Ein Blick über den Himmelsrand – The Elder Scrolls V Skyrim

Skyrim-TitelEs gibt solche und solche Spiele. Manche Spiele kann man gemütlich in 10 Stunden oder weniger durchspielen und bei manchen ist man nach über 100 Stunden noch nicht am Ende. Zur zweiten Kategorie gehören meist RPGs und darum fällt auch The Elder Scrolls V – Skyrim in diese Kategorie. Aber warum ist das so? Hier mein Erklärungsversuch…

Alchemie statt fiktive Wissenschaft

Idylle - Mädels im WaldIch bin eigentlich kein großer Fan von Fantasy. Will sagen: Ich spielte bisher eher Knights of the Old Republic, Mass Effect (ok, kann man sich streiten, ob das als Rollenspiel durchgeht), Fallout oder – online – lange Zeit City of Heroes anstelle von Everquest, Might and Magic, Ultima oder den Elder Scrolls Titeln. Aber mit dem fünften Teil der Serie haben sie mich gekriegt. Oh, versucht habe ich’s schon beim vierten Teil “Oblivion”. Aber irgendwie kam nach einer Stunde Flucht und ein wenig ziellosem Herumlaufen da nicht so recht Freude auf. Wer bin ich und was mache ich eigentlich hier? Da landete es dann irgendwann in der virtuellen Ecke und ward nicht mehr gespielt.

Ja'nin und BegleitungSkyrim macht hier eigentlich nicht viel anders, aber irgendwie den Einstieg leichter. Nach einem überschaubaren Bastelprozess für den eigenen Avatar werden wir zu einer Festung gefahren und sollen mit anderen hingerichtet werden. Bevor man sich darüber wundern kann erscheint aber ein Drache und löst helle Aufregung aus, in der wir mit reichlich Unterstützung gemütlich fliehen können und dabei die ersten Tutorials für Bedienung durchlaufen und einige Grundfähigkeiten erlernen. Wir können wählen, ob wir uns als Krieger, Magier oder Dieb durch das Land Himmelsrand bewegen wollen, das aus mehreren Verwaltungsgemeinschaften besteht und in dem wir offenbar ein Neuankömmling sind. Schon in den ersten Stunden lernen wir viele NPCs kennen und zu der ersten Hauptquest gesellen sich munter weitere.
Die Stimmung ist geladen, denn derzeit bekriegen sich die Jarls in Himmelsrand, weil sich einige den Kaiserlichen Truppen zugehörig fühlen, andere aber Jarl Ulfric und seinen Mannen folgen, weil er den Thron als Großkönig beansprucht. Aber nicht nur in diesem Konflikt können oder müssen wir Position beziehen. Einen richtigen Aha-Moment hatte ich erst nach drei oder vier Stunden, als ich, Verzeihung, meine Avatarin Ja’nin, die zu Beginn noch die Flucht vor einem Drachen ergriffen hatte, vom Jarl in Weißlauf gebeten, nein eigentlich genötigt werde, einen Drachen zu töten, der die Stadt bedroht. Als das erledigt ist verbrennt der Drache in meiner Nähe und ich sauge seine Seele in mir auf, woraufhin sich herausstellt, dass ich ein sogenanntes Drachenblut bin und mir besondere Fähigkeiten zur Verfügung stehen. Ab da wird es auch noch etwas esoterisch, aber Magie gehört eh fest zur fantastischen Welt, die sich ab dann erst richtig entfaltet. Damit beginnt die spannende Hauptquest, die man aber schon bald zugunsten einer der tausenden Unter- oder Nebenquests vernachlässigt. Denn die Welt von Himmelsrand bietet schier endlose Möglichkeiten…

Reisebüro überflüssig…

Klappe zu, Drache totGroße Städte kann man per Kutscher erreichen, aber die meisten Orte erscheinen erst dann auf der Karte, wenn man sich Himmelsrand erläuft und die Orte findet. Festungen, Häuser, Minen, Mammutgräber, zig Dungeons, Zwergenruinen oder Drachenhorte sind neben Dörfern und Städten weiträumig über Himmlelsrand verteilt. Da drücken die virtuellen Stiefel schonmal. Nebenbei lernt man mit einer oder mehreren Waffen (Einhand, Zweihand und Bogen) umzugehen, was für das Überleben essentiell ist. Diese kann man wie auch Rüstungen selbst zu schmieden lernen, zum Basteln (craften) und Verbessern benötigt man Metalle oder andere Ressourcen, die man kaufen oder sammeln kann. Geld verdienen kann man durch Handel, durch harte Arbeit (Holz hacken zum Beispiel) oder natürlich Diebstahl. Für jede Gruppe in Himmelsrand gibt es einen umfangreichen Questbaum um sich eben bei den Zauberern, den Dieben, den Assassinen oder den Söldnern bekannt und beliebt zu machen. Wir sind aufgefordert unzählige verzauberte Waffen aus Gruften zu bergen, Nachrichten oder Gegenstände von A nach B zu tragen, zu Morden und Armeen anzuführen, Bücher zu finden, Magie zu entschlüsseln oder zu erlernen, Champion mysteriöser Götter zu werden und auch das letzte Geheimnis der Jahrhunderte zu lüften, für das sich bislang niemand so richtig interessiert hat. Wem das noch nicht genügt, der kann in seiner Freizeit auch Häuser kaufen und einrichten, mit DLC sogar sein eigenes Anwesen bauen, sich Frau oder Mann suchen, heiraten und Kinder adoptieren. Hier gilt ganz einfach der Hornbach-Spruch: Es gibt immer was zu tun!

