Ein kleiner Exkurs

Ein kleiner ExkursGastbeitrag von “Die Lesende” – vielen Dank! 

Märtyrertum

Gaddafi selbst sprach selbst wiederholt davon, dass seine Kinder und Enkelkinder ihr Blut vergossen haben und dadurch zu Märtyrern wurden.

Zuerst einmal hat er die Verpflichtung als Familienoberhaupt, seine Familie zu beschützen, die Toten zu rächen und den Unterdrückten, also den Menschen in Libyen, die nach wie vor zu ihm stehen, zu helfen.

Stirbt er dann dabei, wird er zum Märtyrer, der völlig rein ins Paradies eingeht.

Zum besseren Verständnis des Märtyrertums:

Der Begriff Märtyrer [schahid] ist im Arabischen gleichbedeutend mit Zeuge. Ein Märtyrer bezeugt durch sein Martyrium die Wahrheit.

Märtyrer ist im Islam ein Muslim, der bei der Ausübung seiner Religion von Gegnern getötet wird, sei es im Krieg zur Verteidigung der Muslime und der Unterdrückten [mazlum] oder sei es während eines zivilen Einsatzes, bei dem er Opfer eines Anschlages wird. Auch ein Pilger, wenn er während derPilgerfahrt [hadsch] verstirbt oder eine Mutter, die beim Gebären stirbt, gilt als Märtyrer.

Der Märtyrer durchlebt keine Todeszwischenphase [barsach], sondern geht direkt ins Paradies [dschanna] ein. Er hat die höchste Stufe der Ergebenheit [taslim] vorgelebt. Der im Krieg oder durch Terror gewaltsam getötete Märtyrer bedarf weder der rituellen Vollkörperreinigung des Verstorbenen noch des Leichentuchs. Er wird so bestattet, wie er verstorben ist, denn er ist rein!

Das Martyrium kann man nicht selbst erreichen, sondern ist eine Auszeichnung bzw. Gnade, die ALLAH gewährt. Den Angehörigen eines Märtyrers wird daher während der Trauerfeier gratuliert. Im Heiligen Qur’an wird darauf verwiesen, dass man von Märtyrern nicht annehmen soll, dass sie verstorben seien. Vielmehr leben sie, aber die Überlebenden verstehen es nicht (vgl. 28:11). Bis auf den erwarteten Imam Mahdi (a.) sind alle anderen der Ahl-ul-Bait (a.) Märtyrer geworden.

 

Ein kleiner Exkurs

Abdel Fattah Yunis 1944-2011

Bestrafung des Verräters

Das führt mich zu General Younes, den der/die Täter als Verräter bestraften und ihm den Eintritt ins Paradies verwehren wollten (obwohl es genügt, wenn der Sterbende vor seinem Tod betet: Es gibt keinen Gott als Allah!).

Ja, wer immer Younes umgebracht hat, der/die Täter haben nicht nur den Lebenden, sondern auch den Toten gedemütigt.

Die schweren Verletzungen, die dem General vor seinem Tod zugefügt wurden, haben einen Hintergrund:
Zum Beispiel die abgeschnittenen Finger: im Mittelalter wurden meineidigen Personen die rechte Hand abgehackt und/oder die Zunge herausgerissen.

Aber schlimmer als diese Verletzungen wiegt, was man mit der Leiche getan hat.
Die Leichenwaschung gilt normalerweise als gemeinschaftliches Bestattungritual, wobei der Tote dreimal gewaschen wird: zuerst wird dem Wasser Lotus zugesetzt, beim zweitenmal Kampfer, beim drittenmal wird nur Wasser verwendet.
Ziel ist weniger die Reinigung des Körpers, als das Erreichen ritueller Reinheit.
Dann wird der Tote in weiße Tücher gehüllt und mit dem Gesicht nach Mekka begraben (selbstverständlich unter verschiedenen Gebeten).

Außerdem gilt die Erdbestattung für einen gläubigen Muslim als die einzig mögliche, Feuerbestattungen kommen nicht in Frage.

Man hat ihn also unrein bestattet und verbrannt, um nachträgliche Waschungen zu verhindern; aus allem spricht tiefste Verachtung für den Mann.

 

Ein kleiner Exkurs

so eine nette Familie darf man nicht einfach töten...

Blut

Was nun das Blut angeht, von dem Gaddafi immer spricht, so muß man dazu wissen, dass dort die Familienlinie immer über den Vater fortgesetzt wird und muß.
Adoption ist nur insoweit möglich, dass das Kind nur vom biologischen Vater adoptiert werden kann.

Deswegen ist es auch schwierig wenn der Angehörige einer anderen Religion (Christ, Jude) eine Muslima heiratet. Ein Muslim kann dagegen problemlos eine Christin/Jüdin heiraten.
Christeninnen und Jüdinnen gelten als “Schriftbesitzerinnen“.

Mit Heirat und Adoption habe ich etwas weiter ausgeholt, sie stehen im Zusammenhang mit Blut und der Blutlinie.

Dabei war es bei uns auch einmal so:

- im Mittelalter gehörten zum Haushalt nicht nur die ehelichen Kinder, sondern auch die unhehelichen Kinder des Mannes, die dort aufgezogen und vorteilhaft verheiratet wurden

- in den Fürstenhäusern wurde das noch lange gelebt: die Kinder, die von der Mätresse geboren wurden, erhielten Titel und Besitz und wurden ebenfalls für Heiratspolitik “benutzt”.

Beispiele dafür sind die unhehelichen Kinder Karls V. (u.a. mit Barbara Blomberg) oder Ludwig XIV..

Die Frauen die dem Fürsten/König/Kaiser ein Kind schenkten, wurden nicht verachtet oder aus der Gesellschaft ausgestossen, sondern verheiratet, was dem neuen Paar viele Vorteile brachte.

- wenn man Fontanes “Effie Briest” kennt, erfährt dort, dass die Tochter beim Vater bleibt, um durch den unmoralischen Lebenswandel nicht verdorben zu werden.

- und wenn man noch möchte, kann man einfügen, dass auf dem Dorf vor nicht langer Zeit immer die gleichen Familien ineinander geheiratet haben…..

Oder zu unseren Altvorderen blickt: wenn man nicht leiblich verwandt war, aber die Verbundenheit besonders betonen wollte, füllte man ein Gefäß mit Wein oder Met, dann ritzte man sich eine kleine Wunden in den Arm und ließ das Blut in das Getränk tropfen. Dann tranken alle Beteiligen davon und besiegelten damit eine Verbundenheit, die der leiblichen gleich kam (Sippenzugehörigkeit, Blutsbrüderschaft).

 

Und wenn man zuletzt den Klassiker zitieren will:…Blut ist ein besonderer Saft….


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