Ein Dank an Wladimir Klitschko und eine Frage an die ARD

Der Kampf ist vorbei. Wladimir Klitschko (64 Kämpfe, 61 Siege, 51 durch KO, 3 Niederlagen, 3 durch KO) ist weiter Schwergewichtsweltmeister der IBF (International Boxing Federation) und der WBO (World Boxing Organization) und der Super Champion der WBA (World Boxing Association). Der Ukrainer besiegte Alexander Povetkin (27 Kämpfe, 26 Siege, 18 durch KO, 1 Niederlage) klar und eindeutig nach Punkten. Der russische Herausforderer zeigte vor heimischem Publikum eine tapfere, wenn auch etwas uninspirierte Leistung. Zugetraut hatte ihm das durchaus nicht jeder. Auch ich nicht, schließlich hatte er sich ja durch lange und harte Arbeit den Titel „zaghafter Zar“ bei mir erworben. Diesen Titel ist er nun los. Vermutlich ist er auch seinen Quasi Weltmeister Titel der WBA los.
Der Kampf selbst war auf eine spezifische Art langweilig, und das obwohl Povetkin in der zweiten Runde einmal und in der siebten Runde dreimal zu Boden ging. Das kam daher, dass einerseits Klitschko sich auf seinen Herausforderer legte, um den Infight zu verhindern. Andererseits bückte sich Povetkin ab, um Schläge zu vermeiden.
Grundsätzlich hätte es schon eine ganze Reihe von Gründen gegeben, für Povetkin zu sein. Die Dominanz von Wladimir Klitschko macht das Schwergewichtsboxen einfach langweilig. Dementsprechend hätte ein Sieg des Quasi-Weltmeisters für Bewegung gesorgt. Auch hätte Sauerland Event mit einem richtigen Schwergewichtsweltmeister auch in Zukunft einen lukrativen TV Vertrag. Das wiederum wäre positiv fürs Profiboxen in Deutschland.
Trotzdem, meine Sympathien waren, wie schon seit Jahren nicht mehr, auf der Seite von Klitschko. Warum ich für den Titelträger war? Die Antwort heißt Alexander Wladimirowitsch Povetkin. Povetkin steht einfach für vieles, was ich nicht mag. Zunächst mal bringt der in Tschechow lebende und für Sauerland boxende Povetkin in Interviews kein einziges deutsches Wort über die Lippen. Klar könnte man sagen, dass das doch eigentlich nur seine Sache ist. Was mir an seiner Entscheidung aber seltsam aufstößt, ist, dass er sich doch immerhin seit Mitte 2005 von den Rundfunkgebühren der Deutschen bezahlen lässt. Der berliner Veranstalter nämlich, der ihn bezahlt, bekommt ja sein Geld von der ARD. Ich möchte hier keine Diskussion um Integration vom Zaun brechen. Um die geht es hier ja gar nicht. Hier versucht sich vielmehr jemand ostentativ abzugrenzen.
Der mit deutschen Rundfunkgebühren doch wohl recht gut ausgestattete Povetkin leistet sich den Luxus, sein Boxen als eine Art Nebenerwerb zu betreiben. Im Hauptberuf sitzt er als Abgeordneter und Mitglied der Kremlpartei „Einiges Russland“ im Gebietsparlament der Oblast Kursk. Er steht dafür, dass in Russland Demonstranten einem Prozess wegen bandenmäßiger Piraterie entgegensehen müssen. Er steht dafür, dass Frauen für ein 41 Sekunden langes Punk-Gebet Jahre im Gefängnis sitzen müssen. Er steht dafür, dass unliebsame politische Kontrahenten in Geheimprozessen zu langen Lagerhaftstrafen verurteilt werden. Er steht dafür, dass Homosexuelle verfolgt werden – und noch für vieles andere. Ganz sicher aber steht er, soweit ich es jedenfalls übersehen kann, nicht für Demokratie und Toleranz.
Sollte es bis dato noch irgendwelche Zweifel an seinen Überzeugungen gegeben haben, so hat er sie selber vor seinem Kampf gegen Klitschko zerstreut. Povetkin, der sich mittlerweile den Kampfnamen „Russischer Ritter“ gegeben hat, trat bewusst nationalistisch auf. Erstmal trug er vor dem Kampf ein T-Shirt mit dem Aufdruck. „Wer zu uns mit dem Schwert kommt, wird auch durch das Schwert umkommen.“ Bei einem anderen Auftritt trug er auf seiner Brust ein Bildnis von Zar Alexander III und Sprüche wie „Wir sind Russen! Alles für Russland!“ Er hat auch passende Tätowierungen. Dann verkündete er vor dem Kampf: „Ich erinnere mich immer daran, dass ich die Ehre des russischen Volkes verteidige.“
Ich jedenfalls bin froh, dass Alexander Povetkin nicht ein richtiger Weltmeister wurde, denn er hätte diesen Titel wohl für nur für seine politischen Zwecke ausgenutzt. Danke Wladimir Klitschko!
Povetkin bekam für den Kampf, den RTL übertragen hat, eine Börse von rund 4,3 Mio. Euro. Geht man davon aus, dass Sauerland Event 33,33% davon kassiert, also 1.433.190 Euro, dann bleiben ihm aber immer noch 2.866.810 Euro. Das ist auch für einen russischen Abgeordneten kein schlechtes Zubrot. Man kann weiter davon ausgehen, dass Povetkin in den letzten Jahren, mit Hilfe der Rundfunkgebühren – und seit geraumer Zeit mit Hilfe des Rundfunkbeitrags – insgesamt schon eine ganz nette Summe in Deutschland verdient hat.
Ich frage mich nun aber schon, wieso eigentlich die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland noch Povetkin Kämpfe zeigen sollte. Oder noch mal anders gefragt: Wie ist die Finanzierung eines russischen Politikers, nämlich Alexander Wladimirowitsch Povetkin, überhaupt vereinbar mit dem Auftrag der ARD?
© Uwe Betker



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