Egon Schiele – Tod und Mädchen

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Egon Schiele – Tod und Mädchen

7Drama

Egon Schiele, 1890 geboren und 1918 gestorben, führte ein kurzes aber skandalumwittertes Leben, das ganz maßgeblich von Frauen geprägt war. Frauen als Vertraute, als Schwestern und Geliebte, als Musen und Modelle, als Angebetete und Abgewiesene – manchmal all das in Personalunion.

Im Film von Dieter Berner Egon Schiele – Tod und Mädchen, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Hilde Berger, werden der Künstler und seine Beziehung zu jenen fünf Frauen, die sein Werk am eindrücklichsten beeinflusst haben, porträtiert. Das frühe Aufblühen seiner außergewöhnlichen Begabung, seine gewagten Bilder, die ihn – nicht zuletzt wegen der Jugend seiner Aktmodelle – auch in juristische Schwierigkeiten gebracht haben, die Besessenheit und Unbeugsamkeit, mit der er seine Kunst betrieben hat, oft auch auf Kosten anderer. Das alles macht Schiele zu einer interessanten und auch sehr ambivalenten Persönlichkeit, der dieser Film Tribut zollen möchte.

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Spannend inszeniert und auch schön anzusehen wird das Leben Schieles in einzelnen Etappen abgebildet, die örtlich und zeitlich die wichtigsten und prägendsten Stationen markieren. Viele Zeitsprünge, schnelle Schnitte und die musikalische Untermalung vermitteln Schnelllebigkeit und illustrieren dabei auch die Getriebenheit und das jugendliche Ungestüm des Künstlers, dessen Leidenschaft und unbändiger Wille hier ebenso Abbildung erfahren wie seine Egozentrik und Eitelkeit. Trotz dieser differenzierten Herangehensweise an die Künstlerpersönlichkeit, die immer wieder kritische Blicke zulässt, traut sich der Film jedoch nicht an die wirklich heißen Eisen heran und heikle Themen wie Inzest oder Kindesmissbrauch, die auch heute noch für handfeste Skandale gut wären, werden zwar angedeutet aber nicht ausführlicher verarbeitet. Dafür gibt es jede Menge nackte Haut zu sehen – kaum skandalös aber immerhin noch ein paar schwarze Balken im Trailer auf Facebook wert.

So ganz lässt sich auch der Eindruck nicht abschütteln, dass der junge Hauptdarsteller vornehmlich zu dem Zweck gecastet wurde, Heerscharen junger Frauen ins Kino zu locken. Aber sein gutes Aussehen kann Noah Saavedra wohl kaum zum Vorwurf gemacht werden und als getriebenes Junggenie macht er durchaus gute Figur, auch wenn seine Schauspielkolleginnen ihm eindeutig die Show stehlen, allen voran Maresi Riegner als Schieles Schwester Gerti und Valerie Pachner als Modell und Muse Wally. Mit herzzerreißender Eindringlichkeit spielt Letztere die Gemalte, Geliebte und letztlich Verschmähte, deren Schicksal titelgebend für ein berühmtes Gemälde und in weitere Folge auch für den Film wurde.

Man muss Schiele und seine Kunst nicht mögen, um Egon Schiele – Tod und Mädchen etwas abgewinnen zu können, denn nicht nur die gezeigten gemalten Kunstwerke, sondern auch die Bildsprache, die der Film selbst entwirft, atmen den Geist der Jahrhundertwende und der Aufbruchsstimmung in eine freiere – in vielen Belangen auch freizügigere – Welt, die dann jedoch jäh vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs zunichte gemacht wurde. Auch hinsichtlich der Dialogsprache wurde viel Wert auf Authentizität gelegt, so dass über die Dialektsprache der Figuren jeweils Rückschlüsse auf deren Herkunft gezogen werden können. Der disharmonische Effekt einer Übertragung ins Hochsprachliche bleibt hier zum Glück aus.

Ein gewisses Interesse an der Person Schiele, seinen Lebensumständen und dessen Kunstproduktion ist aber sicher hilfreich zur Einfühlung in die Figur, da der Film mehr zeigt als er erklärt und ein moderates Vorwissen ist alleine schon hilfreich, um die sonst möglicherweise doch etwas verwirrenden Zeitsprünge besser nachvollziehen zu können. Dafür empfiehlt sich die Lektüre der Buchvorlage. Buch und Film zusammen ergeben ein sehr stimmiges Bild vom kurzen aber bewegten Leben des Künstlers und dem zeitlichen Kontext.

Egon Schiele – Tod und Mädchen betreibt viel Aufwand, seinen Protagonist_innen und ihrer Zeit auf den Pelz zu rücken. Dabei wirkt er an einigen Stellen vielleicht etwas verkrampft, an anderen traut er sich nicht nahe genug heran, aber die Bilder, die er nicht nur nachzeichnet, sondern auch selbst entwirft, sind trotzdem eindrücklich und laden in jedem Fall zu näherer Betrachtung ein.

Regie: Dieter Berner, Drehbuch: Hilde Berger, Dieter Berner, Darsteller: Noah Saavedra, Maresi Riegner, Valerie Pachner, Larissa Aimée Breidbach, Marie Jung, Elisabeth Umlauft, Thomas Schubert, Daniel Sträßer, Cornelius Obonya, Laufzeit: 110 Minuten, Kinostart: 07.10.2016


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Autor

Karin Gasch

Aufgabenbereich selbst definiert als: Zwielichtaufsuchende mit Twilight-Phobie. Findet "Ours is a culture and a time immensely rich in trash as it is in treasures" (Ray Bradbury) zeitlos zutreffend.


 
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