Am Montag kam Dietrick Gama direkt vom polizeilichen Verhör zu mir. Bei dem Namen “Gama” spitzen die Leute hier ungefähr so die Ohren wie in Regensburg beim Namen “Thurn und Taxis”. Alle nennen ihn “Zulu”, denn seine Vorfahren haben das Volk der Wangoni vor über 150 Jahren aus dem Zululand in Südafrika hierhergeführt. Sein Vater war noch bis 1962 der Nkosi, was man auf Deutsch mit “König”, “Sultan” oder “Häuptling” übersetzt hat. In der Zulu-Strophe der südafrikanischen Nationalhymne wird sogar Gott so angeredet. Tansania hat gleich nach der Unabhängigkeit alle traditionellen Stammesführer entmachtet, sonst wäre sein älterer Bruder heute Herr über einige Hunderttausend Menschen.
Zulu arbeitet in der Autowerkstatt der Abtei, und vor ein paar Monaten beauftragte Br.Dominik ihn, einen Weg mit einem kleinen Bulldozer zu verbreitern. Bei dieser Arbeit sind zwei jahrzehntealte Gräber zerstört worden, die nur mit Mühe zu erkennen waren. Das gab große Aufregung, auch, weil es hier die Furcht gibt, dass die Toten ihre Gräber verlassen und den Lebenden schaden könnten. Nach der ersten Aufregung schien die Sache im Sande zu verlaufen, aber am Freitag wurde Zulu dann für Montag zum “Regional Crime Officer” vorgeladen. Und am Dienstag flatterte eine weitere Vorladung, diesmal für Br.Dominik, auf meinen Schreibtisch. Darin ist der Vorwurf erwähnt: “knowingly and deliberately paying and ordering the destruction of locals’ cemetery” – er soll “wissentlich und absichtlich die Zerstörung des Friedhofes der örtlichen Bevölkerung bezahlt und angeordnet” haben. Dominik ist zum Glück zur Zeit in Deutschland.
Bis hier hatte ich diesen Blog-Artikel schon vor einer Woche geschrieben, aber dann gab es zwei Entwicklungen, die mir den Spaß an diesem Artikel ziemlich verdorben haben. Zum einen erfuhr ich von den alten Missionaren hier, dass dieses Verfahren durchaus sehr ernst zu nehmen sei. Sogar von einer möglichen Gefängnisstrafe war die Rede. Zum anderen hat Br.Dominik in Deutschland mit Rücksicht auf seine Gesundheit entscheiden müssen, nicht wieder nach Afrika zu gehen. Da ich weiß, dass ihm diese Entscheidung nicht leichtgefallen ist, und weil ich ihn vermisse, bin ich erst einmal traurig.
Das Foto zeigt ihn in dem Café, das er mit viel Liebe und Einsatz ausgebaut hat. Ich habe es vor über vier Jahren aufgenommen; damals steckte er noch voller Energie, und die Parkinson-Krankheit schien ihm nichts anhaben zu können.
Ein echter Prinz und zwei zerstörte Gräber
Autor des Artikels : rsk6400
Zum Original-ArtikelErlebnisse eines deutschen Mönchs im Alltag auf Kuba.