Energieeffizientes Bauen und bezahlbarer Wohnraum müssen kein Widerspruch sein. Eine Untersuchung im Auftrag der Hamburger Behörde für Umwelt und Energie hat ergeben, dass energieeffizientes Bauen nicht mehr kostet als „normales“ Bauen. In der empirischen Untersuchung hat das Büro „F + B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt“ die Baukosten von 4.780 Wohneinheiten im öffentlich geförderten Wohnungsbau in Hamburg aus vier Jahren verglichen. Die Studie wurde im Vorfeld der Tagung „Effiziente Gebäude 2016“ in Kiel veröffentlicht, die am 29. September in Kiel stattfindet. Energynet.de ist Medienpartner der Tagung.
Kein statistischer Zusammenhang zwischen Baukosten und Energieeffizienz-Standard
Die vorliegende Studie zeigt, dass es verschiedene Faktoren sind, die für die Höhe der Baukosten verantwortlich sind. Höhere energetische Standards können nicht alleine dafür verantwortlich gemacht werden. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass es keinen signifikanten statistischen Zusammenhang zwischen Baukosten und energetischen Kenngrößen gibt. Die Mittelwerte (Mediane) der Baukosten der verschiedenen Effizienzhausstandards unterscheiden sich nicht signifikant.
Innerhalb der einzelnen Gruppen von energetischen Standards ist die Streuung der Baukosten sehr groß und beim gesetzlichen Standard (EnEV 2009) sogar am größten. Bei allen energetischen Standards gibt es teure und günstige Bauprojekte. Auch Niedrigenergiehäuser können für 1.800 EUR je m² gebaut werden, ohne zu sagen wie sich Niedrigenergiehaus in dem Fall definiert. Quelle dieser Aussagen und weitere Informationen, sowie die vollständige Studie zum Download bei der Hamburger Behörde für Umwelt und Energie.
Stimmen zur Baukosten-Studie
Aus der Pressemitteilung des Veranstalters der Tagung, Zebau GmbH Hamburg:
Jens Kerstan, Senator für Umwelt und Energie in Hamburg:
„Wir brauchen in Hamburg bezahlbare Wohnungen und eine Diskussion über preiswerte Baukosten. Mit den Ergebnissen dieser Studie wissen wir heute, dass der Vorwurf an die energetischen Vorgaben falsch ist: Energiesparende Häuser sind nicht zwangsläufig teurer. Das bedeutet, dass unsere Klimaschutzziele und preiswertes Wohnen keinen Widerspruch darstellen.“
Peter-M. Friemert, Geschäftsführer der ZEBAU GmbH:
„Die Untersuchung belegt, dass sich ein unmittelbarer Zusammenhang von energieeffizientem Bauen und Kostensteigerungen im geförderten Wohnungsbau Hamburgs aus den vergangenen Jahren nicht herleiten lässt. Das ist für alle eine sehr positive Nachricht, die mit den Irrtümern, dass energieeffizientes Bauen stets mit Mehrkosten verbunden sei, nun aufräumt.“
Dr. Peter Krämer, Abteilung Energie – Energieeffizientes und nachhaltiges Bauen in der Hamburger Behörde für Umwelt und Energie, wird bei der „Effiziente Gebäude 2016“ am 29. September 2016 in Kiel die Ergebnisse der Studie vorstellen. Die Erkenntnisse der Studie werden jetzt auch in der Abschlussdiskussion der Veranstaltung ein zentrales Thema werden.
Tagung „Effiziente Gebäude 2016“ in Kiel
Nachmittags folgen in parallelen Foren Vorträge zu Themen wie: Sanierung und Aufstockung von Wohngebäuden, Innovationen in Bau und Technik, Einfluss des Nutzerverhaltens sowie Erfahrungen aus dem laufendem Betrieb effizienter Gebäude unter anderem von Bildungsbauten sowie die erneuerbare Energieversorgung ganzer Quartiere. In einer begleitenden Ausstellung können sich die Teilnehmer über Projektentwicklungen und Innovationen bei Marktpartnern informieren.
Zum Abschluss der Konferenz gehen Experten aus Politik und Planung in der Podiumsdiskussion „Effizientes Bauen muss (nicht) teuer sein!?“ der Frage auf den Grund, wie den Baukostensteigerungen begegnet werden kann und welche Rezepte es in Dänemark und Österreich dazu gibt.
Hamburger Fachforum diskutiert Bauen für die Zukunft
Die Konferenz beleuchtet technische Details und gesamtplanerische Aspekte. Unter anderem anhand von Praxiserfahrungen werden die Vor- und Nachteile zentraler und dezentraler Lüftungssysteme diskutiert. Die Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien ist ein weiteres zentrales Thema des zukunftsfähigen Bauens. Sanierungsfahrpläne sollen vor kurzsichtigen und voreiligen Modernisierungsschritten schützen und nachhaltige Lösungen fördern.
Dr. Burkhard Schulze Darup von schulze darup & partner architekten erläutert, wie es möglich ist, mit einem ganzheitlichen Planungsansatz einen klimaneutralen Gebäudebestand 2050 umzusetzen. Isabel Ahlke vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung berichtet über die Entwicklungen des Niedrigstenergiegebäude-Standards der Bundesregierung für Neubauten.
Hans-Ullrich Grassmann vom Architekturbüro baumschlager eberle fragt schließlich, wie es möglich ist, mit weniger Technik und weniger Energie ein Gebäude zu betreiben. Er macht den Gegenentwurf zu hochtechnisierten Gebäudekonzepten der letzten Jahrzehnte. Am Beispiel des Büro- und Wohngebäudes 2226 in Lustenau illustriert er seinen Ansatz.
Eine Ausstellung über neue Technologien ergänzt das Veranstaltungsprogramm und bietet zusätzlichen Raum für Austausch und Netzwerkgespräche.