Das erste Mal bereute ich es, mich für eine Geburt in Italien entschieden zu haben. Nach dem Erlebnis im Cremoneser Krankenhaus war das auch kein Wunder.
Ich brauchte ein paar Tage, um mich davon zu erholen. Ich träumte nachts von den Schreien meiner Bettnachbarin... und hatte überhaupt keine Lust mehr, noch einmal in dieses Krankenhaus zu gehen. Es gab aber keine Alternative.
9 Tage dauerte es noch, bis ich früh morgens gegen 2 Uhr erneut Wehen bekam. Auch dieses Mal musste ich mich allein auf meinen schweren Weg machen, Italo musste ja bei Bianca bleiben. Und auch dieses Mal wurde ich wieder im Krankenwagen eingeliefert, die Fahrt dauerte wieder ca. 45 Minuten wegen des immer noch andauernden Schneechaosses.
Die Wehen waren um einiges stärker als vor ein paar Tagen. Daher legte man mich nicht auf ein normales Krankenzimmer, sondern in einen Wehenraum. Darin standen 3 Betten. Die Betten links und rechts waren bereits von werdenden Müttern mit Wehen belegt, ich bekam das mittlere Bett.
Links neben mir wurde laut gestöhnt, rechts neben mir wurde gejammert... und nach 2 Stunden stöhnte ich einfach mit, denn dieses Mal ging die Geburt sehr schnell und heftig voran. Nach ungefähr 3 Stunden dann war es für mich soweit: ich wurde in den Kreissaal gefahren und ließ die beiden werdenden Mütter, die lange vor mir ihre Wehen bekommen hatten, neidisch zurück. Auch sie wollten so schnell wie möglich ihr Baby im Arm halten und schauten mir wehmütig nach.
Dieser Kreissaal hatte den gleichen beunruhigenden OP-Charme wie der Kreissaal in Deutschland, in dem ich 3 Jahre zuvor meine Tochter geboren hatte. Diesmal kam erschwerend noch dazu, dass ich die Gespräche und Anweisungen wirklich kaum verstand. Es war ein lebendiges Treiben um mich herum, eine Schwester zog eine Spritze auf, und bevor ich fragen konnte, zu was die sein sollte...hatte sich die dünne Nadel bereits in die Seite meines Gesäßes gebohrt. Alles ging so schnell! Kaum hatte ich die unverhoffte Spritze verdaut, da bekam ich auch schon Presswehen. "Deve spingere!" Sie müssen pressen, sagte die Hebamme immer und immer wieder. Dazu hätte sie mich nicht auffordern müssen, das tat ich von ganz alleine. Nach 5 Presswehen in Rekordzeit hatte ich es geschafft. Mein zweites Kind war geboren. Ich war unendlich glücklich. "E und femina, vero?" fragte ich. "Es ist ein Mädchen, nicht wahr?"
"Ma no signora, e un bel maschietto!" antwortete die Hebamme. "Aber nein, es ist ein hübscher Junge!"
Ich konnte es nicht glauben! Nach der letzten Ultraschalluntersuchung und der Geschlechtsbestimmung durch den Arzt hatte ich mich total auf ein Mädchen eingestellt. Dass es nun doch der erhoffte Sohn war, das konnte ich einfach nicht glauben und wollte, dass man mir den Beweis zeigte. Was die Hebamme dann auch sofort tat. Erst als ich mit eigenen Augen sah, dass mein Baby unübersehbar ein Junge war, da glaubte ich es und weinte vor Freude. Wie schön! Nun hatten wir eine Tochter und einen Sohn!
Während mein Dammschnitt versorgt wurde, wurde auch mein Sohn versorgt. Ich bekam ihn nicht gleich auf den Bauch, wie es bei meiner Tochter der Fall war. Dementsprechend war ich auch nicht von den Tätigkeiten der Ärzte an meinem Damm abgelenkt und spürte jeden einzelnen Stich beim Nähen. Ich bin mir sicher, dieses Mal waren andere werdende Mütter durch meine Schreie alarmiert...ich hatte kein Fünkchen deutsche Disziplin mehr in mir. Ich wollte nur endlich in Ruhe gelassen werden und mein Baby im Arm halten.
