Quelle: Helmut Mühlbacher
Ihr Lieben,
heute Abend möchte ich Euch eine Geschichte von Jeannie Ecke Sowell erzählen:
„Ein Engel in Uniform“
„1949 war mein Vater gerade aus dem Krieg heimgekehrt. Auf jedem amerikanischen Highway konnte man Soldaten in Uniform sehen, die zu ihren Familien heimtrampten.
Leider wurde die Freude über seine Rückkehr bald überschattet: Meine Großmutter wurde sehr krank und musste ins Krankenhaus eingewiesen werden. Es waren ihre Nieren und die Ärzte sagten zu meinem Vater, sie brauche eine Bluttransfusion oder sie werde die Nacht nicht überleben.
Das Problem war, dass Großmutter die Blutgruppe AB negativ hatte, eine auch heute sehr seltene Blutgruppe, die aber damals extrem schwer zu beschaffen war, weil es keine Blutbanken oder speziellen Füge für den Bluttransport gab.
Man überprüfte die Blutgruppen der Familienmitglieder, aber keiner hatte die gesuchte – meine Großmutter lag im Sterben.
Weinend verließ mein Vater das Krankenhaus, um sämtliche Familienmitglieder zusammenzurufen, damit jedes die Möglichkeit hätte, sich von Großmutter zu verabschieden.
Während er den Highway entlangfuhr, kam er an einem Soldaten in Uniform vorbei, der zu seiner Familie heimtrampte. Völlig mit seinem Kummer beschäftigt, fuhr meine Vater an dem Soldaten vorbei, doch irgendetwas, das ihm nicht bewusst war, zog in an den Straßenrand. Er hielt an und wartete, bis der Fremde ins Auto eingestiegen war.Meine Vater war zu sehr außer Fassung, um den Soldaten auch nur nach seinem Namen zu fragen.
Als dieser bemerkte, dass mein Vater weinte, erkundigte er sich nach dem Grund. Unter Tränen erzählte mein Vater dem Fremden, seine Mutter liebe im Sterben, weil die Ärzte kein Blut mit ihrer Blutgruppe, AB negativ, hätten auftreiben können. Wenn sie vor Einbruch der Nacht kein Blut mit dieser Blutgruppe auftreiben würden, werde sie unweigerlich sterben.
In dem Wagen wurde es ganz still. Dann streckte dieser unbekannte Soldat seine Hand zu meinem Vater hin aus, den Handteller nach oben. Auf seiner Handfläche las die zweiteilige „Hundemarke“, die die Soldaten sonst um den Hals trugen. Die Blutgruppe auf der „Hundemarke“ war AB negativ.
Der Soldat sagte zu meinem Vater, er solle wenden und ihm zu dem Krankenhaus bringen.
Meine Großmutter lebte bis 1996, also noch siebenundvierzig Jahre, und bis heute kennt keiner in unserer Familie den Namen des unbekannten Soldaten. Aber mein Vater hat sich oft gefragt:
„War er ein Soldat oder ein Engel in Uniform?“
Quelle: Helmut Mühlbacher
Ihr Lieben,von unseren Lieben, von unseren Verwandten, Freunden und Bekannten, da erwarten wir Hilfe, wenn wir in Not sind.
Aber wenn uns in der Not ein fremder, völlig unbekannter Mensch hilft, der zu der Hilfe gar nicht verpflichtet ist, dann berührt uns das tief in unserem Herzen.
Der Soldat in unserer Geschichte, der im Zweiten Weltkrieg in Europa eingesetzt war, war auf dem Weg nach Hause zu seiner Familie. Nichts wäre verständlicher gewesen, als wenn er sich bemüht hätte, ohne weitere Verzögerung nach Hause zu kommen.
Doch er handelt anders: Er rettet einem Menschen das Leben, den er überhaupt nicht kennt und bewahrt damit eine ganze Familie vor dem Verlust der damals noch jungen Großmutter.
Ich werde manchmal gefragt, ob ich glaube, dass es Engel gibt.
Wenn damit Wesen gemeint sind, die an den Füßen nackt sind, die in weiße Kleider gekleidet sind und umherfliegen, dann glaube ich nicht an Engel.
Ich glaube aber ganz fest daran, dass uns in unserem Leben immer wieder Engel begegnen, Engel in der Gestalt von Menschen, Menschen, die uns in der Not helfen, die zu uns sagen: Ich bin für Dich da, ich helfe Dir! Das sind Menschen, die uns, wenn wir niedergedrückt sind, zur Seite stehen und uns ermutigen, nicht aufzugeben, die Hoffnung nicht aufzugeben, an uns selbst zu glauben und tapfer unseren Weg zu gehen.
Ich bin einigen solchen Engeln begegnet, besonders in meiner Kindheit und Jugend.
Eines ist aber wichtig, um Engel sehen zu können: Wir müssen aufhören, in der Dunkelheit zu sitzen, und wir müssen aufhören, nach unten auf den Fußboden zu blicken.
Wer Engel sehen möchte, der muss vor allem seinen Körper aufrichten, sich gerade machen, den Blick voll Hoffnung nach vorne richten und um sich schauen. Wer so durch die Welt geht, wird, auch wenn er tiefe Nöte durchlebt, mehr Engeln begegnen, als er glaubt. Es gibt viele stille Engel da draußen in Menschengestalt, die gerne bereit sind, uns zu helfen.
Aber wir müssen dahin gehen, wo sie sind. Engel kommen selten zu uns nach Hause in unsere Dunkelheit. Das kann man auch sehr fein an unserer Geschichte erkennen.
Wäre der Vater zuhause geblieben, dann wäre seine Mutter zweifellos gestorben.
Ich wünsche Euch einen friedvollen Abend und dass Euch auch ein hilfreicher Engel begegnen möge.
Seid lieb und herzlich aus Bremen gegrüßt
Euer fröhlicher Werner
Quelle: Karin Heringshausen