Riesenzeh für lecker SüppchenEin simples Wiedergeben der Questsnarration scheint kaum beschreiben zu können, was Skyrim für Möglichkeiten bietet, wie viele Entscheidungen wir treffen können um unsere Charaktere zu definieren und dadurch eben auch die Welt umzugestalten. Für den Einsatz unserer Fähigkeiten, also Nutzung von Waffen, das Verzaubern, für Alchemie, Schleichen oder Schlösserknacken bekommen wir Fähigkeitspunkte, haben wir davon genug, steigen wir eine Stufe auf und können aus einer nach Fähigkeiten sortierten Liste neue Perks zur Verbesserung eben jener Fähigkeiten aussuchen. Sie sind den drei Klassen Kämpfer, Magier und Dieb zugeordnet, man kann sich also gezielt in eine Rolle hineinspielen. Besondere Fähigkeiten oder Verbesserungen verleihen uns auch magische Steine, göttliche Segen oder magische Gegenstände wie z.B. Kleidung, die wir am Körper tragen können und vielleicht sogar selbst mit einem Seelenstein verzaubert haben.

Ein Spiel für jede Lebenslage

Haus Windstad - Im Schnee Haus Windstad - Tagsüber Haus Windstad - Früher MorgenSkyrim vereint im Grunde das Beste aus Rollenspiel, Lebenssimulation und Ego-Shooter. Wer eher ein Freund der Sims ist, findet zig Rüstungen, die man frei kombinieren kann, um so einen ganz neuen Look zu basteln und zig Häuser, die man einrichten kann und in denen man erbeutete Gegenstände ausstellen kann. Wer eher ein Freund des Erkundens ist, der findet eine riesige Welt (die sich mittels DLCs und durch zahlreiche Mods noch erweitern lässt), die es zu bereisen gilt, was manchmal kann schön gefährlich sein kann. Wer gerne durch die Gegend schleicht, kann nach Lust und Laune Geld, Wertsachen und Gebrauchsgegenstände stehlen und verkaufen, so seinen Besitz vermehren und das Geld in neue Statussymbole wie diese goldene Elfenrüstung oder das Diadem der Beschwörung investieren. Man kann einem Riesen mit dem Kampfhammer frontal entgegentreten oder sich aus dem Hinterhalt mit dem Bogen und Ebenerzpfeilen an einen Ork anschleichen. Und wie aus dem Nichts erscheinen immer wieder Drachen, die ganz besondere Belohnungen preisgeben, wenn man sie denn besiegt. Und die vielen kleinen Geschichten aus den Quests halten all dies zusammen, lassen eine lebhafte Spielwelt entstehen, in denen wir uns Freunde oder eben Feinde machen können.

Und die Spielwelt sieht auch noch gut aus, insbesondere wenn man mit einigen gezielten Mods (besonders simpel per Steam-Workshop) noch nachhilft. Die Landschaft ist (insbesondere in HD) überaus beeindruckend und erstreckt sich von vereisten Meeren über schneebedeckte Gebirge und dazwischen dichte Wälder und karge Steppen. Zugegeben, es wirkt alles eher skandinavisch, einen sonnigen Strand oder einen tropischen Regenwald findet man nicht.

Wenn sich das Pferd im Drachen verkeilt: unbezahlbarKann man auch ewtas Negatives sagen? Nun ja, hin und wieder fallen überraschend Drachen vom Himmel, die sich nach einer Schrecksekunde als tot entpuppen. Manchmal auch nur die Skelette. Es gibt also durchaus unschöne Bugs aber mir ist bei 125 Stunden Spiel nur ein beinahe Showstopper aufgefallen, da musste ein Savegame ran. Womöglich liegt’s auch an den Mods, genau weiß man das nicht. Je höher man im Level steigt, desto besser hat man die Gegner im Griff, was irgendwann zu einer fast unfairen Überlegenheit führen kann. Wenn dann ein Drache mit einigen gezielten Bogenschüssen meiner Begleiterin nur darauf wartet von mir beidhändig niedergestreckt zu werden, der Kampf nur eine Minute dauert, dann mag der ein oder andere das als Unterforderung empfinden.

Mit Schwert in den Sonnenuntergang...Aber das sind wirklich nur die kaum sichtbaren Kratzer in einer vernachlässigbaren Ecke des Gorillaglases am iPhone. Stört im Grunde nur wenig. Was man hier geboten kriegt, wenn man sich drauf einlasssen will, ist ganz großes Rollenspiel mit mehr Möglichkeiten als man in einer einzigen offenen Spielwelt unterzubringen vermag. Da tut mir keine der 125 Stunden leid, die ich mittlerweile investiert habe. Und über die Feiertage könnten es noch einige mehr werden, damit ich mal die erste Hauptquest beenden kann. Passenderweise kann man sich dann auch den Weihnachtsmann zum Begleiter modden. In diesem Sinne: Fröhliches Drachentöten!

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