Wir erzittern, wenn vom Terrorismus gesprochen wird; wir fürchten uns, wenn wir herrenlose Taschen oder Koffer erspähen; Angst erfüllt uns, wenn höchste Alarmbereitschaft aufgrund eines möglichen Anschlags ansteht. Wir haben Angst vor Bomben und Bombenattrappen, vor Terroristen und solchen, die wie Terroristen aussehen könnten, wenn man wüsste, wie Terroristen denn so aussehen - wir verfallen in Angststarre, bemerken wir bärtige Männer im Kaftan oder gut verhüllte Frauenkörper. In deren Handgepäck vermuten wir Sprengstoff, was uns abermals in Furcht versetzt - und wer als unscheinbarer Zeitgenosse mit solchen anrüchigen Zeitgenossen schwatzt, der ist verdächtig, der macht uns ängstlicher als Angst.
Angst vor Sprengstoff und Autobomben. Angst vor Schläfern und Terroristengönnern. Angst vor Atomsprengköpfen und Giftattentaten. Angst vor dem Islam und dem Islamismus und, wahlweise, vor der Islamisierung. Angst vor fremd aussehenden, befremdlichen Menschen und unorthodoxer Kleidung. Angst vor verwaisten Koffern und Tüten. Angst vor in terroristischen Laboren gezüchteten Krankheitserregern und heimtückischen Viren zur Lähmung der virtuellen Welt. Angst davor, dass der islamische Terrorist offenbar keine Angst hat. Angst davor, dass die rechtsstaatliche Gesetzgebung offenbar, nach allem, was man so hört und liest, viel zu viel Angst kennt, um auch mal hart durchzugreifen.
Zu diesen Ängsten gesellen sich noch andere, auch herkömmliche, als normal geltende. Vor Kriminalität - vor gewalttätigen Horden von Jugendlichen - vor dem sozialen Abstieg - der Bildungsmisere - der demographischen Entwicklung - vor Prüfungen und Versagen - davor, seinen Arbeitsplatz zu verlieren oder aber, was vielleicht schlimmer ist, ihn unter prekären Umständen behalten zu müssen - vor Überfremdung - vor frei herumlaufenden Sexualstraftätern, die man immer zu gnädig bestraft - vor der Steuerfahndung und deren Gerichtsbarkeit, die immer zu streng bestraft. Krebs-Angst! AIDS-Angst! Alzheimer-Angst! Angst betrogen, beschissen zu werden - Angst zu schlecht zu sein - Angst, keine oder keinen abzubekommen - Angst, nicht so hübsch wie ein Idealtyp aus der Werbung zu sein - Angst, Schwächen zugeben zu müssen. Angst vor BSE! Angst vor Gammelfleisch! Angst vor Dioxin-Eiern! Die Angst der Kinder vor anspruchsvollen Eltern - die Angst der Eltern, ihren Kindern nicht gerecht zu werden - die Angst, die die Gesellschaft in Kindern und Eltern schürt, weil sie denen idealisierte Vorstellungen auferlegt - die Angst von Senioren, nicht mehr braucht zu werden - die Angst vor Alten, die Jungen eingeimpft wird - die Angst von Dicken und die Angst vor Dicken - die Angst von Kranken und die Angst vor Kranken. Flugangst, Platzangst, Höhenangst - die Angst, sich denen auszuliefern, die die Angst medizinisch und psychologisch in den Griff bekommen wollen - die Angst vor der Angst...
Die geschürte Angst erlaubt es den Machthabenden, strenge Gesetze und rückwärtsgewandte, der Aufklärung entfremdete Rechtspraxen anzuwenden. Sie ist der Rohstoff, aus dem Rigorosität und Strenge hergestellt werden kann. Wo Menschen Angst haben, da dulden sie es, dass zur Beseitigung ihrer Angst auch Sicherheits- oder Anti-Terror-Pakete geschnürt werden, die die Freiheit jedes einzelnen Bürgers beschneiden. Aufgeklärte Menschen, denen man den Schrecken aus den Gliedern nähme, würden Freiheit und Sicherheit abwägen und womöglich die Freiheit wählen - verängstigte Menschen wägen nichts mehr ab, sie wollen nur Sicherheit.
