Georg Baselitz
Adler, 1977
Radierung, handkoloriert, 30 x 27 cm
© Georg Baselitz 2016. Schenkung an das British Museum von Count Christian Duerckheim
Die Zeit zwischen Weihnachten und Silvester hat etwas Beschauliches. Die Tage, die so gerne „zwischen den Jahren“ genannt werden, sind – zumindest für Oma und Opa – nicht besonders stressig. Im Büro jedenfalls scheint das Telefon Urlaub zu machen. Auch unsere Verwandten, Freunde und Bekannten sind offensichtlich mit anderen Dingen beschäftigt, so dass wir ausreichend Zeit haben, einmal klar Schiff zu machen, Dinge, die liegen geblieben sind, abzuarbeiten, aufzuräumen und all das zu tun, wozu wir ansonsten nicht kommen. Dazu gehört auch, die eigene Bildung auf dem Laufenden zu halten. Und das haben wir heute getan. Nachdem wir unsere Pflichten im Büro erledigt hatten, sind wir ins Museum gegangen – genauer gesagt in den Martin-Gropius-Bau, der ohnehin eines unserer favorisierten Museen ist. Dabei war es Der Britische Blick: Deutschland – Erinnerungen einer Nation, der uns in die Mitte Berlins gelockt hat. Und um das Fazit gleich vorwegzunehmen: Die Ausstellung, auf die sich Oma und Opa schon gefreut haben, seitdem wir das gleichnamige Buch gelesen haben, ist mehr als empfehlenswert. So wie das Buch ist auch sie ein absolutes Muss – und das, obwohl nicht einmal alle Exponate der Ursprungsausstellung in London, die der damalige Direktor und heutige Gründungsintendant des Berliner Humboldtforums Neil McGregor konzipiert hatte, verfügbar waren. Allerdings sollte man sich beeilen. Denn die Ausstellung, die anhand von Objekten und Bauwerken sowie Menschen und Orten versucht, die unterschiedlichen Puzzleteile für die großen intellektuellen und kulturellen Leistungen des 18. und 19. Jahrhunderts überzeugend mit dem moralischen Absturz der NS-Zeit zusammenzuführen, läuft nur noch bis 9. Januar 2017. Danach muss man sich viele der Exponate, die danach wieder über alle Welt verstreut sein werden, mühsam zusammensuchen: Gutenberg-Bibel aus den 1450er Jahren, Porzellan aus Dresden, Goethe, Schneewittchen und Mutter Courage, die Krone Karls des Großen, ein Tauchanzug made in Ostdeutschland oder das Tor von Buchenwald. Die Ausstellung beginnt und endet mit dem Jahr 1989 und Gerhard Richters Betty aus dem Jahr 1991, die – symbolisch – einen Blick zurückwirft. Was soll ich sagen? Auch wer sich nicht wirklich für Geschichte interessiert, kommt bei dieser Ausstellung voll auf seine Kosten.
Gerhard Richter
Betty (Edition 23/25), 1991
Offsetdruck auf Karton, 97,1 x 66,2 cm
Sammlung Olbricht
© Atelier Gerhard Richter