Rebecca Winter ist Fotografin und erfolgreich-gewesen.
Im Alter von 60 Lenzen sind ihre finanziellen Mittel aus ruhmreichen Tagen aufgebraucht.
Zeit Bilanz zu ziehen, Neuorientierung ist notwendig. Als Fotografin ist sie erledigt-glaubt sie. „Die Währung einstigen Ruhms bringt mit der Zeit immer weniger Zinsen ein.“
Unwürdig erscheint es ihr, Verabredungen für Restaurant und Cafe aus Geldmangel abzulehnen oder Zeitmangel als Grund vorzutäuschen. In dieselbe Kategorie fallen Urlaubs- und Geburtstagseinladungen, die sie mit dem Verweis auf Terminschwierigkeiten ausschlägt. Keine Klagen, immer überwiegt die Ratio. Es wächst jene Idee für die Dauer eines Jahres ihre New Yorker Wohnung zu vermieten, um mit diesen Einnahmen sich ein einfacheres Wohnen auf dem Lande zu ermöglichen. Alter und Lebenssituation (sie ist geschieden-Ben ihr Sohn nicht mehr auf sie angewiesen) haben auch Vorteile. Sie ist unabhängig in ihren Entscheidungen, wenn man von den finanziellen Nöten mal absieht.
Alles dreht sich um Neuanfang, um die Frage was bleibt, wenn vieles verloren ist.
Ihr ist bewusst, dass das neue Leben auf dem Land kein Spaziergang werden wird. Die ländliche Idylle lässt sich nicht lumpen und zeigt gleich zu Beginn, das sie auch anders kann. Die ersten Nächte sind schlaflos. Jagende Nachbarn und lärmende Waschbären sind Nachtgestalten deren Bekanntschaft sie bisher nicht machte, auf die sie jedoch mit der ihr eigenen Besonnenheit reagiert.
Rebecca ist eher Pragmatikerin als Romantikerin. Sie ist eigenständig, gewillt anzukommen. Nichts scheint wirklich mühsam zu sein. Es ist wie es ist.
Ihre Tage sind durchstrukturiert.
Die selbst auferlegte Ordnung gibt ihr Halt. Sie braucht einen Fahrplan um Sicherheit zu fühlen, erkennbare Routine im Alltag. Rebecca ist dort wo sie ist, das ist ihre große Stärke. Mit nahezu buddhistischer Gelassenheit nimmt sie die Höhen und Tiefen des Lebens an ohne sie zu bewerten. Sie erlebt sich weder als Berühmtheit noch als Versagerin. Sie ist Rebecca, sie lebt jetzt auf dem Land. Allein im Hier und Jetzt taucht sie in das Landleben ein, dass keineswegs so ereignislos ist wie es scheint. Seine Geheimnisse erschließen sich nur nicht auf den ersten Blick. Es gelingt Anna Quindlen im lockeren Plauderton den Alltag sichtbar zu machen, ohne alltäglich zu werden. Es ist ein ruhiger Fluss, unspektakulär, unaufgeregt, sachlich. Erst am Ende des Buches finden sich auch andere Töne.
Ich persönlich mag ja ländlich geprägte Romane ganz gern. Man kann sich so schön wiederfinden. Ich wohne auch ländlich und nächtliche Schüsse sind keine Seltenheit. Das außer Rehen, auch mal Katzen oder Hunde getroffen werden, muss als Kollateralschaden gewertet werden. Waschbären lärmen hier nachts noch nicht, aber Marder können ebenso viel Krach machen, neben unermüdlich rasenmähenden Nachbarn am Tage. Quindlens Roman ist kurzweilig und unterhaltsam, auch wenn das reale Landleben manchmal spannendere Momente bereithält.
Wie es ausgeht? Verrate ich natürlich nicht, wenn es sich auch erahnen lässt.
Zur Autorin: Anna Quindlen, 1952 geboren, ist erfolgreiche Autorin von Romanen und Sachbüchern. Ihre Kolumnen in der New York Times erhielten 1992 den Pulitzer- Preis.