E3 2016: Nintendo Presseevent mit The Legend of Zelda: Breath of the Wild und Paper Mario: Color Splash
2016 ist das Jahr in dem ein alter Fixpunkt der Gaming-Kultur seine Abnutzungserscheinungen nicht mehr verstecken kann. Schwächelte die E3 schon in vergangenen Jahren ein wenig dahin, so ist nun klar: Die besten Zeiten hat der Event hinter sich. Neben EA, die dieses Jahr ganz auf die E3 verzichten und lieber eine separate Veranstaltung schmeißen, merkt man das vor allem bei Nintendo.
Es ist ja nicht nur weil man das Debüt der neuen NX-Konsole für einen eigenen Event plant und sich dadurch gähnende Leere im Sortiment des Spielegiganten breit macht. Nachdem man in den vergangenen Jahren bereits auf eine eigene Konferenz verzichtet hat, wird diesmal nicht einmal mehr ein Nintendo Direct produziert, in dem Spiele für die Wii U und den 3DS vorgestellt werden. Stattdessen lädt der „Treehouse Stream“ dazu ein, den Nintendo-Mitarbeitern beim Spielen von Neuerscheinungen zuzusehen. Nintendo verfolgt dabei eine sehr eigene Strategie: Neben dem bereits bekannten Titel Paper Mario: Color Splash gibt es für die Konsole Wii U keine einzige Neuerscheinung, praktisch der Todesstoß für die Konsole. Natürlich erscheint allerdings wie versprochen noch im nächsten Jahr The Legend of Zelda: Breath of the Wild, welches der große Schwerpunkt der Messe ist.
In einem sechsstündigen Stream kann man sich ein gutes Bild der Richtung machen, die Nintendo mit dem neuen Titel einschlägt. Hauptmotiv ist ganz klar die Versöhnung mit dem Rest der Gaming-Welt. Einst war die Zelda-Reihe richtungsweisend, doch in den letzten Jahren hatte man ganz klar einen eigenen Kurs eingeschlagen, sich von aktuellen Entwicklungen distanziert und gar nicht versucht an aufwendige aktuelle Gaming-Trends anzuschließen. Umso mehr fällt auf, dass der Titel anstrebt, wieder zeitgemäße Spielmechaniken mit den klassischen Elementen der Serie zu vereinen.
Da wäre etwa die DNA der Monster Hunter-Reihe, welche in Japan mittlerweile zu den einflussreichsten Spieleserien zählt. Das Sammeln von Materialien, die zusammengekocht werden können, um Status-Boosts zu nutzen oder temporäre Resistenz gegen kaltes bzw. heißes Klima zu erlangen, steht dabei im Vordergrund. Link kann eine große Menge an Outfits anprobieren und findet zahlreiche neue Waffen in der Welt, die sich allesamt abnutzen und somit dafür sorgen, dass der Spieler immer wieder unterschiedliche Waffentypen, wie Äxte oder Speere und damit variierende Kampfstile einsetzt, um das aufpolierte Kampfsystem zu beherrschen.
Man findet allerdings auch viele Züge des Klassikers Shadow of the Colossus im neuen Nintendo-Titel. Die Welt ist weit und offen, auch menschenleer und von Natur geprägt, während sich die Musik diesmal dezent im Hintergrund hält. So kann Link seinem Wandertrieb mit freier Richtungswahl nachkommen, selbst den letzten Boss kann er theoretisch auf diesem Weg ab der ersten Minute besuchen. Ziemlich klar erkennbar ist die Handschrift von Monolith Software, dem Xenoblade-Entwickler, der mit Sicherheit am Titel mitarbeitet. Praktisch an jeder Wand kann er nun hochklettern, vorausgesetzt der Staminabalken ist ausreichend. Selbst an größeren Monstern kann man sich festklammern, um auf ihren Rücken zu klettern und sie zu besiegen.
