©20th Century Fox
Amerika und seine Remakes. Nicht nur im Kino legen sie Altbewährtes neu auf, nein, auch das Fernsehen muss in regelmäßigen Abständen dran glauben. Dass die Dänen hervorragende Film- und Fernsehkost produzieren, hat sich inzwischen auch dort herumgesprochen. So kam es 2011, dass der Bezahlsender AMC („Breaking Bad“) die in 120 Länder verkaufte Krimiserie „Kommissarin Lund – Das Verbrechen“ für den amerikanisch-kanadischen Markt neu verfilmte. Glücklicherweise ist „The Killing“ keine 1zu1-Nacherzählung des gefeierten Originals geworden. Die Geschichte rund um den Mord an dem Teenager Rosie wurde sinnvoll nach Amerika übertragen. Seien es das Setting, die Charaktere oder die örtliche Politik. Der Zuschauer merkt, dass sich während des Schreibens Gedanken gemacht wurde und keine bloße Kopie entstanden ist.Statt Dänemark steht nun das verregnete Seattle Pate für die aufreibende Suche nach dem Mord an Rosie Larsen. Im Mittelpunkt stehen die zwei ungleichen Detectives Sarah Linden (Mireille Enos) und Stephen Holder (Joel Kinnaman). Beide hatten Schwierigkeiten in der Vergangenheit. Während Linden sich zu sehr in ihren letzten Fall hinein steigerte, versucht Holder mit seiner ehemaligen Tätigkeit als Undercover-Polizist klarzukommen. Ohne Hauptfiguren mit persönlichen Komplexen geht im heutigen Krimi-Fernseh-Geschäft einfach nichts mehr. So werden Linden und Holder mehr als nur einmal von ihren Fehlern eingeholt, was sie zu mehr macht, als dem üblichen Cop-Klischee. Das sind Figuren mit Ecken und Kanten, Menschen, die auch mal nicht Herr der Lage sind. Die stimmende Chemie zwischen Linden und Holder macht einen großen Teil der Unterhaltsamkeit von „The Killing“ aus. Die größte Stärke besitzt sie allerdings im Hinblick auf die Familie des Opfers. Immer wieder brechen kraftvolle und bewegende Szenen aus der mit Mühe zur Schau gestellten Gefasstheit. Zu sehen, was der Verlust eines Kindes mit einer Familie anstellt, ist schmerzhaft. Noch schlimmer wird es aber, wenn das Gezeigte sich absolut realistisch anfühlt und zudem noch hervorragend gespielt ist. Vor allem in der ersten Hälfte von „The Killing“ wirkt die Figurenentwicklung der Eltern glaubhaft. Die unendliche Trauer der Mutter, der Vater, der sich Vorwürfe macht und die Geschwister, die es nicht wahrhaben wollen. Ein einst perfekt organisierter Mikrokosmos gerät ins Wanken und wird völlig aus der Bahn geworfen. Hier spielt die Serie auf einem extrem hohen Niveau und es ist schade, dass sie ihr Niveau nicht konstant hochhält.
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Denn zwischen der hundertsten Falschaussage, dem nächsten Zeugen, der keiner ist und einem Lokalpolitiker, der zu glatt erscheint, verliert sich „The Killing“ ein wenig. Der hohe Spannungsgrad der ersten Hälfte folgt ein Knick, was gehörig irritiert. Statt im Fall weiter voran zu schreiten, widmet sich eine gesamte Folge dem Storystrang um Linden und ihrem rebellischen Kind. Natürlich sind die Darstellerleistungen über jeden Zweifel erhaben, doch es wirkt, als würde die Story unnötig gestreckt. Außerdem scheint es, dass Teenagerfiguren wohl die größte Herausforderung für einen Drehbuchautoren sind. Zu oft sind sie nur störender Ballast, die die Nerven des Zuschauers malträtieren und nicht anders verhält es sich mit „The Killing“. Gerade dann, wenn die Serie aufdrehen sollte, erhält sie einen Dämpfer – verstehe das, wer will.Dennoch ist „The Killing“ für Krimi-Fans definitiv einen Blick wert. Wer von „CSI“ und Konsorten genug hat, wird in der dreckigen und regnerischen Stadt Seattle glücklich. Gebrochene Figuren, wohin das Auge sieht, Lügen und Intrigen in jedem Winkel und ein Fall, der mit der ersten Staffel noch lange nicht abgeschlossen scheint. Staffel zwei kommt und man darf gespannt sein, ob die Serie sich in ausufernden Subplots verliert, oder wieder anzieht. Die Qualitäten dafür hat sie in jedem Fall.
BEWERTUNG: 07/10Titel: The KillingErscheinungsjahr: 2011, in Dtl. 2014FSK: ab 16 freigegebenGenre: Krimi, DramaDrehbuch: Veena Sud, Nic Pizzolatto Darsteller: Mireille Enos, Joel Kinnaman, Michelle Forbes, Brent Sexton, Brendan Sexton III, Billy Campbell, Tom Butler, Brandon Jay McLaren, Katie Findlay