Quelle: Helmut Mühlbacher
„Das schlimmste Gefängnis ist ein verschlossenes Herz.“
Papst Johannes Paul II.
„Lieber ein liebenswertes warmes dankbares Herz in einem hässlichen Körper als ein hässliches kaltes undankbares Herz in einem liebenswerten Körper.“
Alexander Rykow
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Ihr Lieben,
heute möchte ich Euch eine Geschichte von Mary Bartelserzählen, die auf einer wahren Begebenheit beruht:
„Der alte Fischer“
„Unser Haus lag direkt gegenüber dem Eingang des John-Hopkins-Hospitals in Baltimore. Wir wohnten im Erdgeschoss und vermieteten die oberen Räume an ambulante Patienten der Klinik.
Eines Abends klopfte es an unsere Tür.
Ich öffnete und vor mir stand ein wirklich schlimm aussehender alter Mann.
„Er ist kaum größer als mein achtjähriger Sohn“, dachte ich, als ich auf den krummen, zusammengeschrumpften Körper herunterblickte.
Am schrecklichsten war, dass sein Gesicht wegen einer roten, wunden Schwellung ganz schief war. Aber seine Stimme war sehr angenehm, als er sagte: „Guten Abend. Ich wollte fragen, ob Sie ein Zimmer für eine einzige Nacht haben. Ich bin heute Morgen von der Ostküste zu einer Behandlung gekommen und bis zum Morgen geht kein Bus."
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Er erzählte mir, dass er seit dem Mittag nach einem Zimmer gesucht habe, aber ohne Erfolg. „Wahrscheinlich liegt es an meinem Gesicht. Ich weiß, dass es schrecklich aussieht, aber mein Arzt sagt, mit ein paar mehr Behandlungen…“Ich zögerte einen kurzen Augenblick, aber seine nächsten Worte überzeugten mich.
„Ich könnte in diesem Schaukelstuhl auf der Veranda schlafen. Mein Bus geht früh am Morgen.“
Ich sagte ihm, dass wir ein Bett für ihn finden würden und dass er solange auf der Veranda bleiben könne.Ich ging ins Haus und machte das Abendessen fertig. Als wir so weit waren, fragte ich den alten Mann, ob er mitessen wolle. „Nein, danke. Ich habe etwas dabei.“ Er hielt eine Papiertüte hoch.
Als ich das Geschirr abgewaschen hatte, ging ich auf die Veranda hinaus, um mich ein paar Minuten mit ihm zu unterhalten. Ich brauchte nicht lange, um zu begreifen, dass dieser alte Mann in seinem winzigen Körper ein übergroßes Herz hatte.
Er erzählte mir, dass er fischen gehe, um Geld zu verdienen und seine Tochter, ihre fünf Kinder und ihren Mann zu unterstützen, der wegen einer Rückenverletzung aus dem Vietnamkrieg dauerhaft behindert war.
Er erzählte das Ganze nicht in einem Klageton. In jedem Satz dankte er zuerst für etwas Gutes.
Er war dankbar, dass seine Krankheit, bei der es sich offenbar um eine aggressive Form von Hautkrebs handelte, nicht mit Schmerzen verbunden war. Er dankte Gott dafür, dass er ihm die Kraft gab, weiterzumachen.
Quelle: Astrid Müller
Als es Zeit war, ins Bett zu gehen, stellten wir im Kinderzimmer ein Feldbett für ihn auf. Als ich morgens aufstand, waren die Betttücher sauber gefaltet und der kleine alte Mann war draußen auf der Veranda.
Er wollte kein Frühstück, aber kurz bevor er zu seinem Bus aufbrauch, fragte er zögernd, als würde er um eine große Gunst bitten: „Könnte ich wohl das nächste Mal, wenn ich wieder zu einer Behandlung muss, wieder hier übernachten? Ich möchte Sie nicht stören, ich kann gut in einem Sessel schlafen.“
Er hielt einen Augenblick inne und fügte dann hinzu:
„Ihre Kinder geben mir ein heimeliges Gefühl. Erwachsene stört mein Gesicht, aber Kindern scheint es nicht auszumachen.“ Ich sagte ihm, er können sehr gern das nächste Mal wiederkommen.
Quelle: Helmut Mühlbacher
Bei seiner nächsten Reise kam er kurz nach sieben Uhr morgens an.Als Geschenk brachte er uns einen großen Fisch mit und ein paar der größten Austern, die ich je gesehen hatte. Er erzählte, er habe sie morgens vor seiner Abfahrt gefischt, sie würden also frisch und gut sein. Ich wusste, dass sein Bus um vier Uhr früh losgefahren war, und fragte mich, um welche Uhrzeit er aufgestanden war.
Während all der Jahre, die er kam, um über Nacht bei uns zu bleiben, brachte er uns jedes Mal Fisch oder Austern oder Gemüse aus seinem Garten mit. Manchmal bekamen wir auch Päckchen mit der Post, immer als Eilpäckchen, mit Fisch und Austern, eingepackt in ein Kistchen mir sauber gewaschenen Spinat- oder Grünkohlblättern.
