Dass ich gerne indische koche, merkt man, oder? Ich mag auch die vegetarische indische Küche sehr – in keiner anderen Länderküche sind vegetarische Mahlzeiten so selbstverständlich und die Gerichte und Ideen so abwechslungsreich. Bei der Rezeptsuche habe ich bisher oft auf ein kleines, steinaltes Taschenbuch zurückgegriffen, das langsam vom Zerfall bedroht ist. Und jetzt gibt es etwas Neues im Regal.
Und das kommt von Vidhu Mittal. Vidhu Mittal ist Vegetarierin und eine in Indien sehr bekannte Köchin. Sie hat Hauswirtschaft studiert und betreibt eine Kochschule in Bangalore. “Echt Indien vegetarisch” ist nicht das erste Buch von ihr, das ins Deutsche übersetzt wurde; bereits 2009 gab es “Indien, die neue vegetarische Küche“.
Das Bild oben gibt es nicht so recht wieder: das Buch ist sehr hübsch….changierender roter Stoffeinband, das wirkt luxoriös. Mir gefällt auch das Innenleben: es gibt sehr viele Fotos: sowohl Step-by-Step-Fotos vom Kochvorgang als auch von jedem Gericht ein Foto. Die Foodfotos sind minimalistisch gehalten; und das meine ich nicht abwertend, im Gegenteil. Präsentiert wird das fertige Gericht auf weißem Geschirr. Kein Drumherum, keine folkloristischen Ausschmückungen – es geht ums Essen. Das gefällt mir gut.
Das Buch startet mit einer Einführung zu den Produkten, die man für die vegetarisch-indische Küche braucht: Gewürze, Kräuter und Früchte, Hülsenfrüchte, Nüsse und Trockenfrüchte werden vorgestellt. Zu jedem Produkt gibt es ein Foto. Danach gibt es noch eine Doppelseite mit Fotos der benötigten Küchenutensilien. Die Rezepte decken von Getränken, Suppen und Salaten über Snacks und Vorspeisen, Hauptgerichten, Reis und Brot bis hin zu Beilagen, Desserts und Gebäck alles ab. Da gibt es Granatapfel-Punsch und Minztee, Tomatencremesuppe und Paneer-Gemüsesuppe. Wir bekommen Nudelsalat mit Lotus und Ananas-Kartoffel-Salat. Bei den Snacks und Vorspeisen haben wir die Wahl zwischen Kichererbsen-Kebabs, Paneer mit Erdnuss-Chutney oder gefüllten fritierten Chilischoten. Ich bin ja eine große Anhängerin von Paneer, dem indischen Frischkäse. In diesem Buch gibt es sehr viele Rezepte damit, das freut mich sehr. So findet man bei den Hauptgerichten zarten Safran-Paneer oder Paneer mit Bockshornklee. Es gibt Hauptgerichte aus Gemüse wie Kochbananen in Joghurtsauce, oder Kartoffeln mit Kreuzkümmel und natürlich eine schöne Auswahl an Gerichten mit Hülsenfrüchten: verschiedene Dals, Bohnenbällchen oder Kichererbsen-Currry mit Spinat. Das Kapitel Reis und Brot präsentiert eine Auswahl verschiedener Pilaws und sehr viele Sorten Fladenbrot: da reicht die Auswahl von einfachen Rotis über Paratha-Sandwiches bis hin zu gefülltem Hirsebrot. Im nachsten Kapitel gibt es verschiedene Raitas und Chutneys als Beilagen. Und Nachtisch bekommen wir auch: Safran-Nuss-Pudding, Süße Käsekugeln (Gulab Jamun) oder Reispudding (Kheer) sind nur eine kleine Auswahl.
Die Rezepte funktionieren tadellos. Sie sind klar strukturiert und mit Step-by-Step-Fotos versehen. Am Ende des Buches findet man ein Kapitel mit Grundzubereitungen und Küchentipps, auf das in den Rezepten gerne verwiesen wird. Die einzelnen Kapitel sind gekennzeichnet durch verschiedenfarbige Balken am oberen und unteren Seitenrand – das ist praktisch, man weiß immer, wo man gerade ist. Die unteren Balken sind breiter; darin sind zusätzliche Küchentipps untergebracht. Für viele der Gewürze, Hülsenfrüchte und so manche frische Zutat wie Jackfrucht oder Lotoswurzel ist ein Gang in den Asia-Shop erforderlich.
Nun heißt das Buch ja “Echt Indisch vegetarisch”. So manche Gerichte haben mich da in Erstaunen versetzt – Vidhu Mittal präsentiert nicht nur klassische indische Gerichte, sondern hat auch hat einige Zutaten und Zubereitungsarten übernommen, die man der klassisch indischen Küche eher nicht zuordnen würde: so gibt es Rezepte für indische Quesadillas – Parathas, geüllt mit Pilzen, Oliven und Käse gewürzt mit Koriander und Chaat Masala – oder Zucchini-Spargelcremesuppe. Man findet Produkte wie Käse oder Spargel, es wird Bechamelsauce hergestellt, Nudelsalat gemacht oder mit Bröseln aus Salzcrackern überbacken. Fusion-Food; ich habe einiges ausprobiert und für gut befunden.
