Ein Branche am Pranger

Von Christian Sickendieck
Vodafone erlebt auf Facebook derzeit einen Shitstorm, der es in den letzten Tagen bereits in die etablierten Medien geschafft hat. Wenn man sich allerdings die Kommentare anschaut, steht nicht Vodafone am Pranger, sondern eine gesamte Branche - immer wieder wird darauf verwiesen, dass die angesprochenen Probleme nicht nur Vodafone betreffen, sondern auch alle anderen Anbieter wie die Telekom, O2 und E-Plus.
Die einfachste Lösung wäre es nun, in das Geheul der Wölfe mit einzustimmen. Dafür war ich noch nie der Typ. Vielmehr möchte ich der Gesellschaft ein "Selbst schuld" und den Kunden ein "Lest Eure Verträge" zurufen.
Für eines der großen Telekommunikationsunternehmen ist es heutzutage eine Gratwanderung zwischen dem, was der Kunde bereit ist, zu bezahlen und dem, was beim Service noch übrig bleibt. Gerade im DSL/Festnetzbereich wird bei den Mitbewerbern der Telekom kein Geld mehr verdient. Allein für die letzte Meile müssen Vodafone, O2 und E-Plus für jeden Kunden jeden Monat 10,06 Euro an die Telekom bezahlen. Bleiben bei einem 30-Euro-Paket 20 Euro übrig. Davon müssen die restlichen Gebühren und die gesamten Kosten getragen werden.
Mehr gibt der Markt derzeit kaum her, Kabel-Anbieter, die auf ihr eigenes Kabelnetz zurückgreifen können, sind mit 20-Euro-Paket auf dem Markt, dazu kommen lokale Anbieter, die eigene Glasfasernetze verlegen, so habe ich hier eine 100.000er-Leitung - das ist dann doch ein wenig schneller als eine 16.000er-Kupferleitung. Bei der Telekom muss auch erwähnt werden, dass sie gesetzlich verpflichtet ist, jedem Teilnehmer in Deutschland zumindest einen Telefonanschluss zur Verfügung zu stellen.
Im Mobilfunk wird Geld verdient, zukünftig mit LTE, wo alle Anbieter Milliarden investiert haben, doch diese müssen erst einmal amortisiert werden. Der normale DSL/Festnetzbereich ist von den Anbietern ein Dienst am Kunden, nicht mehr, aber auch nicht weniger, das sollte man nicht über- aber auch nicht unterschätzen. Es bleibt festzuhalten: Das Kupferkabel ist ein Auslaufmodell.
Als größtes Problem wird dabei häufig die telefonische Kundenbetreuung genannt - im Normalfall Call Center genannt. Neulich stand im Abendblatt ein wunderbarer Artikel, den ich aus eigener Erfahrung nur bestätigen kann. Zitat:
Was Sie tun können? Seien Sie freundlich. Dann ist die Chance höher, dass man sich um Ihr Anliegen kümmert.
Eines ist klar: Wenn man Irgendwo anruft, die Person anschreit, unfreundlich ist, muss man sich nicht wundern, wenn diese nach Schema F vorgeht, eventuell sogar auflegt. Auch das ist mir persönlich schon passiert. Ich war sauer, mein Internet lief nicht (böse Falle) und fühlte mich im Stich gelassen. Als ich freundlich, im normalen Tonfall mit meinem Kundenbetreuer geredet habe, war das Problem schnell gelöst, bei der Telekom wie auch bei Wilhelm.tel. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.
Wenn die PC Welt davor warnt, dass bei Vodafone der WLAN-Router mittlerweile bezahlt werden muss, dann frage ich mich, ob die Leute ihre Verträge lesen. Ein Blick auf vodafone.de zeigt mir, dass dies klipp und klar kommuniziert wird. Wenn ich die Geschichten in den Medien lese über horrende Roaming-Gebühren, die im Ausland angefallen sind, dann sage ich mir "selbst schuld". Mit Naivität hat das nichts mehr zu tun - und erst Recht nicht mit Abzocke der Telekommunikationsunternehmen, auch wenn die Kosten nun gedeckelt worden sind.
Sicher, auch bei Vodafone, der Telekom, O2 und E-Plus werden Fehler gemacht. Betrifft das Rechnungen, ist es besonders ärgerlich und kann die Existenz bedrohen. Jedoch besteht bei Abbuchungen immer die Möglichkeit, die Lastschrift bei der Bank zurückgehen zu lassen. Zudem setzen die angesprochenen Unternehmen bei Reklamationen eine sogenannte Mahnsperre - bis der Fall geklärt ist, ist der Buchhaltung praktisch die Tür zugeschlagen.
Und eine Störung dauert halt so lange, wie sie dauert. Auch da gibt es wenige Extremfälle, klar, doch im Regelfall ist innerhalb 48 Stunden wieder alles in Ordnung. Zudem muss auch darauf hingewiesen werden, die letzte Meile gehört der Telekom, das heißt, oftmals sind zwei Unternehmen im Einsatz. Bei Neuanschaltungen und Umzügen sogar die Bundesnetzagentur. Jeder Kunde muss bei der Bundesnetzagentur an- und abgemeldet werden.
Mir sind Zahlen eines großen Anbieters bekannt. Täglich gibt es dort eine mittlere Anzahl im fünfstelligen Bereich von Neuanschaltungen und Umzügen zu bearbeiten. Dabei kommt es bei 10% der Fälle zu Rückfragen des Kunden. Dazu zählen neben Reklamationen und verpatzten Technikerterminen auch Anfragen zur Uhrzeit des Technikertermins oder die Kosten, alltägliche Dinge. Bei weit über 90% aller Fälle läuft alles glatt.
Eines sollte auch nie vergessen werden: Es melden sich immer die Leute zu Wort, die ein Problem haben. Niemals liest man, dass man mit seinem Anbieter keine Probleme hat. Wenn man Festnetz- und Mobilfunkanschlüsse in Deutschland zusammenrechnet, kommt man auf eine Zahl weit im dreistelligen Millionenbereich. Die Fälle, über die man immer wieder liest, die zugegeben teils unfassbar sind, sind schlicht und ergreifend Einzelfälle.
Wir leben in einer Zeit, in der man auch mal sagen muss: Der Kunde will es nicht anders. Wer ist schon bereit, monatlich für das 30-Euro-Paket 60 Euro zu bezahlen? Jetzt wird vielleicht der eine oder andere Kunde "Hier" aufschreien, wenn der Service dadurch garantiert verbessert wird - doch sind auch das Einzelfälle. Was bleibt, ist der gordische Knoten: Der Kunde wechselt aus Kostengründen alle zwei Jahre den Anbieter um das Neukundenangebot abzugreifen, fordert gleichzeitig aber das All-Inklusive-Service-Paket.
Das passt einfach nicht zusammen.

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