Ein Leben unter Technokraten und Bürokraten

Von European-Cultural-News

Immer wieder lesen Sie und ich von den glücklichsten Ländern dieser Welt und es wird nach Erklärungen gesucht, warum die Menschen in Land A glücklicher sind als in Land B, obwohl doch die Umstände sehr ähnlich seien.

Die Vermessung und Beurteilung des Glücks anhand von Bruttoinlandsprodukt, Gini-Koeffizient, OECD-Studien und WHO-Untersuchungen sind en vogue und Vertreter der positiven Psychologie beglücken uns mit der Glücksformel, in die Sie nur Ihre Daten einfügen müssen und schon können Sie ganz objektiv messen, wie glücklich Sie wirklich sind.

All diese Faktoren sind nicht zu unterschätzen. Ihr Freundeskreis, die soziale und politische Situation in Ihrem Umfeld spielen eine große Rolle bei Ihrem Wohlbefinden und lassen sich schon sehr viel schwerer messen, wiegen und beurteilen. Ob Sie genetisch bedingt ein Optimist oder eher ein Pessimist sind ist noch schwerer objektiv zu beurteilen. Glück ist und bleibt ein subjektives Empfinden.

Gesellschaft, Glück und Überwachung

Allerdings sollten wir die gesellschaftlichen Bedingungen nicht ganz aus dem Auge verlieren. In einem eher staatlich paranoiden Umfeld, wie wir es zur Zeit in weiten Teilen der Welt vorfinden, gedeiht das individuelle Glück nur schwer. Zur Terrorismusbekämpfung ist den Regierenden fast jedes Mittel recht. Ob die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland, der neue Staatsschutzgesetzesentwurf in Österreich, sie sind für mich Instrumente zur absoluten Kontrolle der BürgerInnen und ein Zeichen des Misstrauens der Politelite gegenüber den Mitbürgern.

All diese Kontrollgesetze haben in der Demokratie nichts zu suchen. Das Volk soll die Politik kontrollieren und nicht die Regierungen das Volk. Anlasslos und ohne Verdacht werden immer mehr Daten erhoben und den Ermittlungsbehörden in den letzten Jahren ständig neue Befugnisse erteilt. Ohne richterliche Anordnung ist der Exekutive immer mehr erlaubt, das Bankgeheimnis und die Privatsphäre längst auf dem Altar der inneren Sicherheit geopfert.

Verstehen Sie mich nicht falsch, der Großteil der europäischen Länder ist nicht autoritär geführt. Auch die EU ist kein autoritärer Staatenverbund, sondern wird als transnationale Institution immer stärker von Bürokraten bestimmt, die sich keinem Wählervotoum und keiner Kontrolle stellen müssen. Den Geheimdiensten ähnlich, sind sie nur schwer kontrollierbar und besonders schwer durchschaubar. Vermeintliche Sachzwänge und volkswirtschaftliche Notwendigkeiten sind oft genug Begründung genug für intransparente und kaum nachvollziehbare Entscheidungen.

Wir werden von der NSA bespitzelt, unsere Unternehmen ausgeforscht und dies alles noch mit Unterstützung der europäischen Geheimdienste. Immer mehr Kontrollwahn-Ideen sprießen ins Kraut und die Bevölkerung bleibt total entspannt wie in einem Karibik-Urlaub nach mehreren Joints.

Angst als Politikstrategie

Ständig lesen wir von einer Terrorgefahr, von Flüchtlingsströmen, die für Europa nicht beherrschbar sind und sonstigen gar düsteren Zukunftsaussichten. Dies fördert die Sorge und macht empfänglich für das hohe Lied der Sicherheit, Ruhe und Ordnung. In kleinen Dosen wird uns das Gift der Kontrolle verabreicht, wie dem Erbonkel das Arsen und ehe wir es richtig merken, sind wir dem Tode geweiht und müssen feststellen: Wir waren die eigenen Totengräber der Freiheit, der Selbstbestimmung und der Grundrechte. Jener Grundrechte, die ich voller Stolz als Errungenschaft der Aufklärung hochhielt und für die ich stritt, die ich verteidigte und für die ich bereit war, einzustehen.

