Ein Jahr wie dieses von Daniele Bresciani – Rezension

Wunderschön erzählt!

Die 14-jährige Viola musste ihren Vater tot in seinem Bett finden. Von diesem Moment an hat sie kein Wort mehr gesprochen, doch sie kann nicht aufhören, an das große Geheimnis zu denken, das ihr Vater mit ins Grab genommen hat. Mit einem zerfallenden Buch und einer alten Fotografie versucht das Mädchen die Lebensgeschichte ihres Vaters zu rekonstruieren. Gemeinsam mit ihrer Freundin Leslie taucht sie in das rauschende London der 1980er Jahre ein, in dem der junge Giacomo einst in eine große Liebesgeschichte verwickelt war. (Quelle: Verlagsseite)

Das Buch beginnt traurig, Giacomo nimmt Abschied von Claire und Viola nimmt Abschied von Giacomo, ihrem Vater. Und dazwischen liegen fast 20 Jahre. Abschiede sind nie schön, vor allem dann nicht, wenn es ein Abschied für immer ist. Giacomo stirbt und in Rückblenden, die eine eigene Erzählebene bilden, kann ich eintauchen in seine Vergangenheit. Im Jahr 1980 trifft er seine große Liebe Claire und ich begleite die beiden fast ein Jahr durch ihre Höhen und Tiefen. Viola verliert ihre Stimme durch den Schock, aber sie gewinnt in Leslie eine Freundin. Und die beiden ungleichen Mädchen versuchen Antworten auf so viele Fragen zu finden und begleiten mich auf der Reise in Giacomos Vergangenheit.

Zwei Zeitebenen haben mich schon oft gut unterhalten. Eigentlich ein altbekanntes Stilmittel, aber dennoch ist es hier irgendwie anders. Schon nach wenigen Seiten habe ich mich in den wunderschönen Schreibstil verliebt. Daniele Bresciani erzählt so behutsam, ein wenig poetisch und sehr gefühlvoll. Gleichzeitig fängt er aber auch die coole Londoner Atmosphäre sehr gut ein. Spätestens wenn ich anfange, die Songs aus einem Buch zu googeln, dann hat es mich erwischt, dann bin ich mittendrin. Das ging hier ziemlich schnell, was ein wenig auch daran liegen mag, dass ich ein Kind der Achtziger bin, diese Zeit ist mir sehr vertraut und ich erinnere mich gerne zurück.

Daniele Bresciani hat sein Buch in ziemlich kurze Kapitel gegliedert und er springt abwechselnd zwischen den beiden Zeiten hin und her. Viola lässt er manchmal in der Ich-Form erzählen, während ich Giacomo die ganze Zeit über die Schulter schaue. Die beiden Erzählstränge sind wie zwei Wege, die sich kontinuierlich auf einander zu bewegen. Bis zu einem Ende, das nicht vieler Worte bedarf, keiner Erklärung und das in seiner Schlichtheit für sich spricht und gerade deshalb ein absoluter Gänsehautmoment ist.

Fazit: Ich habe das Lesen dieser Geschichte so sehr genossen. Die Gratwanderung zwischen gefühlvoll und kitschfrei ist Daniele Bresciani exzellent gelungen. Ich mag Liebesgeschichten, aber nur wenn sie so erzählt werden wie diese!

Der Autor:
Daniele Bresciani arbeitet seit 1989 als Journalist. Er lebte und arbeitete im London der frühen 1990er Jahre und ist derzeit stellvertretender Direktor von Vanity Fair Italia. Er hat eine große Leidenschaft für antike Bücher. (Quelle: Verlagsseite)

„Ein Jahr wie dieses“ ist im Heyne Verlag erschienen.

Leseprobe

Meine Rezension bei Amazon und weitere Infos zum Buch findet ihr hier


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