Ich backe regelmäßig Chapatis. Sie sind eine schöne Beilage, wenn es mal schnell gehen muss. Außerdem macht es einen Höllenspaß, zuzusehen, wie sich die Fladen in der Pfanne aufblähen. Meist mache ich den Teig so aus dem Gedächtnis. Diesmal habe ich auf das Rezept im Buch zurückgegriffen – und es hat einwandfrei funktioniert. Die Teigkonsistenz war klasse, sehr gut zu bearbeiten.
Auf der Suche nach einem Kuchen für’s Wochenende stieß ich auf den Chai-Time Choco-Cake. Schokoladenkuchen? In einem indischen Kochbuch? Nun denn. Die Rezeptur entlockte mir ein dezentes Strinrunzeln…viele flüssige Zutaten im Teig, Kondensmilch als Grundlage, keine Eier….aber das Ergebnis war überzeugend. Schokoladig und saftig, mein Sohn wähnte eine gewisse Ähnlichkeit mit Brownies. Ein wenig schief ist er geworden, mein Kuchen. Erst ist er himmelhoch aufgegangen und dann auf einer Seite wieder zusammengesunken. Die Deko sollte eigentlich aus Walnusshälften bestehen; die waren grade aus Mir hat aber der Crunch durch die Mandelstückchen gut gefallen.
Auberginen, für mich immer. Ich stehe mit dieser Vorliebe hier aber ziemlich allein da. So gesehen, ist es ein echter Ritterschlag, dass der Auberginen-Pilaw mit Begeisterung verputzt wurde. Der Pilaw war schön aromatisch und chilischarf. Einzig etwas mehr Säure von der Tamarinde hätte für dran sein dürfen.
Die würzigen Zucchini sind schnell gemacht. Wenn das Gemüse geschnitten ist, steht das Essen fast schon auf dem Tisch. Und geschmeckt haben sie sehr gut. Mir hat besonders gefallen, dass die Auberginen mit Kichererbsenmehl angebraten werden - diesen nussigen Geschmack mag ich einfach zu gerne.
Mattar Paneer Francisi – das klingt nach Erbsen mit Paneer; einem meiner Lieblingsgerichte. Hier allerdings verwestlicht als Auflauf: Es wird eine Bechamelsauce gekocht, die bildet zusammen mit zerdrückten, gekochten Kartoffeln den Boden des Auflaufs. Die restliche Bechamel kommt mit Erbsen und Paneer oben darauf. Das ganze wird überbacken. Nicht gerade indisch in Reinkultur, aber gut.
Nochmal Paneer, ich entschuldige mich…..dieser Frischkäse gehört einfach zu meinen Favoriten. Diesmal wird mit Kreuzkümmel und Koriandergrün gewürzter Paneer hergestellt und in kurz in der Pfanne geröstete Paprika gefüllt. Die Füllung lebt außerdem noch von einem Anteil gegrillter Zwiebeln, das gibt ein schönes Rauch-Aroma. Mit hat außerdem der Kontrast zwischen den knackigen Paprika und der cremigen Füllung gut gefallen.
Der Nudel-Kartoffel-Salat ist etwas für Mutige: hierzu werden vorgegarte Nudeln und Kartoffelstifte frittiert und mit einem süß-scharfen Dressing vermischt. Das ist ungewöhnlich, hat aber klasse geschmeckt.
Die Spinatbällchen in Joghurtsauce haben das Potential zum Lieblingsgericht: gebackene Bällchen aus Spinat, gegarten Kartoffeln und etwas Kichererbsenmehl in einer Joghurtsauce mit würzigem Topping. Reis dazu, und alles ist gut.
Ein Drink zum Schluß? Nimbu Pani wollte ich schon immer mal machen. Das liegt daran, dass in einem meiner liebsten Bücher – Eine gute Partie von Vikram Seth* – stets ein Hausangestellter mit einem Krug Nimbu Pani erscheint, sobald Besuch ins Haus kommt. “Hara Bhara Nimbu Pani” ist Minzlimonade auf indisch. Dazu werden Pfefferminzblätter mit Zitronensaft, Zucker, schwarzen Steinsalz (Kala Namak) und Wasser gemixt. Eine herrliche Erfrischung an einem heißen Tag.
Ich mag dieses Buch. Es bietet eine abwechslungsreiche Auswahl an indischen Gerichten und ist schön aufgemacht. Aufgrund seines Aufbaus ist es für Anfänger geeignet, aber auch wer sich in der indischen Küche schon etwas auskennt, findet viele schöne Ideen. Das Buch gibt es direkt hier beim Verlag zu kaufen; da kann man auch einen Blick ins Buch-Innere werfen.