Daher ist es für die Sicherheitspolitiker und deren Klientel notwendig, die Bürger unter Angst zu halten, zu den herkömmlichen Angstfeldern, noch überpersönliche hinzuzufügen - nur so setzen sie ihre Sicherheitspolitik durch, nur so können sie Maßnahmen durchpeitschen, die präventiv schützen sollen, die dabei aber Bürger- und manchmal sogar Menschenrechte verletzen. Ein Gemeinwesen in Angst muckt nicht auf, wenn das Strafrecht verschärft wird - im Gegenteil, er fordert sogar Haft ohne Gerichtsverfahren und duldet drakonische Strafen ohne Verhandlung. Sich fürchtende Menschen legen keinen Wert auf Gerichte, sie wollen Sicherheit auch ohne Prozess - sie wollen, dass gar keiner oder aber kurzer Prozess mit Gefährdern gemacht wird. Wenn Bürger unter Angst leiden, leidet auch der Rechtsstaat darunter.
Die Angst ist ein kostbarer Rohstoff. Sie macht Massen gefügig, hält sie klein und mundtot. Wer aus seiner Angst aufmuckt und kritisch wird, der könnte selbst ein Grund für die Angst anderer werden. Daher ist jeder Kritiker an Anti-Terror-Gesetzen mit einem Terroristen gleichzusetzen. Man wirft ihm dann vor: Jetzt muß das Volk sich nicht nur vor Terroristen fürchten - jetzt muß es auch Angst vor dir haben; vor dir, der Terrorschutz für unwesentlich hält! Heinrich Böll und Peter Brückner erging es so, sie galten als "intellektuelle Helfershelfer des Terrorismus", nur weil sie sich kontrovers mit dem Terrorismus auseinandersetzten - ihr Fehler war, dass sie keine Angst hatten, dass sie die Angst nicht in Ehrfurcht erstarren ließ. Damit solche Bürger aber auch Angst bekommen und einigermaßen führbar werden, muß man ihr solche einjagen. Das geschieht durch Kriminalisierung, durch Diabolisierung, dadurch, dass man sagt: Wer nicht mit uns ist, der ist gegen uns!
Angst ist Bürgerpflicht in diesen Zeiten. Seine Angst in den Griff zu bekommen wird als teuflisch erachtet, als asozial und gefährlich - man soll ja gerade Angst haben, wenn man einen öffentlichen Ort, einen Bahnhof oder Flughafen betritt; man soll erbeben, wenn man einen abgestellten Koffer erblickt; man muß geradezu in Furcht verfallen, wenn fremdländisch aussehende Männer und Frauen miteinander schwatzen und Handgepäck bei sich führen. Denn wenn sich die Angst unkontrolliert in solchen Augenblicken einen Weg bahnt, dann sind sicherheitspolitische Gesetze ein Selbstläufer - auch dann, wenn sie Bürgerrechte verletzen und Freiheitsrechte auf dem Altar der Sicherheit opfern. Die Angst muß ins Gehirn gestanzt sein, herrenlose Koffer oder Schleier müssen Synonym für Bombe sein; das Betreten eines öffentlichen Gebäudes muß als Fanal für große Gefahr begriffen werden - wenn dem so ist, dann kann sich der Sicherheitsgesetzgeber die Hände reiben. Wenn dem so ist, dann hat der Bürger seine erwartete Bürgerpflicht geleistet.
Die Angst vor Terror macht Staatsterror möglich; die Angst vor Kriminalität macht Staatskriminalität machbar. Was der Staat tut, so denkt sich der fürchtende Bürger, muß von gleicher Härte und gleicher angsteinflößender Qualität und Güte sein, wie das, was der Terrorist oder Kriminelle tut. Nur wenn Funk, Fernsehen und Presse repetieren, dass man beständig ängstlich sein müsse, dann kann der Staat jene Angstmotive zu seiner Maxime machen, vor denen sich der Bürger ansonsten fürchtet, wenn sie aus nichtstaatlichen Gewehrläufen kommt.
Bomben von Terroristen erzeugen Heidenangst - Bomben, abgeworfen von Militärmaschinen, sie schaffen Zuversicht; Verbrecher, die keine Rücksicht auf private Kontodaten nehmen, um Konten zu plündern, die machen uns bange - wenn die Regierung aber bestimmt, dass private Kontodaten nicht mehr heilig sein dürfen, um solchen Kontoplünderern habhaft zu werden, dann atmen wir beruhigt auf; Mörder fällen ihr Urteil über Leben und Tod ohne Gerichtsbarkeit, was uns logischerweise in Schrecken versetzt - wenn man aber demagogisch erklärt, dass solche Subjekte gar keinen Prozess verdient hätten, um einer Strafe überstellt werden zu können, erntet man erleichterten Applaus. Der Rechtsstaat pervertiert, wenn er unter Angst arbeiten soll; dann wird er zu einem Begriff für das Museum.
