Wie ein muskulöser Dorfrüpel geriert sich die amerikanische Politk gegenüber dem Rest der Welt. Doch neue Generationen sind nachgewachsen, haben ebenfalls Muskeln und befinden sich auf Kollisionskurs zur derzeitigen Weltmacht. Ein Konflikt scheint unvermeidlich, aber es ist unwahrscheinlich, dass es zum Äußersten kommt
gefährliche Leidenschaft
Kommentar – Jedesmal, wenn eine absteigende Weltmacht gezwungen war, den Staffelstab an ihren Nachfolger weiterzureichen, kam es zum Krieg, nicht selten auch zum Weltkrieg. Das war so beim Ende des französischen Imperialismus. Ebenso beim Ende des Britischen Empires, welches, vom zweiten Weltkrieg geschwächt, 1980 seine letzten Kolonien zurückgegeben und die Falklandinseln faktisch an Argentinien eingebüßt hatte. Und das scheint auch diesmal unvermeidlich, da China sich anschickt, die USA zu überholen. Daher bangen die Völker Europas unisono der Frage entgegen: „Wird es einen dritten Weltkrieg geben?“ Eine eigentlich obsolete Frage, denn wir sind bereits seit einem Dutzend Jahren mittendrin. Allerdings ist diesmal ein entscheidender Unterschied zu früheren Weltkriegen zu verzeichnen. Während wir uns früher gegenseitig mit TNT beworfen haben, sind wir heute dazu in der Lage, innerhalb von nicht einmal einer Stunde jedwedes höhere Leben auf diesem Planeten auszulöschen.Daher scheidet die thermonukleare Option von vorn herein aus, da sie als Gegenstand unserer größten Sorge zugleich unsere Hoffnung auf Überleben nährt. Das Gleichgewicht des Schreckens besteht nach wie vor. Sollten die USA tatsächlich verrückt genug sein, China und damit zugleich Russland mit Atomwaffen anzugreifen, so müssten sie dabei selbst derartige Schäden in Kauf nehmen, dass der eigene Untergang ebenfalls vorprogrammiert wäre. Ein Krieg gegen China und dessen Verbündete würde ungleich mehr kosten, als er Nutzen brächte. Und die Rede ist nicht von Dollars, sondern von Städten wie Houston, Los Angeles, Chicago oder gar New York City. Unter schwer vorstellbaren Bedingungen möglicherweise sogar Washington mit seiner enormen Flugabwehr. Bildlich geht es nicht mehr darum, im offenen Kampf die Fäuste fliegen zu lassen, sondern darum, des anderen Pausenbrot zu verstecken, seine Hausaufgaben zu stiebitzen oder ein Stück Stinkekäse in seinen Schulrucksack zu schmuggeln. Dies ist bislang eher ein Krieg der Nadelstiche gegen China.
Wie Uri Avnery bereits schrieb, wird es keinen Angriff auf den Iran geben. Andernfalls wäre die Straße von Hormus versperrt, wir hätten alle kein Öl mehr und müssten unsere Festplatten, Handies und Flachbildschirme aus Holz schnitzen. Mit dem Iran hingegen Geschäfte zu machen, davon träumen vor allem französische Autobauer, seit deren Umsätze durch das Embargo gegen Teheran empfindlichen nach unten gesackt sind. Auch andere eurpäische Staaten wären an soliden Geschäftsbeziehungen mit dem Iran interessiert. Das persische Öl gilt als eines der saubersten und besten weltweit und wäre über Pipelines leicht nach Europa zu befördern. Die Trasse über Syrien, die Türkei und Griechenland nach Europa liegt bereits teilweise vor. Viele Länder sind alles andere, als glücklich darüber, keine Geschäfte mit einem Land machen zu dürfen, welches uns unsere Produkte regelrecht aus den Händen reißen würde. Die Rolle Israels ist hier wohl in einem gesonderten Licht zu betrachten. Das israelische Volk will Frieden mit dem Iran, da Kriege die Lebenserwartung schmälern. Die Knesset hingegen benötigt einen äußeren Feind, um von ihren miserablen Regierungsergebnissen abzulenken.
Schön wäre es, die 20.000 Juden, die im Iran leben und dort volle Bürgerrechte genießen, würden auf die Straße gehen und gemeinsam gegen Netanjahu und seinen Kriegskurs demonstrieren. Immerhin bedroht der israelische Minsterpräsident deren Leben, wenn er dem Iran mit einem Präemptivschlag droht. Geeignete Slogans liegen auf der Straße herum: BIBI SHUT UP YOUR FACE – (sinngemäß) Bibi, mach den Kopf zu. Oder: WE ARE IRANIAN JEWS – DO YOU WANT TO KILL US, BIBI? Zwar dürfen nach offizieller Lesart Juden Nichtjuden töten (Torat Hamelech), wenn sie sich bedroht fühlen, aber die eigenen Glaubensbrüder – das wäre ein Tabubruch. Dies könnte in Israel möglicherweise eine neue Diskussion anfachen, was zu wünschen wäre.
Es soll wohl in der Tat Endzeitfreaks geben, die an hoher Stelle an einem Armageddon, einem Weltuntergang arbeiten. Die einen, weil sie glauben, dass sie in den Himmel kommen, wenn sie alles umbringen. Die anderen, weil sie dämlich sind und jeden Mist glauben, solange er nur in irgendeinem alten Buch steht. Es steht jedoch zu Erwarten, dass vernünftigere Kreise in einflussreicher Position das Ruder zu ihren Gunsten herumreißen, anstatt sich von einer kleinen Gruppe von Verrückten umbringen zu lassen. Buisinesspläne sind im Jenseits schwer realisierbar.