Was wäre die Literatur ohne Humor, Witz und Ironie? Natürlich sollte dies alles raffiniert und kreativ literarisch umgesetzt werden. Somit überrascht es nicht, dass dies Jean Echenoz mit seinem aktuell in Deutschland erschienen Roman „Unsere Frau in Pjöngjang“ sehr gut gelungen ist.
Jean Echenoz, geboren 1947, gehört zu den wichtigsten französischen Schriftstellern. Er hat in verschiedenen französischen Städten, unter anderen Lyon, Marseille und Paris, Soziologie studiert und kurz für eine Fachzeitschrift gearbeitet. Seit 1975 lebt er in Paris und 1979 publizierte er seinen ersten Roman „Le Méridien de Greenwich“ bei dem Verlag Éditions de Minuit, dem er bis heute treu geblieben ist und der inzwischen alle seine Bücher veröffentlicht hat. Jean Echenoz wurde mit einer Fülle von Literaturpreisen geehrt. Zu den wichtigsten gehören der „Prix Medicis“ für den Roman „Cherokee“ (1983) und der „Prix Goncourt“ für das Werk „ Je m’en vais“ (1999). In Deutschland wurde er zuletzt sehr bekannt durch sein kleines feines Buch „14“. Sein aktueller Roman – bei seinem französischen Verleger – unter dem Titel „Envoyée spéciale“ publiziert – ist nun dank der meisterhaften Übersetzung von Hinrich Schmidt-Henkel (2004 Celan-Preis, 2015 Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis) in deutscher Sprache erschienen.
„Ich will eine Frau, verkündete der General. Eine Frau brauche ich, so.“ Und ja, genau so beginnt der neue Roman von Jean Echenoz. Der Roman spielt in Paris, in La Creuse – einer eher ländlichen Gegend zwischen Limoges und Clermond-Ferrand – und in Nordkorea, genauer in Pjöngjang. Es gibt einen Erzähler, der dem Leser, diese ungewöhnliche Geschichte näher bringt, aufklärt und als eine Art Mediator fungiert, was sich als sehr praktisch erweist, da er den Leser auf die Feinheiten hinweist, jedoch das Unwichtige galant ignoriert und mit eigenen Kommentaren nicht spart.
Kurzum wir haben mehrere Hauptprotagonisten und dazu gehören in erster Linie Constance, eine junge Frau, die gerade in Trennung von ihrem Mann Lou Tausk lebt, Komponist von vielen sehr berühmten Songs, General Bourgeaud und dessen Leutnant Paul Objat. Es gibt noch einige andere Persönlichkeiten, wie zum Beispiel Jean-Pierre und Christian, Clément Pognel, Nadine Alcover und Gang Un-ok.
Die Geschichte beginnt mit der Suche nach einer Frau, wie bereits der erste Satz schon verrät, die in ein ganz bestimmtes Schema passen muss: „ Na ja, eine Ahnungslose, nicht wahr, so brachte der General es auf den Punkt. Die nichts begreift, die tut, was man ihr sagt, und keine Fragen stellt. Und möglichst eine Hübsche.“ Und Leutnant Objat, nimmt sich dieser Herausforderung an, hat schon eine grandiose Idee und entführt auf doch eher ungewöhnliche Weise Constance, die gerade dabei ist auf dem Friedhof von Passy einen kleinen Spaziergang zu unternehmen.
Die Entführung klappt, die junge Frau wird in ein ländliches Gebiet im Departement La Creuse gebracht und man versucht, sie so gut wie möglich zu behandeln. Letztendlich ist sie ja die sogenannte Auserwählte für eine geheimdienstliche Aktion in Nordkorea, und das bedarf natürlich unglaublich genauer Vorbereitungen im Hinblick auf diese nicht einfache Mission. Doch nicht alles scheint so zu funktionieren, wie der Leutnant sich das vorstellt und die ersten Hindernisse, Komplikationen, natürlich auch Verzögerungen treten auf…
Dieser Roman ist ein Feuerwerk an Ironie, Spass und Esprit. Dieses Werk hat auch viel von einer Parodie, die subtil viele Fragen zulässt, die jedoch nicht alle während der Lektüre beantwortet werden und damit dem Roman nochmal einen ganz besonderen Kick verleiht. Jean Echenoz zaubert mit der Sprache, verleiht ihr den diskreten ironisch rebellischen Charme, gibt ihr einen musikalisch-rhythmischen Takt vor, der den Leser zu einer Dynamik anstachelt, die sich einfach richtig gut anfühlt.
„Unsere Frau in Pjöngjang“ ist ein sehr komisches und spannendes Buch zu gleich. Eine Art Spionage-Roman, quasi eine „Mission Impossible“ der besonderen Art. Jean Echenoz gibt seinen – trotz des brisanten Auftrags – eher etwas trägen Figuren viel Raum, die sich vielleicht im sogenannten Weltbürgertum bewegen können, dürfen oder müssen. Er konfrontiert den Leser vollkommen spielerisch informativ mit psychologischen Phänomenen wie dem Stockholm-Syndrom und bereichert gleichzeitig diese Geschichte in stilistisch gekonnter Weise mit absurden Episoden, die nicht komischer sein könnten. Kein Wunder, dass dieses Buch purer Lesegenuss ist!
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