Ein Mensch reicht

Von Xeniana

Was greift, wenn das Leben vermeintlich schon in festen Bahnen steckt bevor es überhaupt begonnen hat? Gedanken zu „Ellbogen“ von Fatma Aydemir. In Hazals Fall ist der vorgezeichnete Weg: Verheiratung, Kinder, Haushalt. Dazu kommt ein tiefes Gefühl des nirgendwo hingehörens und Leere.

Die sensible Phase der Adoleszenz versinkt in Langeweile, Ziellosigkeit, Haschisch, Hoffnungslosigkeit und ersten krummen Dingern, bevor es zum finalen erschreckenden Ereignis kommt. Ich hätte mir gewünscht, dass Tante Semra, die als einzige in der Familie bisher ihren eigenen Weg geht, studiert hat, das Abgleiten Hazals eher wahrgenommen hätte. Ich hätte mir gewünscht, dass Hazal eine/n engagierten Lehrerin gehabt hätte, der/die aufgezeigt hätte welche Möglichkeiten das Leben bereit hält und welche Schritte es erfordert. Eine Person, die Begeisterung für Sport und /oder Theater, Tanz, Politik weckt, die zeigt das das Leben sich gestalten lässt. Eine Person die mit Interesse und Herzblut bei der Sache ist.

Für Hazal kommt Tante Semra zu spät und das Buch lässt offen ob Hazal den Weg des kleinen, bettelnden, Klebstoff schnüffelnden Jungen geht, den sie in Istanbul saht oder ob sie es schafft ihren Kopf aus aus der Schlinge zu ziehen, aufzustehen, Verantwortung zu übernehmen.

Stattet die Schulen besser aus, will man am Ende sagen. Sorgt dafür, dass der Stundenausfallstopp nicht nur auf das Gymnasium begrenzt bleibt. Stellt echte Chancengleichheit her, wirkt der Ghettoisierung entgegen. Man weiß nicht, ob das in Hazals Fall dann auch geholfen hätte. Da ist das Fundament, gelegt von liebloser, zuweilen gewalttätiger uninteressierter Erziehung, instabil. Die Eltern sind selbst Entwurzelte. „Ein Mensch reicht“, hatte damals mein Dozent verlauten lassen. Und er meinte damit, dass eine Pädagogik die Interesse mit Tatkraft verbindet Menschenleben retten kann.

Es braucht Pädagogen mit Herzblut. Man kann es an der Schule unserer Teenies sehen, welche Leistung da von einzelnen Lehrern erbracht wird. Die verdienen ein doppeltes Gehalt.

Etwas polemisch dieser ganze Beitrag, es ist schwieriger die richtigen Worte zu finden, für ein Thema das mich emotional sehr umtreibt. Und er streift nicht, das Problematiken wie schwierige Sinnsuche, verbunden mit Platzhaltern, Brüchen nicht auch in anderen Milieus zu finden sind.