Das Wissen, dass er drei Meilen zur Post gehen musste, um diese Dinge aufzugeben, und dass er sehr wenig Geld hatte, machte diese Geschenke doppelt wertvoll. Wenn ich diese kleinen Erinnerungspräsente bekam, dachte ich oft an den Kommentar, den unser Nachbar von nebenan von sich gegeben hatte, nachdem der alte Mann am ersten Morgen weggegangen war.
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„Haben Sie den fürchterlichen Gnom von gestern Abend behalten? Ich habe ihn weggeschickt! Sie können Untermieter verlieren, wenn Sie solche Leute aufnehmen.“Mag sein, dass das tatsächlich ein oder zwei Mal tatsächlich der Fall war.
Aber dieser alte Mann half uns, unsere eigenen Krankheiten, unsere eigenen Schicksalsschläge, unsere eigenen Schwierigkeiten leichter zu ertragen.
Meine ganze Familie wird immer dankbar sein, ihn gekannt zu haben. Von ihm haben wir gelernt, das Schlechte zu akzeptieren und damit zu leben und für das Gute zu danken.
Vor Kurzem habe ich eine Freundin besucht, die ein Gewächshaus besitzt.
Als sie mir ihre Blumen zeigte, kamen wir zu der schönsten von allen, einer goldenen, in voller Blüte stehenden Chrysantheme. Aber zu meiner großen Überraschung wuchs sie in einem alten, verbeulten Kübel.
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Im Stillen dachte ich, dass ich diese Pflanze, wenn sie mir gehören würde, in den schönsten Behälter setzen würde, den ich hätte. Aber meine Freundin änderte meine Meinung:„Mir sind die Töpfe ausgegangen“, erklärte sie, „und weil ich weiß, wie schön diese Pflanze ist, dachte ich, es wäre ihr egal, wenn ich sie zuerst in diesem alten Pott unterbringe. Es ist ja nur für eine kurze Zeit, bis ich sie nach draußen in den Garten setzen kann.“
Der alte Mann, der über einige Jahre bei uns gelegentlich gewohnt hatte, war eine solche Pflanze. Er war eine wundervolle Pflanze in einem alten, verbeulten Pott.
Das aber übersehen die meisten Menschen:
Nicht der Pott ist das Entscheidende, sondern die wunderschöne Pflanze.“
Quelle: Raymonde Graber
Ihr Lieben,
mein Jugendfreund Hans-Christoph, von dem ich Euch schon viel erzählt habe, erinnert mich ein wenig an diesen alten Mann aus unserer Geschichte. Er war nicht hässlich und hatte auch keine Krankheit, die ihn entstellte, dennoch war die häufigste Bezeichnung, die ihm in der Schule und auch sonst an den Kopf geworfen wurde: „Du Krüppel“.
Er litt unter besonders schwerem Asthma. Sehr häufig bekam er kaum Luft, litt er unter Atemnot und war in seiner körperlichen Entwicklung weit zurück.
An sportlichen Aktivitäten, an Turnen und am Sport konnte er in der Schule nicht teilnehmen, so gerne er das auch getan hätte.
Oft war er körperlich so geschwächt, dass ich ihn in unserer Freizeit in einem großen Bollerwagen, den ich mit einer Decke ausgepolstert hatte, transportierte, indem ich diesen hinten an mein Fahrrad festband.
Ich, der ich selbst eher schwächlich war, war ihm an Kräften weit überlegen.Und dennoch war er derjenige, der mir von seiner inneren Kraft abgab, der Licht in mein Leben brachte, der mir Zuwendung schenkte, der in mir die Liebe zu allem Guten weckte, der in mir die Freude an der Musik, an der Literatur und dem Leben überhaupt weckte.
Er war durch seine Krankheit geschwächt, aber dennoch schonte er sich nicht.
Gerade gestern habe ich wieder an seinem Grab gestanden.
Er war eine Kerze, die an beiden Enden brannte, die Licht schenken wollte, die Hoffnung und Zuversicht wecken wollte, die in mir das Gefühl entfachte:
„Du bist etwas wert!“
Ein kleiner fast 15-jähriger Junge, an den sich außerhalb seiner Familie nach fast 50 Jahren niemand mehr erinnern würde, ist so zu meinem größten Vorbild geworden. So lange ich atmen kann, werde ich seine Botschaft der Liebe und Ermutigung weitertragen.
Liebe schenkt Freude.
Liebe schenkt Zuversicht.
Liebe schenkt Hoffnung.
Liebe schenkt Zuwendung.
Liebe schenkt Versöhnung.
Liebe schenkt Freundschaft.
Liebe schenkt Ermutigung.
Liebe schenkt Leben.
Ihr Lieben,
ich wünsche Euch eine gute neue Woche und grüße Euch ganz herzlich aus Bremen aus meiner gemütlichen Studierstube
Euer fröhlicher Werner
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