Sprit müsste irgendwann, so dachten es sich Gabriel, Joschka Fischer und der Rest der grün-roten Führungsmannschaft, nicht mehr importiert werden, weil er einfach nebenan auf dem Acker wuchs.
Allerdings kostete die Subventionierung der Agrarspritfabriken unheimlich viel Geld. Geld, das die große Koalition, in der Gabriel als Umweltminister diente, anno 2004 nicht mehr zu haben glaubte. Die Fabriken standen nun sowieso, warum also nicht ihnen die versprochenen Subventionen wegnehmen?
Die von der rot-grünen Koalition beschlossene Steuerbefreiung für Biokraftstoffe wurde 2006 nach nur zwei nachhaltigen Jahren gestoppt. Mit Zustimmung des Bundesverfassungsgerichtes, das wegweisend urteilte, eine „Eigentumsgarantie schützt nicht vor Preiserhöhungen infolge neuer oder erhöhter Steuern“.
Weil nun aber einer ganzen Industrie das Aus drohte, die eben noch als Zukunftsbranche gerühmt worden war, führte Umweltminister Sigmar Gabriel ein anderes staatliches System zur Förderung von Biokraftstoffen ein: Nicht mehr der Staat sollte die teure Herstellung des Weizendestillats bezahlen, sondern der Bürger. Dazu wurde eine Beimischungspflicht erlassen: Ein Mindestanteil an Biokraftstoffen gehörte ins Benzin, der langsam gesteiergert werden sollte. Ziel des ehemaligen Pop-Beauftragten der deutschen Sozialdemokratie, der die Biosprit-Richtlinie gemeinsam mit der damaligen Klimakanzlerin Angela Merkel auch bei der EU durchgedrückt hatte: Der gesamte Anteil von "Kraftstoffen aus Biomasse" am deutschen Energieverbrauch soll bis 2020 auf 20 Prozent steigen.
Drei Jahre später aber gilt der Treibstoff vom Acker weniger als umweltpolitisches Vorzeigeprojekt denn als Desaster. Zwar klappt von staatlicher Seite aus alles prima - die Mineralölkonzerne mischen fleißig bei, weil sie müssen, der normale Supersprit ist aus den Tankstellenangebot verschwunden, weil die Tanks dafür fehlen. Doch das Volk verweigert die Gefolgschaft und tankt nicht, was es im Dienst der Umwelt tanken soll.
Alles wie damals, als die E10-Einführung schon einmal hatte gestoppt werden müssen. Alle ihre Verfechter hatten kurzfristig Angst bekommen, bei den anstehenden Wahlen für ihr Öko-Engagement mit fremden Portemonnaies abgestraft zu werden. Lieber nach der Wahl, dachte man sich.
Trotz wissenschaftlicher Bedenken, die auf Mehrverbrauch und zweifelhafte Öko-Bilanz des angeblichen "Biosprits" hinwiesen, hielt die Bundesregierung wegen des "Kampfes gegen die Erderwärmung" (Angela Merkel) an der Zwangseinführung von angeblichen "Biokraftstoffen" fest. "Biokraftstoffe können einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten", lobte Gabriel.
Doch das Volk verweigert ihm dennoch die Gefolgschaft. Bis zu 70 Prozent der Benzin-Autofahrer verschmähen E10, das das frühere Super-Benzin abgelöst hat, und tanken stattdessen das teurere Super Plus. Einfache Rechnung: Auf jeden Fall geht das Auto nicht kaputt. Und weil E10 zwar weniger kostet, aber auch einen höheren Verbrauch nach sich zieht, halten sich die Mehrkosten in Grenzen.
"Das Verbraucherverhalten hat die Branche schlicht kalt erwischt", meldet die staatliche Nachrichtenagentur dpa. Die Branche würde E10 am liebsten zurückziehen, zeigt auf die Politik und sagt, sie sei nur Erfüllungsgehilfe für gesetzgeberische Vorgaben. Gabriels Nachfolger Norbert Röttgen jammert, dass die Tankstellenbesitzer nicht genug für die segensreiche neue Benzinsorte geworben hätten. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle beruft einen "Benzin-Gipfel" ein, um so zu tun, als ob er etwas tue. Die Grünen beschimpfen die Autofahrer. Die umweltpolitisch hellwache "Linke" fordert ein E10-Moratorium. Angela Merkel und Sigmar Gabriel schweigen. Beredsam.
E10 im PPQ-Archiv: Bärenpate für Biosprit
Gabi mit dem Gasfuß