Ein historischer Tiefpunkt für das Frauenboxen

Ich gebe zu, ich habe ernsthaft geglaubt, das Niveau wäre nicht mehr weiter zu senken. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur anführen, dass meine Phantasie wohl einfach nicht ausreichte, mir so etwas auch nur ansatzweise vorzustellen. Ich war ja so naiv! Ich war ja so blauäugig! Aber wer rechnet schon mit so etwas? Wer kommt schon darauf, dass einige Protagonisten des Frauenboxens – so wie es sich mir darstellt – ihren eigenen Sport zerstören wollen, und das mit einer solchen Inbrunst und einer schon fast bewundernswerten Konsequenz? Was mich zu dieser öffentlichen Selbstkritik treibt, ist die Bekanntgabe der nächsten Gegnerin von Elina Tissen. Wir erinnern uns: Frau Tissen wurde gerade erst von der WIBF zur Boxerin des Jahres gekürt, obwohl sie keinen einzigen WIBF-Kampf bestritten hat.
Eigentlich hört sich die Pressemeldung erst mal ganz harmlos an: „Elins Gegnerin für den nächsten Titelkampf am 26. März steht nun fest. Es ist die aus Derbyshire stammende Juliette Winter, die bereits mit Weltmeisterinnen wie Magdalena Dahlen, Nadia Raoui und der WIBF Weltmeisterin Esther Schouten im Ring gestanden hat und somit über eine Menge Erfahrung verfügt. 2006 gewann sie gegen die hochgewettete Shanee Martin den vakanten British Masters Female Title.
Nach zähen Verhandlungen mit Boxställen aus aller Welt wurde Promoterin Miriam Bohn sich vertragseinig mit dem in Birmingham ansässigen Manager Errol Johnson, der Juliette Winter langjährig betreut. „Ich freue mich, dass meine Gegnerin nun fest steht und ich mich somit nun auf diese einstellen kann“, so unsere Worldchampionesse Elin.“
Also die „Worldchampionesse Elin“, von der in boxrec kein Geburtsort vermerkt ist, boxt gegen eine Frau Juliette Winter, die „über eine Menge Erfahrung verfügt.“ Nun, das ist absolut richtig. Wenn man das eine Unentschieden in ihrem Kampfrekord den Niederlagen zuschlägt, so hat sie exakt doppelt so viele Niederlagen wie Siege. Somit hat sie wirklich „eine Menge Erfahrung“ – nämlich im Verlieren. Es lohnt sich, ihren Kampfrekord (12 Kämpfe, 4 Siege, 7 Niederlagen, 3 durch KO, 1 Unentschieden) einmal genauer anzusehen. Er beinhaltet nämlich, dass sie gegen keine der oben aufgeführten Gegnerinnen gewinnen konnte. Sie gewann auch kein einziges Mal vorzeitig. Ihren letzten Kampf (23.04.2010) verlor sie gegen eine Gegnerin (Alicja Dabrowska), die vorher nur einen einzigen Kampf bestritten hatte. Davor war Frau Winter 17 Monate inaktiv. Offensichtlich qualifizieren anderthalb Jahre Inaktivität plus eine Niederlage gegen eine Anfängerin Frau Winter dazu, um drei Federgewichts-Titel (Global Boxing Council, Global Boxing Union und der Interims Titel der Women’s International Boxing Federation) zu boxen. Wie können GBC, GBU und WIBF es überhaupt nur in Erwägung ziehen, einen solchen Kampf ernsthaft als Titelkampf zu sanktionieren?
Frau Winter ist auf Platz 32 der unabhängigen Weltrangliste. Sie hat im Laufe ihre Karriere von boxrec sage und schreibe drei Punkte für ihre Kämpfe bekommen. Damit hat sie immerhin 11 Boxerinnen hinter sich gelassen, die 2 oder nur einen Punkt haben. Und dahinter kommt schon das große Feld der Boxerinnen, die überhaupt keinen Punkt haben.
Es bedurfte also wirklich „zäher Verhandlungen mit Boxställen aus aller Welt“ von der „Promoterin Miriam Bohn“, um so eine solche Gegnerin zu finden! Also, ich bin der Meinung, wenn man schon unbedingt eine Gegnerin in dieser Güteklasse haben will, dann hätte man doch auch einfach die nächste Kassiererin an der Supermarktkasse fragen können. In meinen Augen bestünde das Problem dann eventuell darin, dass die Kassiererin eben nicht eine so spezifische „Erfahrung“ gesammelt hätte und dementsprechend womöglich gefährlicher werden könnte für „Elin The Mashine“ Tissen. Aber das ist nur meine ganz persönliche Meinung.
© Uwe Betker



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