindet. Matussek ist ein solches Beispiel für fanatische Blindheit. Oberflächlich bezirzt er sich an Margot Käßmann, dieser femininen Sünde für einen jeden Katholiken, der was auf sich hält. Der Katholik vernichtet keine Frauen, wie es, frei nach Matussek, der Iran üblicherweise tut - der Katholik macht das Weibliche nur verächtlich und will es nicht ordiniert vor sich sehen; er hasst ein bisschen, stellt sich seinen Scheiterhaufen nur vor, nicht auf. Doch sei es drum! Denn das ist nur die Oberfläche, tiefgründiger begutachtet ist sein Schmierstück von kultivierter (nicht gebildeter: an Bildung fehlt es da meilenweit!) Ablehnung und dem bitteren Haß auf Muslime durchzogen. Er spricht ja auch vom Islam, wie von einer zentralisierten Lehre, die in Berlin Kreuzberg genauso praktiziert wird, wie in Pakistan oder in Nigeria. In einer solchen religiösen Blindheit ist es unmöglich zu erkennen, dass selbst der eigene Verein nicht an einem Strick zieht. Das Christentum in Deutschland gleicht dem in Rußland nicht - und das Christentum auf Kuba ist durchzogen vom Voodoo und ist damit ein christlich inspirierter Synkretismus. Es ähnelt somit dem afrikanischen Ableger vom Christentum ungemein. In Westafrika leben Christen in Vielehe, in Arabien sagen Christen zu Gott ebenso Allah. Wer kennt denn in Hamburg oder München einen Christen, der drei Frauen hat und dafür dem dreifaltigen Allah dankt? Und das, obwohl das Christentum so schön homogen ist?

Matusseks unerträgliche Tirade gipfelt darin, dass er versucht, aus Margot Käßmann eine Terrorhelferin zu stilisieren, die zuweilen mit der PDS marschiert. Das ist doppelt tragisch. Einmal, weil er verschlafen hat, dass es die PDS nicht mehr gibt - und dann noch, weil er damit eindeutig macht, dass der Kampf gegen Entrechtung und Krieg nicht in den christlichen Parteien, sondern bei den politischen Parias angelangt ist - dort, wo vielleicht mal marginal der Extremismus wütete, stehen heute verloren die Apologeten der Maßhaltung. Das ist traurig und man sollte sich dafür schämen. Aber zurück zur Stilikone des Terrors, die Käßmann für Matussek ist (die PDS wahrscheinlich aber auch). Muslime sind Terroristen. Matussek weiß das, wie es die Sarrazinisten dieser Republik auch wissen. Er ist es, weil der Koran es aus ihm macht. Und wer mit solchen beten will... ach was, man kennt die Logik ja bereits! Sie gehört zum Repertoire der Diffamierung in diesem Deutschland. Wer sich dieses Repertoires bedient, der hat kein Ohr mehr für Metaphorik. Denn als diese war das gemeinsame Gebet sicherlich gemeint. Käßmann wollte sagen: versucht den Feind zu verstehen - hört ihm zu - begreift sein Anliegen - habt kein Vorurteil - seid offen, wenn ihr vielleicht auch nicht immer versteht, wie er denkt, fühlt, handelt - bedenkt, er kommt aus einem anderen Kulturkreis, was sein Handeln auf andere historische und traditionelle Füße stellt. Das ist jesuanisch: liebet eure Feinde! Auch das war nämlich eine Metapher, denn dieser Jesus hatte sicherlich nicht ausgiebige Zungenküsse oder lange Penetration im Sinn, die man seinem Feinde angedeihen lassen sollte.

Matussek wollte das natürlich nicht verstehen. Aber auch das gehört zum Repertoire der Diffamierung, zur christlichen Hardliner-Eiferei seltener Sonntagsgäste in Sankt Sonstwo. Nicht verstehen zu wollen: das ist die traurige Kunst des Fanatismus - bei Taliban wie bei Katholiban...


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