Angst makes the state go around, the state go around, the state go around! Kapitalisten hatten Angst vor Kommunisten - Kommunisten vor Kapitalisten und Trotzkisten. Nazis fürchteten Juden und Bolschewiki, was sie zu einem Brei vermengten. Die Monarchien erzitterten vor den Massen, die hinter den Sozialisten standen - vorher fürchteten sie sich vor Demokraten und Republikanern - davor gab es eine Zeit, in der sie den kirchlichen Einfluss auf die weltliche Macht öffentlichkeitswirksam verteufelten - aus Angst, versteht sich. Und die katholische Kirche fürchtete Ketzer, Hexen und Teufel. Daher erfand sie die Inquisition, denn diese sollte die Ängste bändigen - und zwar dadurch, selbst Angst zu verbreiten. Angst gegen Angst! Viel hilft viel! Der Katholizismus hatte Inquisitoren - Monarchen hatten Angestellte bei der Ochrana - Kommunisten schufen sich Tschekisten - Nazis hatten lederbemäntelte Beamte bei der GeStaPo - Kapitalisten dankten dem Komitee für unamerikanische Umtriebe - und wir, wir haben brave Anti-Terror-Büttel. Und immer ist das Prinzip dasselbe: man nehme rumorende Angst und setze zu deren Beseitigung freiheitsberaubende Angstmacherei entgegen - das schafft keine Befreiung von der Angst, aber doch wenigstens die Möglichkeit, etwaige Rechte, die einem lästig wurden, außer Kraft zu setzen.
Das Wachstum muß stimmen, erklären uns kapitalistische Ökonomen. Als wäre die Welt unendlich aufblasbar, grenzenlos erweiterbar - Expansion als Sache des Willens, nicht der gegebenen Realitäten! Die Angst fällt unter dasselbe Leitmotiv: ihr Wachstum muß stimmen. Beständig müssen die Märkte der Angst erweitert werden - um mehr Potenzial dafür zu haben, eine lückenlosere und technologisch noch ausgereiftere Überwachung durchzusetzen. Und um Angstfelder, die aufgrund Ausverkauf aufgegeben werden müssen, wie beispielsweise die Angst vor den Kommunisten, adäquat ersetzen zu können. Die Ängstlichkeit des Menschen ist schließlich unantastbar - jeder Bürger hat Anrecht auf sein Stückchen Angst. Und er soll es gefälligst auch gebrauchen, denn ohne Angst wird er unkontrollierbar...
Angst vor Sprengstoff und Autobomben. Angst vor Schläfern und Terroristengönnern. Angst vor Atomsprengköpfen und Giftattentaten. Angst vor dem Islam und dem Islamismus und, wahlweise, vor der Islamisierung. Angst vor fremd aussehenden, befremdlichen Menschen und unorthodoxer Kleidung. Angst vor verwaisten Koffern und Tüten. Angst vor in terroristischen Laboren gezüchteten Krankheitserregern und heimtückischen Viren zur Lähmung der virtuellen Welt. Angst davor, dass der islamische Terrorist offenbar keine Angst hat. Angst davor, dass die rechtsstaatliche Gesetzgebung offenbar, nach allem, was man so hört und liest, viel zu viel Angst kennt, um auch mal hart durchzugreifen.
Zu diesen Ängsten gesellen sich noch andere, auch herkömmliche, als normal geltende. Vor Kriminalität - vor gewalttätigen Horden von Jugendlichen - vor dem sozialen Abstieg - der Bildungsmisere - der demographischen Entwicklung - vor Prüfungen und Versagen - davor, seinen Arbeitsplatz zu verlieren oder aber, was vielleicht schlimmer ist, ihn unter prekären Umständen behalten zu müssen - vor Überfremdung - vor frei herumlaufenden Sexualstraftätern, die man immer zu gnädig bestraft - vor der Steuerfahndung und deren Gerichtsbarkeit, die immer zu streng bestraft. Krebs-Angst! AIDS-Angst! Alzheimer-Angst! Angst betrogen, beschissen zu werden - Angst zu schlecht zu sein - Angst, keine oder keinen abzubekommen - Angst, nicht so hübsch wie ein Idealtyp aus der Werbung zu sein - Angst, Schwächen zugeben zu müssen. Angst vor BSE! Angst vor Gammelfleisch! Angst vor Dioxin-Eiern! Die Angst der Kinder vor anspruchsvollen Eltern - die Angst der Eltern, ihren Kindern nicht gerecht zu werden - die Angst, die die Gesellschaft in Kindern und Eltern schürt, weil sie denen idealisierte Vorstellungen auferlegt - die Angst von Senioren, nicht mehr braucht zu werden - die Angst vor Alten, die Jungen eingeimpft wird - die Angst von Dicken und die Angst vor Dicken - die Angst von Kranken und die Angst vor Kranken. Flugangst, Platzangst, Höhenangst - die Angst, sich denen auszuliefern, die die Angst medizinisch und psychologisch in den Griff bekommen wollen - die Angst vor der Angst...
