Tirpitz, der Vater der deutschen Hochseeflotte, machte Geschichte. Zum ersten Mal gelang es jemandem, ein deutsches Parlament dazu zu überreden, ein Gesetz mit langfristig bindender Natur zu beschließen, das die Rechte künftiger Parlamente einschränkte.
Die geplante Abschaffung der Genehmigung der jährlichen Marinebudgets bereitete den Abgeordneten schon Sorgen. Zwar waren ihnen die Schiffstypen, ihre Größe und Bewaffnung eigentlich egal. Doch welchen Sinn sollte ein Parlament noch haben, wenn ein früheres ihm verboten hatte, zu arbeiten?
"Wenn die Volksversammlung es zulässt, dass ihr ein Teil ihrer jährlichen Budgetrechte abgehandelt wird", schrieb das "Berliner Tageblatt", "wird sie den Ast absägen, auf dem sie sitzt." Auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung warnte: "Vom gegenwärtigen Reichstag wird tatsächlich erwartet, dass er seinen Nachfolgern einen Teil ihrer Rechte raubt."
Und so geschah es. Wie 111 Jahre später, als der deutsche Bundestag es kommenden deutschen Bundestagen untersagte, Schulden zu machen, die höher liegen als 0,35 % des Bruttoinlandsproduktes, beschloss der Reichstag mit 212 gegen 139 Stimmen das Flottengesetz, nach dem künftig eine bestimmte Zahl von Schiffen in jedem Jahr gebaut werden würde. Der Liberale Eugen Richter, der gegen das Gesetz gestimmt hatte, sagte voraus, wie es weitergehen würde: Für das große Deutsche Reich mit seiner großen, so werde man bald feststellen, prophezeite er, reiche eine kleine Flotte nicht aus. "Volldampf voraus wird es bald heißen."
Zwei Jahre später folgte das zweite Flottengesetz, das die Größe der deutschen Marine verdoppelte. Das Bauprogramm hatte nun einen Zeithorizont von 17 Jahren. Alfred Tirpitz wurde vom Kaiser in den Adelsstand erhoben. 1906, 1908 und 1912 folgten die Flottengesetze drei, vier und fünf. Aus den geplanten 19 Linienschiffen waren nun 41 geworden.