Ein deutscher Reflex kehrt zurück: raus aus dem Euro, her mit der Mark – wir sind stark

Aus einer Befragung, die das Meinungsforschungsinstitut YouGov am Mittwoch veröffentlichte, sagen 69 Prozent der Befragten, dass Griechenland aus der Eurozone ausscheiden sollte. Nur 17 Prozent der Deutschen sind für einen Verbleib. Sehr skeptisch sehen die Deutschen auch die Zukunft der Europäischen Union und ihrer Gemeinschaftswährung. Nur eine knappe Mehrheit von 52 Prozent würden bei einem Referendum dafür stimmen, in der EU zu bleiben. 29 Prozent würden sich nach der Umfrage dafür entscheiden, die EU zu verlassen. Rund jeder fünfte Deutsche (21 Prozent) rechnet damit, dass der Euro die kommenden zehn Jahre nicht überleben wird und dass die Euro-Länder wieder ihre alten Währungen einführen.

Eilig inszenierte Mini-Umfragen in den Deutschen Städten, die durch fast alle deutschen Sendern zwischenzeitlich durchgeführt wurden, brachten ein ähnliches Echo. “Wir wollen die D Mark zurück, Der Euro hat abgewirtschaftet, ich wusste schon immer, dass der Euro alles teurer gemacht hat, die Griechen haben über ihre Verhältnisse gelebt und wir müssen es nun zahlen, wir sind Zahlmeister… ” Nur ein kleiner Ausschnitt der zahlreichen qualifizierten Kommentare des Volkes zum Thema Währung, Deutschand und EURO. Der Deutsche scheint sich wieder auf seine alten Tugenden als Einzelkämpfer und strebsamen, besser wissenden Gutarbeiter zu besinnen, und das ist gut so, weil es vielleicht Stolz und Patriotismus zurückbringt. Oder? Bei all den Forderungen und in allen Kommentaren gibt es einen aufälligen Duktus. Die anderen sind Schuld. Das System ist ok. Aber die anderen…aber am besten ist das Deutsche System. Wertarbeit eben. Im Notfall sind die anderen, dann nicht mehr die faulen korrupten Griechen, oder die Mafia regierden Italiener, oder die wild um sich bauenden Iberer, nein, dann sind es die Hartz 4 Schmarotzer zum Beispiel, oder die Italiener von Außen, die Hartz beantragt haben. Natürlich auch die Türken, die vielen.

Wieder einmal, so ist zu befürchten, hat der deutsche Michel nichts verstanden und die Ursachen der Krise mal wieder an falscher Stelle verordet. Es ist nicht das marode System des Marktradikalismus, nicht die völlig enthemmte und von aller Realität los gelösten Finanzwirtschaft, nein, es sind die Menschen, vor allem die anderen Menschen, die schuldig sind. Immer nur die anderen. Der Schrei nach der mächtigen Mark wird laut, so, wie man schon immer großmäulig und völlig verpeilt nach dem großen Führer geschrien hat, sobald es mal eng wurde. Bitte, lasst diese deutsche Spezialität nicht schon wieder dominieren.

René Brandstädter – humanicum


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