Ein Neger aus Afrika…

Ein Neger aus Afrika…

(c) Stadtmuseum Düsseldorf, 1936 (Künstler unbekannt)

Diskriminierende Werbung? Das Düsseldorfer Stadtmuseum stellt derzeit Zeichnungen jüdischer Kinder aus der Nazizeit aus. Eine dieser Zeichnungen stellt einen schwarzen Mann dar mit der Unterschrift “Ein Neger aus Afrika steht hier breitbeinig da”. Im Grunde ist hieran nichts Verwerfliches zu erkennen. Auch das Wort “Neger” erhielt erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine rassistisch-wertende Komponente (vgl. Kramer, S. 11 ff. » Volltext-PDF). In vielen osteuropäischen Ländern ist die Bezeichnung “Neger” noch immer eine völlig wertungsfreie Bezeichnung für schwarze Menschen.Nun beschränkte sich das Düsseldorfer Stadtmuseum nicht darauf, die oben gezeigte Zeichnung auszustellen, es verwendete sie vielmehr auch dafür, um in der Bahn für die Ausstellung zu werben. “Na und?”, mag man sich fragen. Ein jüdisches Kind, das einen Schwarzafrikaner malt… Hat doch was. Historisch und künstlerisch sicherlich wertvoll. Das sieht aber wohl nicht jeder so. Volker Neupert von der Anti-Rassismus-Initiative Düsseldorfer Appell sagt im Interview: “[...] die Leute, die das Plakat in der Bahn sehen, verstehen diesen Zusammenhang vielleicht nicht und fühlen sich angegriffen” (» s. Artikel in Der Westen). Tatsächlich sollen sich schon Leute beim Museum beschwert haben.

Wie ist die Werbekampagne nun rechtlich zu würdigen? Ist sie als geschäftliche Handlung am UWG zu messen oder liegt eine wettbewerbsneutrale hoheitlich-staatskulturelle Handlung der Stadt Düsseldorf vor? Eine geschäftliche Handlung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG liegt grundsätzlich dann vor, wenn sie mit Erwerb oder Berufsaussichten eines Einzelnen zusammenhängt (BGH GRUR 71, 119, OLG Hamburg WRP 85, 651, 652 u.a.). Rein hoheitliche Handlungen liegen nicht im Anwendungsbereich des UWG (» vgl. auch Artikel v. 31.03.2012).

Einen Anhaltspunkt könnte hier die Tatsache liefern, dass die Ausstellung nicht kostenlos zugänglich ist, sondern laut Angabe auf der Webseite des Stadtmuseums 4 Euro bzw. 2 Euro (ermäßigt) kostet. Dies allein kann allerdings noch keine geschäftliche Handlung begründen. Eine wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand wäre nur dann in den Anwendungsbereich des UWG zu stellen, wenn der Staat in eine (potentielle) Wettbewerbsbeziehung mit Privaten tritt. Entscheidend sind die zu beurteilenden Auswirkungen des Handelns der öffentlichen Hand im Wettbewerb. Abzustellen ist also darauf, ob man Privatmuseen oder private Ausstellungen in einem Konkurrenzverhältnis zum Düsseldorfer Stadtmuseum sieht. In diesem Fall wäre die Werbung als geschäftliche Handlung i.S.d. UWG anzusehen.

Man könnte allerdings argumentieren, dass das Museum hier nicht erwerbswirtschaftlich handelt, sondern hoheitlich in Erfüllung des Kulturstaatsauftrags der nordrhein-westfälischen Landesverfassung (Art. 18 Abs. 1 VerfNRW: “Kultur, Kunst und Wissenschaft sind durch Land und Gemeinden zu pflegen und zu fördern.“) “Ein hoheitliches Handeln aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung oder Verpflichtung erfolgt außerhalb des geschäftlichen Verkehrs und ist somit einer Überprüfung durch das Wettbewerbsrecht entzogen.” (Keller, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 2. Aufl. 2009, Rn. 47 m.w.N.) Ebenso könnte ausschlaggebend sein, dass das Museum den Eintrittspreis womöglich aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Gebührensatzung erhebt. Auch dies könnte für ein Subordinationsverhältnis zwischen Museum und Besucher und damit für eine hoheitliche Handlung sprechen.

Sobald jedoch ein Markt und dessen Wettbewerbsgeflechte durch staatliches Handeln beeinträchtigt sein könnten, weil das Museum – auch in Erfüllung des Kulturstaatsauftrags – durch Werbung Besucherzahlen erhöhen möchte und damit beispielsweise potentielle Besucher anderer Ausstellungen und Museen gewinnt, wird wohl eine wettbewerbsrechtlich relevante Wettbewerbshandlung vorliegen.

Unabhängig davon, ob das UWG anzuwenden ist oder nicht, mündet die rechtliche Würdigung der Werbekampagne in einer grundrechtlichen Abwägung, da das Verfassungsrecht im Wege mittelbarer Drittwirkung unstreitig auch in das UWG einstrahlt (bspw. § 4 Nr. 1: “[...] in menschenverachtender Weise [...]“). Ein Grundrechtsverstoß seitens des Museums lässt sich hier allerdings kaum erkennen. Hier ist weder die Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 GG, noch der Gleichheitssatz, Art. 3 Abs. 1, 3 GG, verletzt. Es wird lediglich die – wertungsfreie – Zeichnung eines jüdischen Kindes aus dem Jahr 1936 als Plakatmotiv verwendet, um auf eine Kunstausstellung hinzuweisen.

Unweigerlich kommt hier das Gefühl auf, dass “aus Mücken Elefanten gemacht werden”. Dies ist sicherlich keine Hilfe für den Minderheitenschutz, sondern zieht tatsächlich existierende Rassismus- und Diskriminierungsprobleme ins Lächerliche.

Alexander Goldberg
Berlin, 2. April 2012 (Update: 3. April 2012)


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