Die geschürte Angst erlaubt es den Machthabenden, strenge Gesetze und rückwärtsgewandte, der Aufklärung entfremdete Rechtspraxen anzuwenden. Sie ist der Rohstoff, aus dem Rigorosität und Strenge hergestellt werden kann. Wo Menschen Angst haben, da dulden sie es, dass zur Beseitigung ihrer Angst auch Sicherheits- oder Anti-Terror-Pakete geschnürt werden, die die Freiheit jedes einzelnen Bürgers beschneiden. Aufgeklärte Menschen, denen man den Schrecken aus den Gliedern nähme, würden Freiheit und Sicherheit abwägen und womöglich die Freiheit wählen - verängstigte Menschen wägen nichts mehr ab, sie wollen nur Sicherheit.
Daher ist es für die Sicherheitspolitiker und deren Klientel notwendig, die Bürger unter Angst zu halten, zu den herkömmlichen Angstfeldern, noch überpersönliche hinzuzufügen - nur so setzen sie ihre Sicherheitspolitik durch, nur so können sie Maßnahmen durchpeitschen, die präventiv schützen sollen, die dabei aber Bürger- und manchmal sogar Menschenrechte verletzen. Ein Gemeinwesen in Angst muckt nicht auf, wenn das Strafrecht verschärft wird - im Gegenteil, er fordert sogar Haft ohne Gerichtsverfahren und duldet drakonische Strafen ohne Verhandlung. Sich fürchtende Menschen legen keinen Wert auf Gerichte, sie wollen Sicherheit auch ohne Prozess - sie wollen, dass gar keiner oder aber kurzer Prozess mit Gefährdern gemacht wird. Wenn Bürger unter Angst leiden, leidet auch der Rechtsstaat darunter.
Die Angst ist ein kostbarer Rohstoff. Sie macht Massen gefügig, hält sie klein und mundtot. Wer aus seiner Angst aufmuckt und kritisch wird, der könnte selbst ein Grund für die Angst anderer werden. Daher ist jeder Kritiker an Anti-Terror-Gesetzen mit einem Terroristen gleichzusetzen. Man wirft ihm dann vor: Jetzt muß das Volk sich nicht nur vor Terroristen fürchten - jetzt muß es auch Angst vor dir haben; vor dir, der Terrorschutz für unwesentlich hält! Heinrich Böll und Peter Brückner erging es so, sie galten als "intellektuelle Helfershelfer des Terrorismus", nur weil sie sich kontrovers mit dem Terrorismus auseinandersetzten - ihr Fehler war, dass sie keine Angst hatten, dass sie die Angst nicht in Ehrfurcht erstarren ließ. Damit solche Bürger aber auch Angst bekommen und einigermaßen führbar werden, muß man ihr solche einjagen. Das geschieht durch Kriminalisierung, durch Diabolisierung, dadurch, dass man sagt: Wer nicht mit uns ist, der ist gegen uns!
Angst ist Bürgerpflicht in diesen Zeiten. Seine Angst in den Griff zu bekommen wird als teuflisch erachtet, als asozial und gefährlich - man soll ja gerade Angst haben, wenn man einen öffentlichen Ort, einen Bahnhof oder Flughafen betritt; man soll erbeben, wenn man einen abgestellten Koffer erblickt; man muß geradezu in Furcht verfallen, wenn fremdländisch aussehende Männer und Frauen miteinander schwatzen und Handgepäck bei sich führen. Denn wenn sich die Angst unkontrolliert in solchen Augenblicken einen Weg bahnt, dann sind sicherheitspolitische Gesetze ein Selbstläufer - auch dann, wenn sie Bürgerrechte verletzen und Freiheitsrechte auf dem Altar der Sicherheit opfern. Die Angst muß ins Gehirn gestanzt sein, herrenlose Koffer oder Schleier müssen Synonym für Bombe sein; das Betreten eines öffentlichen Gebäudes muß als Fanal für große Gefahr begriffen werden - wenn dem so ist, dann kann sich der Sicherheitsgesetzgeber die Hände reiben. Wenn dem so ist, dann hat der Bürger seine erwartete Bürgerpflicht geleistet.
