Ja, ich bin diesmal herzlich spät dran mit der Besprechung der letzten Doppelfolge – aber seid froh, dass ich es noch vor dem großen Finale der ersten Staffelhälfte heute Abend geschafft hab. Wann die Besprechung dafür dann online geht, kann ich auch noch nicht garantieren – ich fahr am Montag ja erstmal nach England.
Aber zurück zu dieser Folge: Matthew Graham (Life on Mars, Ashes to Ashes) bringt uns eine düstere Story über Doppelgänger, moralische Fragen und einige Überraschungen.
Wie immer ist diese Besprechung nur für Leute, die die Episode schon gesehen haben – absolute Spoilergefahr! Nur für die bisherigen Folgen, nicht für die weitere Staffel – und das so bitte auch in den Kommentaren handhaben.
Bisher konnte man die Doppelfolgen in den Doctor-Who-Staffeln ganz klar in zwei Kategorien teilen: Die schwächeren, eher albern-ulkigen Doppelfolgen in der ersten Hälfte und die richtig tollen, eher düster-ernste Doppelfolgen in der zweiten Hälfte (in der fünften Staffel dann mit vertauschten Plätzen, aber immer noch die gleichen Rollen). Dieses Jahr ändert sich der Aufbau der Staffel, und so fällt The Rebel Flesh/The Almost People auch aus unserem bisherigen Schema: Sie ist etwa so düster und ernst wie klassische zweite-Hälfte-Doppelfolgen, aber dabei qualitativ schlechter. Die Folgen sind nicht übel, aber abgesehen von ein paar wenigen Szenen eben auch nicht allzu bemerkenswert.
The Good
- Ganz vorne steht da sicher der doppelte Doctor. Es ist ja nicht das erste Mal, dass multiple Doctoren aufeinandertreffen, das letzte Mal wäre “Journey’s End” gewesen, aber ich kann mich nicht daran erinnern, je zwei komplett identische Doctoren gehabt zu haben, die gleich denken und handeln und sich damit wunderbar ergänzen und sich gegenseitig bewundern können.
- Ich mochte die Atmosphäre des ganzen – die düsteren Aufnahmen, die entsättigten Bilder. Ich bin manchmal genervt davon, wenn Filme so viel im Dunklen spielen (ich will doch was sehen!), aber hier hats gut gepasst.
- Neben unserem gewohnt guten Team Tardis gibt es mit Cleaves noch eine sehr interessante Figur – anfangs hat man zwar den Eindruck, dass sie in die klassische “sturer und ignoranter Chef”-Richtung geht, aber sie wird dann doch noch facettenreicher, gerade auch durch ihre Flesh-Inkarnation
- Eigentlich sollte es hier nicht als Good-Punkt stehen, sondern eher als “so schlecht, dass es schon wieder gut ist”: Die trashigen Elemente, die hauptsächlich mit Jennifer zusammenhängen. Die Augen in der Wand, das abgefahrene Jennifer-Monster am Schluss. Ich weiß nicht, ich mag halt hin und wieder ein bisschen ordentlichen Trash in meinem Doctor Who.
- Die Schlussszene. Dazu dann mehr unter WTF, aber auch ohne den WTF-Aspekt ist sie einfach so schön gespielt von Matt, Karen und Arthur, dass man die Szene einfach lieben muss.
The Bad
- Hauptkritikpunkt ist wohl, dass man die ganze Folge straffen können hätte. Letztlich ist es doch sehr viel hin und her – mal wird eine Zusammenarbeit angestrebt, dann wieder gegenseitige Vernichtung – und wir haben schon sehr viel in-Räumen-rumstehen-und-Pläne/Kampf-schmieden.
- Doctor Who bringt immer wieder mal das “Menschen, die unter Druck stehen/sich fürchten/mit etwas unbekanntem klarkommen müssen, können Monster sein”-Thema. In den richtigen Händen wird daraus dann eine geniale Folge wie “Midnight”, es kann aber auch so lahm wie “The Hungry Earth” werden. Diese Doppelfolge ist nun nicht so mies wie der Silurian-Zweiteiler, aber hätte dieses Thema doch noch besser ausleuchten können und müssen. So bleibt es auf ein paar kleine Szenen und Formeln beschränkt und entwickelt keine glaubhafte Dynamik.
- es ist ja nett, dass Rory hier etwas mehr zu tun bekommen hat und quasi seine eigene Nebenhandlung hat – aber das hilft nicht viel, wenn dafür seine Charakterisierung ins Schleudern gerät. Es passt hinten und vorne nicht, dass “the boy who waited” Amy zurücklässt, um einer anderen Frau beizustehen und später sogar Amy und den Doctor in eine Falle lockt – um das glaubhaft zu machen, hätten wir bessere Gründe für den Zusammenhalt von Jennifer und Rory gebraucht.
- Cleaves hab ich oben schon bei den positiven Aspekten erwähnt – leider fallen die meisten anderen Charaktere eher in diese Kategorie. Jennifer ist einfach etwas zu over-the-top, bei aller Liebe zu Marshall Lancaster ist sein Buzzer ziemlich uninteressant und bei Dicken kann man sich schon fünf Minuten nach der Folge nicht mehr daran erinnern wie er ausgesehen oder geheißen hat und weiß nur von seiner Existenz, weil er am Schluss noch rumsteht.
The WTF?
- Oooohhhh, der Schluss. Wir bekommen ein paar Antworten, nur um noch größere Fragen aufzuwerfen – aber die Enthüllung, dass Amy die ganze Staffel über nur Flesh war, war schon sehr schick. Irgendwie ist es zwar auch etwas irritierend, dass die ganze Zeit, in der ich Amy richtig sympathisch und toll fand, Amy gar nicht echt war – aber das ist ja auch egal. Jetzt sind wir mal gespannt darauf, wer da diesmal dahintersteckt…
- die extrem häufigen Fast-Tode von Rory, die mich in letzter Zeit bekanntlich schon recht genervt haben, sind offenbar sowohl den Autoren als auch Rory selbst aufgefallen: Jennifer: “I thought I was going to die” – Rory: “Welcome to my world.” Bleibt die Frage: Ist das nur ein netter Kommentar vom Produktionsteam, oder bedeutet das, dass Rorys Todesszenen eine tiefere Bedeutung haben?
Ausblick: Gibt es irgendjemanden, der nicht total gespannt auf das ist, was Moffat uns zum mid-series Staffelfinale bieten wird? Ein paar Dinge sind wohl garantiert: Ein paar Erklärungen, noch mehr Fragen und ein Cliffhanger, für den wir Moffat noch ein paar Monate verfluchen werden. Plus: Die Antwort auf die Frage, wer River Song ist. Bei allem Hibbeln und aller Spannung erwarte ich eigentlich kein Meisterwerk – dazu hat mich Moffat in letzter Zeit zu oft mit irgendwas genervt, und dazu tauchen auch noch Monster auf, die nicht zu meinen Lieblingen gehören. Aber letztlich ist mir das alles egal, denn: RORY IN RÖMERRÜSTUNG!!! Hach. Was will ich mehr.