Endlich war es soweit. Ich war soweit medizinisch versorgt und mein Baby war gewaschen, gewogen und angezogen, auch die ersten Tests hatte er mit Bravour bestanden.
Als ich Marco zum ersten Mal im Arm hielt, da vergaß ich alles um mich herum. Immer und immer wieder schaute ich ihn an, nahm seinen Geruch auf, streichelte ihn zart. Er war ein großes und kräftiges Baby. Die Italiener staunten nicht schlecht, dass er 53cm maß und stolze 4.400g wog! Für italienische Verhältnisse ein Riesen Baby! Auch Marco hatte viele Haare, die rötlich schimmerten. Er hatte wunderschöne blaue, große Augen, die ihm immer wieder von der Anstrengung zufielen. Seine Nase war bereits markant, das gab seinem Gesichtchen einen ganz besonderen Ausdruck. Für mich war er das schönste Baby der Welt, genau wie 3 Jahre zuvor seine große Schwester.
Leider durfte ich ihn nicht lange bei mir behalten. Rooming-In gab es damals in Italien noch nicht. Die Neugeborenen wurden den Müttern weggenommen und auf die Säuglingsstation gebracht. Alle 4 Stunden bekam man sein Baby für ungefähr eine halbe Stunde zum Stillen, dann wurde es wieder abgeholt. So nahm man mir Marco nach ungefähr einer halben Stunde wieder weg und ließ mich im Flur vor dem Kreissaal in meinem Bett liegen. Es war mittlerweile 6.30 Uhr morgens und ich bat die Schwester, meinen Mann anzurufen und ihm zu sagen, dass er einen gesunden Sohn hatte.
Ungefähr eine Stunde lag ich da im Flur, dann kam eine Schwester auf mich zu und fragte mich irgend etwas, das ich nicht verstand. Ihr machte das scheinbar nichts aus, denn auch ohne mein (Ein)Verständnis machte sich die Schwester daran, mit ihren Unterarmen, auf die sie ihr ganzes Körpergewicht legte, auf meinen Bauch zu drücken und diesen vom Rippenbogen nach unten auszustreichen. Mir blieb die Luft weg. So grob war noch keiner mit mir umgegangen. Ich bekam eine Schnappatmung und dachte, ich würde nun ersticken oder an den Schmerzen, die mir die Schwester zufügte, sterben.Doch diese rüde "Behandlung" verfehlte ihren Zweck nicht. Ich spürte nach ein paar Sekunden, wie sich die Nachgeburt löste und den Weg aus meinem Körper fand. Erst danach, als nach einer Untersuchung klar war, dass die Nachgeburt komplett war, wurde ich auf ein Zimmer gebracht. Dieses Mal war es sogar ein 10-Bett-Zimmer und es war voll belegt von frisch gebackenen Müttern.
Keine hatte ihr Baby bei sich. Alle warteten geduldig, bis die Säuglingsschwestern ihnen ihr Baby zum Stillen brachte. Für mich war das eine Qual. Ich wollte unbedingt zu meinem Baby und stand daher kurze Zeit später auf, um auf die Säuglingsstation zu gehen und Marco wenigstens durch eine Glasscheibe anschauen zu können. Fast die ganze Zeit stand ich da. Marco war nicht zu übersehen. Seine rötlichen Haare hoben sich von den schwarzen Haaren der italienischen Babies deutlich ab und mit seinen 4.400g war er auch deutlich kräftiger als die im Vergleich zu ihm zerbrechlich wirkenden Babies um ihn herum.
Erst als die Schwestern mir klar machten, dass sie nun bald die Babies zum Stillen bringen würden, ging ich wieder in mein Bett.
