Ein Kloster ist ein seltsames …

Von Rsk6400

Ein Kloster ist ein seltsames Mittelding zwischen Demokratie und Monarchie. An der Spitze steht der Abt, der von der Gemeinschaft gewählt wird und spätestens mit 75 Jahren sein Amt aufgeben muss. Dann gibt es seine beiden Stellvertreter, den Prior und den Subprior. Für die wirtschaftlichen Fragen ist der Cellerar zuständig, für den Nachwuchs der Novizenmeister. Alle diese Ämter werden nach Beratung mit der Gemeinschaft vom Abt besetzt, und dazu gibt es noch die von der Gemeinschaft gewählten Senioren – in Peramiho sind es zehn – die beratende Funktion haben. Da ich auf Kuba schon Cellerar war (in einer Gemeinschaft von sechs Mönchen gab es allerdings nicht viele wirtschaftliche Fragen), hat Abt Anastasius mich gebeten, dieses Amt auch hier zu übernehmen.
Ich war etwas blauäugig, als ich auf meine fünf Jahre Erfahrung im Zusammenleben mit Afrikanern vertraute und meinte, es würde reichen, immer wieder das Gespräch zu suchen und den Rat meiner afrikanischen Brüder und Mitarbeiter zu suchen. Plötzlich merkte ich, dass mich gerade dieser Rat mitten in ein ziemlich schwieriges Feld von Konflikten hineingeführt hatte, die schon lange vor meiner Ankunft schwelten. Br.Dominik hat mich gewarnt, “Das kann heftig werden”, ein anderer deutscher Missionar dagegen versicherte mir, es gäbe diesen Konflikt gar nicht. Es wurde heftig, und ich fing an, meine Koffer zu packen, entschied mich dann aber doch fürs Abwarten. Nach den sechs Wochen, die ich für die Priesterweihe in Deutschland war, sah dann plötzlich alles ganz anders aus, die Wogen hatten sich geglättet, und vor einer Woche hat der Abt mich nach Beratung mit den Senioren zum Cellerar ernannt. Auf meine Frage, wofür ich zuständig sei, hat Br.Dominik mir bei seinem Abschied gesagt, “Für alles, was anfällt.” Das heißt im Moment, für den Wassertank auf dem Dachboden, aus dem immer wieder Wasser ausläuft und das Gewölbe aus Lehmziegeln darunter aufweicht. Für den Mais der Hühnerfarm, von dem jeden Monat doppelt so viel verschwindet, wie die Hühner fressen. Für die Zusammenstellung des Finanzberichtes für das Jahr 2012. Für den Leiter des Caritas-Büros, der mir ausführlich die Probleme einer alten, kranken Frau schildert und dann erklärt, dass diese Frau 1000 Shilling braucht. Das sind 50 Euro-Cent, die ich ihm natürlich sofort gebe, in der Hoffnung, dass er beim nächsten Mal wenigstens 20.000 braucht, damit sich der Zeitaufwand lohnt.
Will ich jetzt klagen ? Nein, überhaupt nicht ! Peramiho mit seiner Berufsschule, den zahlreichen Werkstätten und all den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ist ein hoch spannender Organismus, und meine Aufgabe darin ist ziemlich reizvoll. Und dann gibt es da noch die wunderbaren Menschen. Ohne den Konflikt des vergangenen Jahres hätte ich Br.Petro, Br.Augustino und P.Ludoviko nie so gut kennengelernt, wie ich sie heute kenne. Tansanier, so las ich in einer Handreichung für Entwicklungshelfer, können sehr loyal sein. Und die Loyalität meiner Mitarbeiter (gegenüber mir, einem Fremden, der gerade erst angekommen ist) war einfach großartig. Also: Es wird spannend, aber es könnte gut werden.