Grundrechte werden geopfert

Diese Grundrechte sollen nun eingetauscht werden gegen eine suggerierte Scheinsicherheit, die ein Zeichen einer erzkonservativen Bewahrungsmentalität ist, die jegliche Kreativität im Keim ersticken muss, um die Kontrolle über das Dasein zu behalten. Welch traurige Perspektive in einem potenzierten Orwell´schen Staat zu leben, der genau vorgibt, was machbar und duldbar und was nicht akzeptabel ist.

Bürokraten übernehmen die Macht

Die Bürokraten und Angsthasen haben die Initiative übernommen und wir haben ihnen kampflos den Staat überlassen, weil wir dachten, diese Langweiler fände niemand cool. Wir hatten recht, cool findet sie immer noch keiner, aber sie haben den Kampf gewonnen und können uns jetzt mit ihren Gesetzen, Verordnungen und transnationalen Institutionen das glückliche und selbstbestimmte Leben verunmöglichen. Ihre Konzepte sind weder sexy noch scheinen die Menschen sehr zufrieden mit ihrer Leistung zu sein, aber wir haben versagt, Alternativen aufzuzeigen und uns einzumischen.

Facebook und Co gehen uns nichts an

Unsere Antwort auf Facebook, Google und Co ist, wenn es hoch kommt, die Verweigerung. Wir lassen uns von diesen multinationalen Konzernen nicht in die Seele blicken. Wir machen nicht mit bei all diesen modernen Erscheinungen, wir verweigern uns und finden uns dabei noch intellektuell überlegen, weil wir diesen Konzernen nicht auf dem Leim gehen. Verweigerung ist allerdings ein reaktives Verhalten, wo doch ein pro-aktives unabdingbar ist. Einmischen, mitmachen, diskutieren, nerven und die Chancen sehen, dass wird von Intellektuellen, Kreativen und kritischen Geistern erwartet. Kritik und aufzeigen was ist, reicht nicht mehr.

Verweigerung ist kontraproduktiv

Wir müssen an den gesellschaftlichen Diskussionen teilnehmen und diese nicht aus der Position des Besserwissers und „Schon-immer-Wissers” führen. Wir sollten unseren Standpunkt deutlich machen. Wir sollten aufzeigen, wie wir uns die Gesellschaft der Zukunft denken können, ohne dem Allwissenheits-Syndrom aufzusitzen. Wir dürfen der österreichischen Regierung so ein Staatsschutzgesetz nicht durchgehen lassen. Ein Gesetz, mit so windelweichen Begriffen und Wörtern beschrieben, dass Rechtsunsicherheit per se schon eingebaut ist. Mit Formulierungen wie zum Beispiel „wahrscheinlichen verfassungsgefährdenden Angriffen“ in die man alles und jedes hineininterpretieren kann.

Das Recht auf Privatsphäre

All den Befürwortern, die ja meist nichts zu verbergen haben, muss man entgegentreten und sie fragen ob es ihnen recht wäre, wenn ihr Nachbar wüsste wann sie wo waren, oder wie viel Geld sie verdienen und auf dem Bankkonto haben oder eben auch nicht haben, nur weil er Polizist oder Verfassungsschützer ist und schnell mal nachschauen will, wer so in seiner Umgebung wohnt? Wir müssen fragen, ob sie einer Regierung trauen, die bis heute nicht erklären kann, wie es gelang, den Zentralrechner des Deutschen Bundestages mit einem Trojaner zu verseuchen? Wir müssen fragen, ob sie die gesammelten Daten einer Organisation anvertrauen, die nicht fähig ist, herauszufinden, ob und in welchem Umfang die Wirtschaft bespitzelt wurde? Dies sind die Fragen, die wir stellen müssen. Wir müssen klar machen, warum nicht jeder Zweck die Mittel heiligt.

Wenn wir weiter so tun als ob uns die ganze Sache nichts anginge, dann werden wir eines Tages aufwachen und feststellen, dass alles was uns recht und teuer war nichts mehr gilt und mit Füßen getreten wird. Einmischen, diskutieren, überzeugen und Widerstand leisten ist gerade zu ein Muss in heutiger Zeit.