Unser Sohn war geboren. Nun sind wir komplett, dachte ich glücklich.
Ich brauchte ein paar Tage, um mich davon zu erholen. Ich träumte nachts von den Schreien meiner Bettnachbarin... und hatte überhaupt keine Lust mehr, noch einmal in dieses Krankenhaus zu gehen. Es gab aber keine Alternative.
9 Tage dauerte es noch, bis ich früh morgens gegen 2 Uhr erneut Wehen bekam. Auch dieses Mal musste ich mich allein auf meinen schweren Weg machen, Italo musste ja bei Bianca bleiben. Und auch dieses Mal wurde ich wieder im Krankenwagen eingeliefert, die Fahrt dauerte wieder ca. 45 Minuten wegen des immer noch andauernden Schneechaosses.
Die Wehen waren um einiges stärker als vor ein paar Tagen. Daher legte man mich nicht auf ein normales Krankenzimmer, sondern in einen Wehenraum. Darin standen 3 Betten. Die Betten links und rechts waren bereits von werdenden Müttern mit Wehen belegt, ich bekam das mittlere Bett.
Links neben mir wurde laut gestöhnt, rechts neben mir wurde gejammert... und nach 2 Stunden stöhnte ich einfach mit, denn dieses Mal ging die Geburt sehr schnell und heftig voran. Nach ungefähr 3 Stunden dann war es für mich soweit: ich wurde in den Kreissaal gefahren und ließ die beiden werdenden Mütter, die lange vor mir ihre Wehen bekommen hatten, neidisch zurück. Auch sie wollten so schnell wie möglich ihr Baby im Arm halten und schauten mir wehmütig nach.
Dieser Kreissaal hatte den gleichen beunruhigenden OP-Charme wie der Kreissaal in Deutschland, in dem ich 3 Jahre zuvor meine Tochter geboren hatte. Diesmal kam erschwerend noch dazu, dass ich die Gespräche und Anweisungen wirklich kaum verstand. Es war ein lebendiges Treiben um mich herum, eine Schwester zog eine Spritze auf, und bevor ich fragen konnte, zu was die sein sollte...hatte sich die dünne Nadel bereits in die Seite meines Gesäßes gebohrt. Alles ging so schnell! Kaum hatte ich die unverhoffte Spritze verdaut, da bekam ich auch schon Presswehen. "Deve spingere!" Sie müssen pressen, sagte die Hebamme immer und immer wieder. Dazu hätte sie mich nicht auffordern müssen, das tat ich von ganz alleine. Nach 5 Presswehen in Rekordzeit hatte ich es geschafft. Mein zweites Kind war geboren. Ich war unendlich glücklich. "E und femina, vero?" fragte ich. "Es ist ein Mädchen, nicht wahr?"
"Ma no signora, e un bel maschietto!" antwortete die Hebamme. "Aber nein, es ist ein hübscher Junge!"
Ich konnte es nicht glauben! Nach der letzten Ultraschalluntersuchung und der Geschlechtsbestimmung durch den Arzt hatte ich mich total auf ein Mädchen eingestellt. Dass es nun doch der erhoffte Sohn war, das konnte ich einfach nicht glauben und wollte, dass man mir den Beweis zeigte. Was die Hebamme dann auch sofort tat. Erst als ich mit eigenen Augen sah, dass mein Baby unübersehbar ein Junge war, da glaubte ich es und weinte vor Freude. Wie schön! Nun hatten wir eine Tochter und einen Sohn!
Während mein Dammschnitt versorgt wurde, wurde auch mein Sohn versorgt. Ich bekam ihn nicht gleich auf den Bauch, wie es bei meiner Tochter der Fall war. Dementsprechend war ich auch nicht von den Tätigkeiten der Ärzte an meinem Damm abgelenkt und spürte jeden einzelnen Stich beim Nähen. Ich bin mir sicher, dieses Mal waren andere werdende Mütter durch meine Schreie alarmiert...ich hatte kein Fünkchen deutsche Disziplin mehr in mir. Ich wollte nur endlich in Ruhe gelassen werden und mein Baby im Arm halten.
