Ein Fall von Fehlsteuerung: Das EEG

Prof. Kemfert ist Abteilungsleiterin Energie am DIW und hat mir in einem Interview mit der WAZ (Link) endlich die Frage beantwortet, warum die Strompreise für Privatkunden steigen obwohl Überangebote an Wind- und Photovoltaikstrom die Preise an der Börse senken. Die meisten Bürger sehen darin eine Abzocke durch die Energieversorger (was verständlich ist).
Kemfert: Je niedriger der Börsenpreis ist, desto größer ist die Lücke zu den festen Vergütungssätzen, die die Erzeuger von Ökostrom erhalten. Diese Lücke muss die EEG-Umlage füllen. 
Aha. Keine weiteren Fragen. Also ein Fall von typischer, staatlicher Fehlsteuerung.
Beispiel:
Wenn an einem wolkenlosen Sommertag die Sonne am höchsten steht, speisen alle Photovoltaikanlagen ihre Höchstleistung ein. Der Strompreis an der Börse hat deshalb nicht mehr mittags seinen höchsten Wert. Am Samstag, 16. Juli 2011, lag er sogar auf Nachtstromniveau, also einem Preisniveau, das dem von Grundlastkraftwerken entspricht (Link). Das hängt allerdings inzwischen nicht mehr nur von der Erzeugungsstruktur ab, sondern auch die Nachfrage hat sich verändert. Die Mechanismen wie ein Strompreis zustande kommtn, haben sich trotzdem nicht verändert.
Einerseits:
Dass Photovoltaik -und auch Windkraft- jemals einen solches Potenzial entfalten könnte, das haben die Energieversorger früher stets bestritten - von Prof. Knizia (Ex VEW-Chef) bis zu den ersten Geschäftsführern der DEW21 in Dortmund. Insofern ein voller Erfolg der Solarfreunde.
Andererseits:
Je erfolgreicher Photovoltaik ist, d.h. je höher ihr Anteil an der Stromerzeugung, desto mehr muss die Förderung zurückgefahren werden. Sonst droht Dauersubventionsbedarf. Der niedrige Strompreis der Mittagsspitze spiegelt den "Erfolg" -im Sinne gewonnener Marktanteile- der Photovoltaik. Eine garantierte Einspeisevergütung auf überhöhtem Niveau ist nicht mehr nötig. Das ist so, als hätte man früher zu viele Spitzenlastkraftwerke am Netz gehabt und vom Staat eine Kompensation dafür verlangt.
Reformbedarf EEG: 
Es sollte mehr in die Richtung Selbstversorgung gehen. Wer selbst ein Kraftwerk betreiben will, der sollte zuerst seinen eigenen Bedarf damit decken und den Rest einspeisen, das ist der Sinn von Energieversorgungsnetzen. Wenn wir Mittags jetzt eine Strompreisdelle haben, ist das ein Zeichen für Überkapazitäten. Der Fokus der Einspeisevergütung ist inzwischen der Fehler im EEG.
Man braucht nicht mehr mit CO2 zu argumentieren, das dient nur der Rechtfertigung von Subventionen mit unterstellten Klimakatastrophen.  Auch das Argument "Verstärkung des Selbstversorgungsgrades" greift nicht ganz: Kohle für Grundlastkraftwerke importieren wir aus stabilen Ländern. Gas für Spitzenlast und GuD-Mittellast aus Norwegen und Russland. Gazprom ist ein Preistreiber, je unabhängiger wir von ihm sind, desto besser.
Wenn die Regierung etwas fördern sollte, dann ist es die Speichertechnologie. Aber: siehe Elektroautos. Bei der Batterietechnik sind wir etwas weiter gekommen, aber noch lange nicht am Ziel.
Kemfert hat den Zusammenhang richtig erklärt, zieht aber die falschen Schlüsse. Und bleibt -als Forscherin- die Antwort auf die wichtigste Frage schuldig:
Ich warne davor, das EEG abzuschaffen, die Investoren würden abspringen und die Energiewende käme zum Erliegen. Was wir brauchen ist ein marktfähiges System, das in der Übergangszeit das Nebeneinander von fossilen und erneuerbaren Energieträgern regelt. Der Markt regelt das nicht von allein.
Doch, wir sehen doch, dass der Markt das regeln könnte. Kemfert würde dagegen sagen: "Aber die Photovoltaikbetreiber brauchen Planungssicherheit, für Privatleute sind das hohe Investitionen." Ja, so ist das in der Energiewirtschaft: Sie ist kapitalintensiv. Deshalb muss man hier zielgerichtet, aber ohne Hektik rangehen. Schon heute wird in manches Spitzenlastkraftwerk auf Gasbasis nicht mehr investiert.
Kemfert sieht ein Dilemma darin, dass auch in der Übergangsphase alte Kohle- und Gastkraftwerke auslaufen und durch neue ersetzt werden müssen. Stehen diese aber erstmal, müssen sie auch ausgelastet werden und konkurrieren gegen die Regenerativen. Die Antwort auf dieses Dilemma lautet: Dann müssen diese neuen Kraftwerke entpsrechend niedriger dimensioniert werden. Genau darin liegt die Aufgabe.
"Kampf um Strom"
Was mich ärgert: Kemfert hat unter diesem Titel ein populärwissenschaftliches Buch veröffentlicht. Ein Blick in die Vorschau bei amazon (Link) hat mich etwas irritiert: Ich habe nichts dagegen, wenn sich Forscher allgemeinverständlich ausdrücken, das kommt leider nur selten vor. Aber das Niveau finde ich doch ziemlich platt. Und der Buchtitel, der an "Kampf um Rom" angelehnt ist, ist nicht ihre Erfindung. Dr. Kurt Berlo, heute beim Wuppertalinstitut, hatte in den 90ern zuerst die Idee zu diesem Titel: Für unsere damaligen Untersuchungen der Rekommunalsierung der Stromversorgung in Dortmund. Wir hatten es dann doch noch anders genannt.
Fazit:
Es ist irreführend, wenn Trittin und Co. es als Abzocke bezeichnen, wenn an der Strömbörse der Preis für Sonnenstrom sinkt, die EVU aber mit dem EEG ihre Preiserhöhungen begründen. Das EEG ist der Grund, warum wir trotz gesunkener Spotpreise draufzahlen.
Es war in der Anfangsphase richtig, die Regenerativen zu fördern. So sind alle Energieformen, die wir heute nutzen, anfangs ebenfalls gefördert worden. Aber wir müssen das CO2-Argument aus der Debatte nehmen, es fungiert nur als Joker für alle Rechnungen, die nicht aufgehen.
Wir können mit Selbstversorgung, Unabhängigkeit von Russland und Saudi Arabien argumentieren und mit den Exportchancen der Hersteller.

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