Eat, Drink, Man, Woman

Meine Freundin Vera wohnt auf dem Land, in einem Paradies aus Platz, Sonne, Natur und Ruhe. Seit 20 Jahren treffen wir uns mindestens einmal im Jahr dort und reden.

Letztes Wochenende war es wieder so weit. Wir trafen uns, haben zusammen gekocht und gegessen, waren im großen Garten unterwegs, haben Walnüsse gesammelt und mit den Kindern zusammen die Fauna entdeckt – Schnecken, Reiher, Frösche… Blick auf den herbstlichen Gemüsegarten, ja, der Sommer war gut, dann noch einen Tee und das alles begleitet mit Gesprächen. Und als ich wieder auf dem Rückweg war, merkte ich, dass es mir sehr gut geht nach diesen Begegnungen.

Weil es uns um das Wesentliche geht.

Eat. Drink. Man. Woman.

Wir essen und kochen gern, beide können wir gut genießen. Das Trinken wird seit je her von den köstlichen selbstgemachten Säften und Sirup-Kombinationen aus dem Garten geprägt. Und dann die Gespräche rund um Männer und Frauen. Liebe. Trennung. Hass. Kinder kriegen. Keine Kinder kriegen können. Verlieben. Gemeinsame Zeiten. Feste. Tränen. Schmerz. Wieder Liebe.

Seit 20 Jahren begleiten wir einander und zu dieser wertschätzenden Freundschaft passt sehr gut eine Indianerweisheit, die ich letztens gefunden habe. Ein paar Zeilen, die mir zeigen, was unsere Freundschaft zusammengehalten hat all die Jahre. Eine Haltung, die – wenn du sie annehmen kannst – dir in sehr vielen Beziehungen helfen kann.

Eine Weisheit über dich

Es interessiert mich nicht, womit du deinen Lebensunterhalt verdienst.
Ich möchte wissen, wonach du innerlich schreist und ob du zu träumen wagst, der Sehnsucht deines Herzens zu begegnen.
Es interessiert mich nicht, wie alt du bist.
Ich will wissen, ob du es riskierst, wie ein Narr auszusehen, um deiner Liebe und deiner Träume willen und für das Abenteuer des Lebendig seins.
Es interessiert mich nicht, welche Planeten im Quadrat zu deinem Mond stehen.
Ich will wissen, ob du den tiefsten Punkt deines eigenen Leids berührt hast, ob du geöffnet worden bist von all dem Verrat, oder ob du verschlossen bist aus Angst vor weiterer Qual.
Ich will wissen, ob du mit dem Schmerz – meinem oder Deinem – dasitzen kannst, ohne zu versuchen, ihn zu verbergen oder zu mindern oder ihn zu beseitigen.
Ich will wissen, ob du mit der Freude – meiner oder deiner – da sein kannst, ob du mit Wildheit tanzen und dich von der Ekstase erfüllen lassen kannst, von den Fingerspitzen bis zu den Zehenspitzen, ohne uns zur Vorsicht zu ermahnen, zur Vernunft oder die Grenzen des Menschseins zu bedenken.
Es interessiert mich nicht, ob die Geschichte, die du erzählst, wahr ist.
Ich will wissen, ob du jemanden enttäuschen kannst, um dir selber treu zu sein. Ob du den Vorwurf des Verrats ertragen kannst und nicht deine eigene Seele verrätst.
Ich will wissen, ob du vertrauensvoll sein kannst und von daher vertrauenswürdig.
Ich will wissen, ob du Schönheit sehen kannst, auch wenn es nicht jeden Tag schön ist und ob du dein Leben aus Gottes Gegenwart speisen kannst.
Ich will wissen, ob du mit dem Scheitern – meinem und deinem – leben kannst und trotz allem am Rande des Sees stehen bleibst und zu dem Silber des Vollmondes rufst: “Ja!
Es interessiert mich nicht, zu erfahren, wo du lebst und wie viel Geld du hast.
Ich will wissen, ob du aufstehen kannst nach einer Nacht der Trauer und der Verzweiflung, erschöpft und bis auf die Knochen zerschlagen, und tust, was für deine Kinder getan werden muss.
Es interessiert mich nicht, wer du bist und wie du hergekommen bist.
Ich will wissen, ob du mit mir in der Mitte des Feuers stehen wirst und nicht zurückschreckst.
Es interessiert mich nicht, wo oder was oder mit wem du gelernt hast.
Ich will wissen, was dich von innen hält, wenn sonst alles wegfällt.
Ich will wissen, ob du allein sein kannst und in den leeren Momenten wirklich gerne mit dir zusammen bist.

Und weil ich weiß, wie schwer es in unserer quirligen Welt ist, mit dir selbst zusammen zu sein – ohne Ablenkung, ohne Störung und ohne das bunt hüpfende Gehirn, wünsche ich dir vom ganzen Herzen, dass auch du einen Freund oder eine Freundin hast, mit der du dich gelassen fühlen kannst, ausgelassen lachen kannst und wenn nötig auch bitterlich weinen kannst.

Denn all das bist du!

Großartig, einmalig, liebenswert.

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