Endlich war es soweit. Ich war soweit medizinisch versorgt und mein Baby war gewaschen, gewogen und angezogen, auch die ersten Tests hatte er mit Bravour bestanden.
Als ich Marco zum ersten Mal im Arm hielt, da vergaß ich alles um mich herum. Immer und immer wieder schaute ich ihn an, nahm seinen Geruch auf, streichelte ihn zart. Er war ein großes und kräftiges Baby. Die Italiener staunten nicht schlecht, dass er 53cm maß und stolze 4.400g wog! Für italienische Verhältnisse ein Riesen Baby! Auch Marco hatte viele Haare, die rötlich schimmerten. Er hatte wunderschöne blaue, große Augen, die ihm immer wieder von der Anstrengung zufielen. Seine Nase war bereits markant, das gab seinem Gesichtchen einen ganz besonderen Ausdruck. Für mich war er das schönste Baby der Welt, genau wie 3 Jahre zuvor seine große Schwester.
Leider durfte ich ihn nicht lange bei mir behalten. Rooming-In gab es damals in Italien noch nicht. Die Neugeborenen wurden den Müttern weggenommen und auf die Säuglingsstation gebracht. Alle 4 Stunden bekam man sein Baby für ungefähr eine halbe Stunde zum Stillen, dann wurde es wieder abgeholt. So nahm man mir Marco nach ungefähr einer halben Stunde wieder weg und ließ mich im Flur vor dem Kreissaal in meinem Bett liegen. Es war mittlerweile 6.30 Uhr morgens und ich bat die Schwester, meinen Mann anzurufen und ihm zu sagen, dass er einen gesunden Sohn hatte.
Ungefähr eine Stunde lag ich da im Flur, dann kam eine Schwester auf mich zu und fragte mich irgend etwas, das ich nicht verstand. Ihr machte das scheinbar nichts aus, denn auch ohne mein (Ein)Verständnis machte sich die Schwester daran, mit ihren Unterarmen, auf die sie ihr ganzes Körpergewicht legte, auf meinen Bauch zu drücken und diesen vom Rippenbogen nach unten auszustreichen. Mir blieb die Luft weg. So grob war noch keiner mit mir umgegangen. Ich bekam eine Schnappatmung und dachte, ich würde nun ersticken oder an den Schmerzen, die mir die Schwester zufügte, sterben.Doch diese rüde "Behandlung" verfehlte ihren Zweck nicht. Ich spürte nach ein paar Sekunden, wie sich die Nachgeburt löste und den Weg aus meinem Körper fand. Erst danach, als nach einer Untersuchung klar war, dass die Nachgeburt komplett war, wurde ich auf ein Zimmer gebracht. Dieses Mal war es sogar ein 10-Bett-Zimmer und es war voll belegt von frisch gebackenen Müttern.
Keine hatte ihr Baby bei sich. Alle warteten geduldig, bis die Säuglingsschwestern ihnen ihr Baby zum Stillen brachte. Für mich war das eine Qual. Ich wollte unbedingt zu meinem Baby und stand daher kurze Zeit später auf, um auf die Säuglingsstation zu gehen und Marco wenigstens durch eine Glasscheibe anschauen zu können. Fast die ganze Zeit stand ich da. Marco war nicht zu übersehen. Seine rötlichen Haare hoben sich von den schwarzen Haaren der italienischen Babies deutlich ab und mit seinen 4.400g war er auch deutlich kräftiger als die im Vergleich zu ihm zerbrechlich wirkenden Babies um ihn herum.
Erst als die Schwestern mir klar machten, dass sie nun bald die Babies zum Stillen bringen würden, ging ich wieder in mein Bett.
Unser Sohn war geboren. Nun sind wir komplett, dachte ich glücklich.