Als die Kleine ein Jahr alt war (Mai 2014), räumten wir die Wohnung um und richteten für beide ein gemeinsames Spielzimmer ein, in dem der Große auch schlief. Die Kinder bekamen das mit 20 qm größte Zimmer der Wohnung und wir schränkten uns etwas ein. Die Kleine schlief weiterhin bei mir, später stellten wir ihr Kinderbett zwar auch ins Kinderzimmer, aber sie wollte trotzdem weiterhin nur bei mir schlafen. Nach und nach kamen ihre Spielsachen dazu, zu Weihnachten 2015 auch ein Hochbett und es wurde immer als gemeinsames Kinderzimmer von uns proklamiert. Sie ging auch zum Spielen hinein, aber ich glaube, sie fühlte sich trotzdem immer wie ein Gast darin. Gefühlt war es das Zimmer des Großen, obwohl beide Namen an der Tür standen. Als die Kleine vor kurzem die ersten Gastkinder hatte, fragten diese gleich, wo denn ihr Zimmer sei. Da sie auch viel im Wohnzimmer spielte, vor allem, als sie noch kleiner war, befanden sich im Wohnzimmer einige größere Spielzeugsachen. Ihr Besitz war also überall verteilt und sie hatte keine richtige Anlaufstelle in der Wohnung. Früher war das kein Problem, aber je älter sie wurde, umso komischer wurde das.
Dazu kommt, dass die beiden wirklich überhaupt nicht miteinander spielen können. Leider beschäftigen sie sich aber auch nicht einzeln nebeneinander, sondern kleben aneinander, nerven, ärgern und piesacken sich. Die Kleine möchte gern mit dem Großen spielen und erwartet, dass er sich mit ihr abgibt. Der Große hat noch nie wie ein "normales" Kind gespielt und erwartet Bespaßung von einem Erwachsenen. Die Kleine stört ihn eher bzw. setzt ihn unter Druck mit ihrer Erwartungshaltung. Sind beide zusammen im Kinderzimmer, dauert es keine Minute, bis es Geschrei gibt. Die Kleine zetert, der Große ist genervt und wir müssen einschreiten und sie trennen. Das stresst uns unheimlich und schafft viel Unfrieden. Früher haben wir noch gedacht, das wird schon noch und sie werden sich zusammenraufen. Wir hatten auch die Hoffnung, das gemeinsame Kinderzimmer würde dazu beitragen. Nach nun 3 Jahren haben wir den Versuch aufgegeben.
Wenn der Große im September in die Schule kommt, wird er nachmittags sicher ziemlich kaputt sein und seine Ruhe brauchen. Die Kleine wird ihn stressen, wenn sie im Kinderzimmer spielt und er Hausaufgaben machen will. Ich werde nur damit beschäftigt sein, die beiden auseinanderzuhalten. Der Große möchte, wenn er seinen Freund zu Besuch hat, die Tür zum Kinderzimmer schließen. Die Kleine möchte mitspielen. Die Kleine möchte auch Besuch empfangen und ihr Spielzeug an einem Ort präsentieren, anstatt es in verschiedenen Zimmern zusammenzusuchen. All diese Überlegungen und Erfahrungen brachten mich dazu, ein eigenes Kinderzimmer für die Kleine in Betracht zu ziehen. Und da wir nur 4 Zimmer haben (Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer, Arbeitszimmer), gab es nur die Möglichkeit, das Schlafzimmer (11 qm) aufzulösen bzw. umzuwandeln, wo die Kleine und ich bis jetzt zusammen geschlafen hatten und was nur nachts genutzt wurde. Alle anderen würden dadurch nicht beeinträchtigt. Da es auch weiterhin ihr Wunsch ist, dass ich bei ihr schlafe, konnte das auch genauso gut ihr Kinderzimmer werden, in dem ich dann eben mit schlafe. Ich brütete ein paar Monate über dieser unkonventionellen Variante, aber es gab keine andere Lösung. Auch wollte ich es nicht soweit kommen lassen wie bei einem Freund von meinem Großen, der vor kurzem die Spielsachen seiner kleinen Schwester aus "seinem" Kinderzimmer rausgeschmissen hat. Also suchte ich ein entsprechendes Bett für das schmale Zimmer, überlegte, welche Möbelstücke und welches Spielzeug zu ihr wandern würden und überzeugte den Rest der Familie.
Die Kleine staunte jeden Tag darüber, was passierte, und wie ihr Zimmer immer mehr Formen annahm. Es war echt süß, wie sie sich freute, mithalf und alles in Beschlag nahm. Ich glaube, sie merkte dann erst selbst, wieviele Spielsachen ihr gehörten, waren diese doch früher überall verstreut. Den letzten Handschlag machte der Mann tatsächlich erst am Freitag Vormittag, bevor er den von seiner Kitafahrt zurückkehrenden Großen mittags vom Bus abholte. Als dieser nach Hause kam, staunte er nicht schlecht. Alles, was der Kleinen gehörte, war nun aus seinem Kinderzimmer raus, dafür waren andere Dinge hineingewandert. Und von Freitag zu Samstag schliefen wir zum ersten Mal im neuen Zimmer. Es ist eng, da das Zimmer sehr schmal ist, und noch nicht alles ist hundertprozentig praktikabel, aber es ist sehr gemütlich und nun wirklich ein eigenes kleines Reich für die Kleine, die als Zweitgeborene immer das Nachsehen hatte, nicht zuletzt deshalb, weil sie immer bei mir schlafen wollte und keine Notwendigkeit für ein eigenes Zimmer bestand.
Ich bin wirklich froh, dass wir das nun gemacht und geschafft haben und jedes Kind sein eigenes Revier hat. Ja, das war ursprünglich nicht meine Vorstellung und schränkt uns Erwachsene, vor allem mich, noch mehr ein als ohnehin schon. Angst habe ich z.B. vor Krankheiten meinerseits, da ich nun gar keinen Rückzugsort mehr für mich habe. Wir müssen sehen, wie das dann funktioniert. Ich hoffe aber, dass es die schwierige Geschwisterbeziehung etwas entzerrt, der Große mehr Ruhe nach seinem Schulstart hat und die Kleine sich zurückzieht und mehr auf ihr eigenes Spiel besinnt. Ich selbst hatte bis zum 15. Lebensjahr überhaupt kein eigenes Zimmer, da meine Familie zu viert in einer Zwei-Zimmer-Wohnung mit Wohn- und Schlafzimmer lebte, und nein, das war nicht angenehm. Im Nachhinein frage ich mich, warum meine Eltern nicht einfach im Wohnzimmer schliefen und uns beiden Kindern das Schlafzimmer überließen. Aber die Zeiten waren eben anders, und die Bedürfnisse von Kindern weniger wert. Wir haben uns nun so entschieden, gegen unseren ursprünglichen Plan eines gemeinsamen Kinderzimmers, und ich bin gespannt, ob und wie sich das Zusammenleben verändern wird.
Wie ist das bei euch, haben eure Kinder ein gemeinsames oder getrennte Kinderzimmer, wie klappt das und ist es so, wie ihr euch das vorgestellt habt?