Veröffentlicht am 18. September 2014 | von Arne Nostitz-Rieneck
0Ein Augenblick Leben
Ein Augenblick Leben Arne Nostitz-RieneckWertung
Summary: Langatmige Aneinanderreihung von Bildern und pathetischen Voice Overs: Ernüchternd, intim und leider größtenteils uninteressant.
1.5
Dokumentation
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Ein Augenblick Leben, eine Dokumentation über Momente eines Lebens und die Gedanken vor dem Tod, die leider jeden Augenblick in zu langes Starren streckt. Selten noch schafft es ein Film einem das Gefühl zu vermitteln, sich aus Respekt dem Inhalt gegenüber nicht langweilen zu dürfen und einen doch 84 Minuten lang an den Abgrund eines tiefen und festen Schlafes zu treiben.
Bei Ein Augenblick Leben, dessen Titel so unverschämt nahe an der Spätsommer Rom-Com Ein Augenblick Liebe schrammt und dadurch einen völlig falschen Eindruck vermittelt, versucht Regisseurin Anita Natmeßnig das Versprechen an Protagonisten Robert Linhart einzulösen, einen Film über ihn zu machen. Die Interviews, die Natmeßnig für ihren Film Zeit zu gehen (2006) geführt hat, werden hier zu Spielfilmlänge gestreckt und mit ewig gleichen Bildern einer U-Bahnfahrt über die Donau zusammengeklebt. Leider ist eine Dokumentation aber kein Gulasch – sie schmeckt aufgewärmt nicht besser.
Fernsehen und Kino sind voll mit Krimis und Toten und doch verschließen wir unsere Augen vor dem wahren Tod. In Ein Augenblick Leben erlebt man aber Hautnah den Verfall des an Lungenkrebs erkrankten Robert Linhart – und wird immer und immer wieder damit konfrontiert, blickt in die manchmal noch auffunkelnden Augen des 53 Jährigen, der wegen seiner Krankheit um vieles älter wirkt. Linhart öffnet seine Wohnungstür und man darf einen Einblick erhaschen in sein Leben, seine Erinnerungen und seine Träume und hätte so vielleicht die Möglichkeit über sein eigenes irdisches Dasein zu philosophieren. Leider übertönt die Filmschaffende die eigenen Gedanken, in dem sie über die wahllos zeit-vertreibenden Bahnfahrten pathetisches Gefasel legt. Dadurch verschließt sie einem eine Reflexionsebene, die Sinn im Gesehenen suchen lassen würde. Dadurch nimmt sie einem vorweg, was man ganz gern selbst schlussfolgern würde und lässt keinen Raum für Diskussion.
Davonfahren. Mit dem Schiff oder dem Flugzeug. Selbst der Protagonist wünscht sich den Ausbruch aus seinem Leben – und doch bleibt er – wie wir – sitzen … “Ab einer gewissen Stufe tendiere ich dazu alles über mich ergehen zu lassen.” Ein Warten darauf, dass sich die Dinge von selber erledigen. Und es bleiben die Wünsche – Wünsche die so erfüllbar scheinen, aber trotzdem nicht werden. Ist vielleicht auch nur die Vorstellung dessen so schön – doch die Umsetzung enttäuschend?
Wasser ist als trennendes Element zwischen der Welt der Lebenden und der Toten schon in der Antike ein Symbol und auch Anita Natmeßnig setzt Wasser in Form der Donau immer wieder zwischen einzelne Etappen ihres Films. Und letztlich Erfüllt sich doch noch ein Traum: Die Reise den Fluss hinunter, eine letzte Reise? Der Film findet nach ca 45 Minuten ein Ende, das ihm nicht gegönnt wird. Es mangelt an Struktur.
Man ist als Zuseher in der nicht vorhandenen Dramaturgie verloren, wie der Protagonist mit der Diagnose Tod – es kann gleich sein, aber auch noch dauern. Vielleicht will die Filmschaffende uns in dieselbe Insomnia, in dieselbe Ungewissheit versetzen? Falls dem so ist, ist ihr das gelungen, jedoch auf Kosten der eigentlich eindringlichen und Empathie erweckenden Thematik von Ein Augenblick Leben, denn sowohl der Darsteller als auch der Inhalt hätten sich die Aufmerksamkeit des Publikums verdient.
Regie und Drehbuch: Anita Natmeßnig
Darsteller: Robert Linhart
Filmlänge: 89 Minuten, Kinostart: 31.10.2014
Tags:1.5 von 5Anita NatmeßnigDokumentationThimfilm
Über den Autor
Arne Nostitz-Rieneck