Ein perfekter Tag

Nichts holt meine Gedanken so runter, wie vollkommen zielloses Umherfahren. Bei Tag und bei Nacht. Andere gehen zum Sport, in die Sauna oder einfach schlafen. Ich hingegen verpeste mit größtem Vergnügen die Umwelt. So sieht ein perfekter Tag in meinem Leben aus:Ich setzte mich in mein vollgetanktes Auto und hole mir bei nächster Gelegenheit einen heißen Latte Machiatto, der mir zuweilen aufgrund gierigen Verlangens die Zunge versenkt. Die Tränen schießen mir in die Augen und den Rest kann ich wegkippen, denn jetzt brauch ich etwas kaltes, um meine losgelöste Haut im Mund zu beruhigen. Die nächsten drei Stunden verbringe ich daher in mieser Stimmung, da ich weder meinen Kaffee noch meine prickelnde Limo schmecke. Nicht aber an meinem perfekten Tag. Der Latte hat eine perfekte Temperatur für das empfindliche Gebiet hinter meinen Lippen. Ich zünde mir wohlig eine Zigarette an und verkabel mein Handy, dass ausnahmsweise voll aufgeladen ist. Ich beantworte noch die ein oder andere Nachricht und dann gehts los. Wohin, das weiß ich nicht. Mögliche Routen ergeben sich nach einer spontanen Eingebung an der nächsten Ampel. Nach etwa vierzig Minuten, in denen ich ausgiebig meinen Gedanken nachgehangen habe, ist mir nach Gesellschaft. Ich möchte meinen besten Freund dabei haben, der nicht nur zufällig mal wieder in der Heimat ist, sondern selbstredend Zeit und Lust hat. Ich hab es nicht weit, denn wie unbewusst bin ich in seine Richtung gefahren. Vermutlich hab ich deswegen an ihn gedacht. Ich warte vor seiner Haustür, er kommt angeschlürft und wir umarmen uns lange, denn es liegen schon ein paar Wochen, wenn nicht sogar Monate zwischen unserem letzten Wiedersehen. Wir sehen uns einfach zu selten, aber unserer Freundschaft tut das keinen Abbruch. Nachdem ich ein ehrliches Kompliment zu seinem scharfen Bart ausgestoßen habe, steigt er ein und ich biete ihm einen der letzten Schlücke meiner bereits kalten Latte an. Er möchte nicht. Ich lass darauf das Fenster runter und schmeiß den Becher befriedigend asozial aus dem Fenster und werfe direkt noch einen alten Kassenbon hinterher, der meine Augen schon länger belästigt. Mein Bro findet das total kacke. Genau wie den Rauch meiner Zigaretten. Aber er sagt nichts, weil ich mir ernsthaft Mühe gebe aus dem heruntergelassenen Fenster zu pusten. Zum Glück ist es ein angenehm warmer Sommertag. Der Rauch wird also nicht kalt und wird sich auch nicht wie stinkendes Blei in den Polstern festsaugen. Wir quatschen über dies und jenes, bringen uns auf den neusten Stand. Wir haben beide einen geilen Humor, wir albern und lachen rum. Ich erzähl ihm was ich wieder für peinliche Sachen gemacht hab. Er möchte mir einen Schlag in den Nacken geben, aber ich flehe erfolgreich um Gnade. Nach einiger Zeit frage ich ihn, ob er heut noch was vorhat. Er sagt nein und ich fahre auf die nächste Autobahn. Ich habe ein Ziel im Kopf, nur brauchen wir ein wenig Zeit dafür. Ich beginne nach einer Weile ihm mein Herz auszuschütten. Diesmal allerdings hab ich keine unangenehmen Nachrichten oder ähnliches. Es läuft einfach im Moment. Die ganze Zeit berieselt uns großartige Musik meiner fantastischen Playlists, die ich wegen meines bonzenhaften Spotifypremiums auch offline hören kann. Zuerst beglücken uns die Klassiker. Die tiefe Stimme von Tracy Chapman verwöhnt unsere Ohren. Dann Soha, Johnny Cash und Konsorten. Die strahlende Sonne blendet mich. Ich wühle meine Fliegerbrille mit den verdunkelten Gläsern hervor und halte sie meinem Mitfahrer demonstrativ zum putzen unter die Nase. Während er die Gläser anhaucht, rollen wir dank selection control in gemütlichem Tempo über die niederländische Grenze. Er hat seine vergessen und so taucht die Sonne seine sonst so kackbraunen Augen in warmes Karamell. Geil aussehend lassen wir uns weiter von der Fahrt berieseln, bis wir Kohldampf bekommen. Da wir keine Lust haben länger zu warten, halte ich beim nächsten Mcces und komme mit frischen, fettigen Pommes und den größten Burgern, die es zu bestellen gab, aus dem Laden. Er lacht und drückt mir n Spruch. Wir machen eine Pause. Ich würd ihn ja gern ein bisschen fahren lassen, aber der Mongo hat nie nen Führerschein gemacht. Im Anschluss holt er uns zwei eiskalte Radler und sich ne billige Sonnenbrille an der Tanke daneben. Das Bier abgestellt, angeschnallt und fettig gesättigt gehts weiter. Es ist keine Feriensaison und ein Dienstag. Wir lachen viel und singen übertrieben beschissen zu den phänomenalsten Klassikern mit. Die Straßen liegen gähnend vor uns. Ich zieh mein Kleid etwas höher und knubbel es zwischen meinen Beinen zusammen. Ich gebe Gas und mein angepeilter Zielort wird nun immer dringlicher ausgeschildert. Wir sind mittlerweile auch schon gute vier Stunden unterwegs. Keine Beschwerde, ich liebe es. Es ist Nachmittag als wir ankommen. So wirklich nen Plan hat er immer noch nicht, da ich ich mit keinem Ton meinen Plan offenbart habe. Ich fahre in den Zielort, lasse mein Fenster für die nächsten vier Minuten herrlichen Nikotinkonsums herunter.  Er drückt ebenfalls auf den elektrischen Fensterheber um mehr frische Luft herein zulassen. Wir schweigen in stiller Eintracht und ich merke wie er beginnt mit der Nase zu ruckeln und zu schnüffeln. Ich lache. Jetzt weiß er was sich nach der nächsten Kurve auftut. Geile Idee! Er dreht Tracy nochmal auf und ich suche einen Parkplatz. Wir steigen aus, recken und strecken unsere Glieder. Ich hab ein nervöses Kribbeln im Bauch. Kann es kaum erwarten die letzten Meter zu nehmen. Ich packe ein was ich brauche, schließe das Auto und dann gehen wir los. Nach 200 Meter ziehen wir uns die FlipFlops von den Füßen, verarbeiten das ungewohnt jedoch willkommene Gefühl von Sand unter unseren Füßen und laufen auf das fantastisch glitzernde Meer zu...



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