Ein Gespräch mit Colin Goldner

aus der morgigen Jungen Welt:

Sympathie in der SPD für das Gefasel des Dalai Lama

Die Jungsozialisten in Bremerhaven wollen einen kritischen Vortrag über den »Gottkönig« verhindern. Ein Gespräch mit Colin Goldner

Interview: Peter Wolter
Colin Goldner ist kritischer Psychologe und Autor des Buches »Fall eines Gottkönigs«

Am 10. Februar halten Sie in Bremerhaven einen Vortrag, der sich kritisch mit Person und politischer Funktion des Oberhaupts der tibetischen Buddhisten Dalai Lama befaßt. Warum gibt es jetzt den Aufruf, Ihre Veranstaltung zu boykottieren?

Der geht von den Bremerhavener Jungsozialisten (Jusos) aus. Sie haben zum Boykott aufgerufen und die Stadtverwaltung aufgefordert, keine Räume für den Vortrag zur Verfügung zu stellen. Vor allem der örtliche Juso-Vorsitzende Denis Pijetlovic tut sich hervor mit einer Flut von Beleidigungen und Unterstellungen. Als Beispiel möchte ich ein vierseitiges Papier nennen, das er an Beförden und regionale Medien verschickt hat. Darin versucht er, mich in die extremistische Ecke zu stellen und schreckt nicht einmal vor der Frage zurück, ob man nach meinem Vortrag »demnächst Herrn Voigt von der NPD einlädt, damit der uns was aus ›Mein Kampf‹ vorliest«.

Die Stadtverwaltung hat auf diese Anwürfe bisher nicht reagiert. Auch die angeschriebenen Parteien, Gewerkschaften und kirchlichen Institutionen haben diesen wirren Boykottaufruf offenbar ignoriert.

Wie kommen die Jusos dazu, gegen gegen Kritik am Dalai Lama vorzugehen?
Das hängt wohl mit der desolaten Lage der SPD zusammen, sie will Punkte sammeln. Dazu setzt sie sich auch zu einem abgehalfterten »Gottkönig« ins Boot – und der hat immerhin bis zu seiner Vertreibung aus Tibet im Jahre 1959 einem der übelsten Herrschaftssysteme vorgestanden, die es je auf diesem Planeten gab. Unter seiner Mönchsdiktatur lebte die Mehrheit in unvorstellbarer Armut, unterdrückt und ausgebeutet von einer winzigen Oberschicht von Adligen und Geistlichen.

Obendrein kann die SPD mit ihrem Lob auch die antichinesischen – sprich: antikommunistischen! – Strömungen in der eigenen Partei bedienen. Und nicht zuletzt will sie die Themenbereiche »Esoterik« und »Spiritualität« wohl nicht völlig den Grünen überlassen. Nicht wenige SPD-Politiker hegen Sympathie für das Karma- und Wiedergeburtsgefasel, darunter die früheren Bundesminister Otto Schily und Heidemarie Wieczorek-Zeul oder der frühere Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag, Franz Maget.

Hat es derlei Boykottaufrufe oder Störaktionen schon öfter gegeben?
Bei nahezu jeder meiner Veranstaltungen zum Thema »Tibet« oder »Dalai Lama« versuchen Aktivisten der Free-Tibet-Szene zu stören. Besonders unangenehm war der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Herbert Rusche, der eine Lesung im Frankfurter »Club Voltaire« mit lautstarkem Dazwischengeplärre sprengen wollte. Gleich mehrfach unternahm das auch Wilfried Pfeffer, Leiter eines buddhistischen Zentrums und persönlicher Freund des Dalai Lama; desgleichen der frühere Vorsitzende der Tibetinitiative Deutschland, der Astrologe Klemens Ludwig.

Auf Betreiben der Österreichischen Buddhistischen Religionsgemeinschaft wurde sogar eine Veranstaltung an der Universität Graz, die lange angemeldet und genehmigt worden war, kurzfristig abgesetzt. Vor und nach jeder meiner Veranstaltungen gibt es konzertierte Leserbriefaktionen an lokale Medien, dazu jede Menge anonymer Beschimpfungen und Schmäheinträge in Foren und Blogs des Internets, vereinzelt auch Drohungen.

Lassen Sie sich davon beeindrucken?
Mittlerweile berührt es mich nicht weiter. Die Bremerhavener Jusos allerdings habe ich anwaltlich und in aller Form abmahnen lassen. Sollten sie weiterhin Randale machen, werde ich straf- und zivilrechtlich gegen sie vorgehen.

Der sich vor allem durch transzendentales Kichern auszeichnende Dalai Lama scheint an öffentlicher Aufmerksamkeit zu verlieren – haben Sie dafür eine Erklärung?
Tatsächlich hat das Image des Dalai Lama durch seine Rolle als Drahtzieher der gewalttätigen Ausschreitungen in Tibet vor den Olympischen Spielen 2008 erheblich Schaden genommen. Auch im Propagandaschach der Großmächte hat er unter den veränderten Bedingungen der Weltwirtschaft ausgedient. Gleichwohl nimmt er, ähnlich wie der Papst, immer noch einen Spitzenplatz unter den religiösen Hirnverneblern ein, weswegen ihm nach wie vor aufklärerisches Engagement gelten muß.


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