Ebenfalls in der E3-Demo zu finden: Elemente der Metal Gear Solid-Reihe. Stealth ist zwar für Zelda nicht neu, doch die Vorgehensweise, sich aus der Ferne an feindliche Festungen anzuschleichen, mit einem Teleskop die Feinde zu markieren und dann geduckt heranzuschleichen um sie still und heimlich zu eliminieren, während man den Sound-Indikator im Auge behält, um verräterische Geräusche zu reduzieren, ist schon mehr als ein Detail am Rande. Doch bei all den Neuerungen hat man nicht auf die Grundelemente vergessen, die einen Zelda-Titel auszeichnen: Puzzles und Dungeons gehören genauso zum Rezept wie alle neuen Zutaten. Tatsächlich verspricht der neue Fokus auf Physikpuzzles Abwechslung. So lassen sich die Spezialfähigkeiten Links vielfach kombinieren und bieten allesamt neuartige Möglichkeiten, um mit der weitläufigen Welt zu interagieren.
Nur ein Umstand stimmt am Demo etwas wehmütig: wer genauer ansieht, dem wird klar, dass die Wii U endgültig in die Geschichtsbücher wandert. So hat man das letzte Jahr dazu genutzt um Gamepad-Funktionalität komplett aus dem Titel zu entfernen, nicht einmal mehr eine Karte wird auf dem Bildschirm dargestellt. Der Fokus liegt wohl bereits auf der neuen Konsole, für die der Titel zeitgleich erscheinen wird und die offensichtlich keinen zweiten Screen besitzen wird. Es bleibt demnach zu hoffen, dass der teilweise etwas detailarme Blick in die Ferne eine reine Wii U-„Optimierung“ ist und das Spiel auf der neuen Konsole nicht nur mit der offensichtlich meisterhaften Art-Direction, sondern auch noch im technischen Sinn begeistern kann.
Abseits vom Wii U-Begräbnis mit dem Release von Zelda 2017 kann man Paper Mario: Color Splash als den letzten geplanten Wii U-Titel sehen. Stark angelegt an Paper Mario: Sticker Star, welches über jedes Fan-Gemotze hinweg eines der charmantesten Action-Adventures auf dem 3DS ist, sieht der Titel auch im zweiten Trailer sensationell aus. Der detaillierte HD-Stil fasziniert und darüber hinaus scheint es, als ob Paper Mario zum letzten Mal mit exklusiven Gamepad-Features für den exzentrischen Wii U-Controller daherkommt – Sicherlich nicht der schlechteste Abschied für eine Konsole.
Zwar ist Pokémon Sun / Pokémon Moon, der am Ende des Jahres herauskommen wird, vertreten, wirklich neue Infos gibt es aber nicht. Ein paar neue Pokémon und eine dynamischere, zeitgemäße In-Game-Kamera zeugen von einem soliden Weg, auch wenn Neuland sicher anders aussieht. Einzige Neuvorstellung ist ein etwas schräger Multiplayermodus, in dem vier Spieler gleichzeitig gegeneinander antreten.
Da hat der Entwickler Grezzo, der wie so viele japanischen Entwicklungshäuser ehemalige Square-Mitglieder beherbergt, für Nintendo jede Menge Arbeit erledigt. Zelda-Titel wurden geportet und Streetpass-Spiele entwickelt, zum Ende der Generation hat Nintendo die Entwickler dann wohl endlich etwas ganz Eigenes entwickeln lassen. Ever Oasis ist ein Action-RPG, das in seiner Machart an die klassische Mana-Reihe erinnert. Ein wenig Fantasy Life hier, ein wenig Monster Hunter da – das gezeigte Gameplay macht Lust auf mehr.
BoxBoxBoy! ist … Box Boy!, denn geändert hat sich praktisch nichts. Es handelt sich um eine zielgenaue Fortsetzung der Formel, die man schon aus dem ersten Titell kennt. Wer Nachschub braucht, wird mit Sicherheit nicht enttäuscht sein.
Das Dragon Quest VII überhaupt eine Lokalisierung bekommt ist nicht selbstverständlich. Hatte man doch keinerlei Interesse daran, den Titel im Westen herauszubringen – bis sich ein wahrer Sturm an Fan-Empörung breitmachte. Mit etwas Verspätung wird es also im Herbst doch noch was: Der Titel ist zwar eines der langwierigsten der Reihe, die charmante Überarbeitung auf dem 3DS sollte aber jedem Fan der Reihe wieder Lust auf einen Ausflug in die nostalgische Welt von Akira Toriyama machen.
Autor
Florian KranerAufgabenbereich selbst definiert als: Pixel-Fachmann mit Expertenausweis? Findet ”Das Fürchterliche muß sein Gelächter haben!” zutreffend.
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