Effizienz und Einsparwahn konsequent weiter gedacht

Es ist ja nicht nur die S-Bahn. Wo man auch hinsieht: überall das gleiche Elend. Ich bin ja nicht unbedingt der Auffassung, dass früher alles besser war. Aber manches schon. Früher gabs mal eine Post in jedem Kaff. Das war eine Institution. Dort konnte man Briefmarken kaufen, Einschreiben und Pakete aufgeben, ein paar Mark aufs Postsparbuch einzahlen und ein paar Worte mit dem freundlichen Postbeamten wechseln. Briefe und Pakete kamen zuverlässig an, sogar samstags. Aber jetzt braucht man ja eine Konkurrenz, damit alles effizienter wird. Und wie effizient das alles geworden ist!

Wenn man Glück hat, gibt’s eine Poststelle beim örtlichen Bäcker oder im Baumarkt. Wenn man Pech hat, ist die nächste Post erstens weit weg und zweitens immer übervoll. Keine Postfiliale ohne lange Schlangen vor den Schaltern. Zu Zeiten, in denen normale Berufstätige Zeit haben, mal „schnell“ zur Post zu gehen, kann man es ohnehin vergessen. Und das obwohl da keine gemütlichen Beamten mehr hinterm Schalter sitzen, sondern gestresste Postangestellte hektisch herumwuseln, denn die Stühle hinterm Tresen hat man längst abgeschafft, damit die Leute in Bewegung bleiben. Und damit sich die Kunden beim Rumstehen in der Schlange nicht so langweilen, ist jede Post jetzt mit allerlei Tinnef vollgestellt, den man kaufen soll, obwohl man doch nur ein Päckchen abholen muss, das nicht zugestellt wurde, obwohl man um die Zeit, in der es angeblich gekommen ist, zufällig zuhause war.

Und bei der Konkurrenz ist es auch nicht besser, im Gegenteil. Ob das nun die grünen Briefträger sind oder die Paketauslieferer, die in ihrem eigenen Privatwagen herumfahren, um Pakete auszuliefern – die verdienen dabei auch noch so erbärmlich wenig, dass man sich fragt, warum sie diesen Job überhaupt machen. Und warum es diese Konkurrenz überhaupt geben muss, wenn sie nur möglich ist, wenn man Leute für einen Hungerlohn auspresst. Steckt euch eure Geschäftsmodelle doch an die Hut, wenn sie nicht funktionieren. Oder eben nur funktionieren, in dem alles dadurch schlechter wird!

Warum ist die einzige Ausnahme in diesem Effizienz- und Einsparwahn ausgerechnet die Bundesregierung? Da wird nie gespart, da wird nie über Effizienz nachgedacht, zu dem Laden soll es keine Konkurrenz geben. Warum ausgerechnet da nicht, wo es sich wirklich lohnen würde? Da bietet es sich doch wirklich an, denn etwas Ineffizienteres als eine aus Politikern (und eben nicht aus Fachleuten) zusammengestoppelte Regierung, die alle möglichen Interessen vertreten außer den Interessen der Leute, die die Mehrheit des regierten Fußvolks stellen, gibt es nun wirklich nicht. Warum schreibt man anstehende Projekte nicht einfach auf einer Internet-Plattform aus und versteigert sie nach dem My-Hammer-Prinzip?

Das Ganze könnte man unter beispielsweise unter my-zepter.de veranstalten, weil ja derjenige, der den Zuschlag erhält, dann Regierungsarbeit leistet. Gesundheitsreform? Vorschläge samt Kostenvoranschlag unter my-zepter einstellen und los! Steuerreform! Gesetzes-Reform – gerade Juristen sagen ja, wir hätten viel zu viele davon. Auf zu my-zepter.de und einen Vorschlag zum Kahlschlag im Gesetzesdschungel zur Diskussion einstellen. Bahnreform! Energiekonzept! Und das alles wäre gleichzeitig auch total transparent, weil ja alle Vorschläge öffentlich eingesehen werden können. Und welcher die größte Zustimmung erhält, der wird dann umgesetzt. Konkurrenz muss ja nicht immer nur schlecht sein.



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