Die Angst vor Terror macht Staatsterror möglich; die Angst vor Kriminalität macht Staatskriminalität machbar. Was der Staat tut, so denkt sich der fürchtende Bürger, muß von gleicher Härte und gleicher angsteinflößender Qualität und Güte sein, wie das, was der Terrorist oder Kriminelle tut. Nur wenn Funk, Fernsehen und Presse repetieren, dass man beständig ängstlich sein müsse, dann kann der Staat jene Angstmotive zu seiner Maxime machen, vor denen sich der Bürger ansonsten fürchtet, wenn sie aus nichtstaatlichen Gewehrläufen kommt.
Bomben von Terroristen erzeugen Heidenangst - Bomben, abgeworfen von Militärmaschinen, sie schaffen Zuversicht; Verbrecher, die keine Rücksicht auf private Kontodaten nehmen, um Konten zu plündern, die machen uns bange - wenn die Regierung aber bestimmt, dass private Kontodaten nicht mehr heilig sein dürfen, um solchen Kontoplünderern habhaft zu werden, dann atmen wir beruhigt auf; Mörder fällen ihr Urteil über Leben und Tod ohne Gerichtsbarkeit, was uns logischerweise in Schrecken versetzt - wenn man aber demagogisch erklärt, dass solche Subjekte gar keinen Prozess verdient hätten, um einer Strafe überstellt werden zu können, erntet man erleichterten Applaus. Der Rechtsstaat pervertiert, wenn er unter Angst arbeiten soll; dann wird er zu einem Begriff für das Museum.
Angst makes the state go around, the state go around, the state go around! Kapitalisten hatten Angst vor Kommunisten - Kommunisten vor Kapitalisten und Trotzkisten. Nazis fürchteten Juden und Bolschewiki, was sie zu einem Brei vermengten. Die Monarchien erzitterten vor den Massen, die hinter den Sozialisten standen - vorher fürchteten sie sich vor Demokraten und Republikanern - davor gab es eine Zeit, in der sie den kirchlichen Einfluss auf die weltliche Macht öffentlichkeitswirksam verteufelten - aus Angst, versteht sich. Und die katholische Kirche fürchtete Ketzer, Hexen und Teufel. Daher erfand sie die Inquisition, denn diese sollte die Ängste bändigen - und zwar dadurch, selbst Angst zu verbreiten. Angst gegen Angst! Viel hilft viel! Der Katholizismus hatte Inquisitoren - Monarchen hatten Angestellte bei der Ochrana - Kommunisten schufen sich Tschekisten - Nazis hatten lederbemäntelte Beamte bei der GeStaPo - Kapitalisten dankten dem Komitee für unamerikanische Umtriebe - und wir, wir haben brave Anti-Terror-Büttel. Und immer ist das Prinzip dasselbe: man nehme rumorende Angst und setze zu deren Beseitigung freiheitsberaubende Angstmacherei entgegen - das schafft keine Befreiung von der Angst, aber doch wenigstens die Möglichkeit, etwaige Rechte, die einem lästig wurden, außer Kraft zu setzen.
Das Wachstum muß stimmen, erklären uns kapitalistische Ökonomen. Als wäre die Welt unendlich aufblasbar, grenzenlos erweiterbar - Expansion als Sache des Willens, nicht der gegebenen Realitäten! Die Angst fällt unter dasselbe Leitmotiv: ihr Wachstum muß stimmen. Beständig müssen die Märkte der Angst erweitert werden - um mehr Potenzial dafür zu haben, eine lückenlosere und technologisch noch ausgereiftere Überwachung durchzusetzen. Und um Angstfelder, die aufgrund Ausverkauf aufgegeben werden müssen, wie beispielsweise die Angst vor den Kommunisten, adäquat ersetzen zu können. Die Ängstlichkeit des Menschen ist schließlich unantastbar - jeder Bürger hat Anrecht auf sein Stückchen Angst. Und er soll es gefälligst auch gebrauchen, denn ohne Angst wird er unkontrollierbar...