Tango, was ist das eigentlich? Genau diese Frage wird in diesem aussergewöhnlichen Buch „Tango – Wehmut, die man tanzen kann“ nicht nur beantwortet. Nein, dieser Band ist viel mehr als ein einfaches Sachbuch über Tango, denn hier wird dieser berühmte Tanz – im Jahr 2009 übrigens von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt – auf ganz besondere Weise durch prägnante Texte und Zeichnungen vorgestellt und fühlbar zum Leben erweckt.
Bereits 1999 wurde dieses Werk in Buenos Aires veröffentlicht und hat sich bis heute zu einem echten Kultbuch entwickelt, das Horacio Salas und Horacio Santana (genannt Lato) in einer wunderbaren Zusammenarbeit erschaffen haben. Glücklicherweise ist „Tango“ nun erstmals in deutscher Übersetzung erschienen, die bei jedem Tango-Begeisterten und Buchliebhaber das Herz höher schlagen lässt.
Horacio Salas – geb. 1938 – wird als der grösste Tangospezialist der Welt bezeichnet. Er hat mehr als dreissig Bücher, unter anderem eine umfangreiche Sozialgeschichte, ein Wörterbuch und ein Buch über die Poesie des Tangos, verfasst. Er ist Gründungsmitglied der Academia Nacional del Tango, Kultursenator von Buenos Aires und Direktor der argentinischen Nationalbibliothek. Lato – geb. 1960 – ist über die argentinischen Landesgrenzen hinaus ein sehr bekannter und erfolgreicher Comiczeichner und Illustrator. Gemeinsam haben sie hier aus einer Mischung von griffigen kurzen Texten und dynamischen Zeichnungen in Real-Comic-Version ein bibliophiles Gesamtkunstwerk voller Leidenschaft, Musik und Tanz komponiert.
Der Leser wird von Salas sensibel und informativ in die Geschichte des Tangos von den Anfängen bis zur Gegenwart eingeführt, in dem er über diesen Tanz-Mythos aufklärt. Dadurch entstehen konkrete Einblicke in die Milieus, wo der Tango entstanden ist und wie er sich im Laufe der Zeit musikalisch weiterentwickelt hat. Das Buch ist auch eine kleine Reise durch die Geschichte Argentiniens . Musiker, Sänger, Poeten, Autoren, Tänzer und die vielen Einwanderer aus Italien, Spanien und aus anderen europäischen Ländern, alle sind ein Teil des Tangos. Es geht um Heimweh, Liebe und Träume der Menschen. „Tango“ erläutert dem Leser nicht nur die Verknüpfungen zwischen Tanz und Poesie sondern auch zwischen Musik und Buenos Aires bzw. Argentinien:
„Die Gedichte von Jorge Luis Borges und Astor Piazzollas Tangokompositionen gehören neben den Erzählungen von Julio Cortàzar, den Büchern von Roberto Arlt und den Versen von Martìn Fierro, der unvergesslichen Stimme Gardels, der Gitarre von Atahualpa Yupanqui, dem Bandoneon von Troilo und dem dichterischen Schweigen von Goyeneche zum kulturellen Erbe Argentiniens. Ohne die Takte von Adiòs Nonino und Verano porteno wäre das Land nicht das, was es ist. Das neue Buenos Aires ist mit der Musik von Astor Piazzolla verwoben.“
Durch die lebendigen und plastisch temperamentvollen Zeichnungen von Lato fühlt und durchlebt man die magische Atmosphäre, die der Tango ausstrahlt. Die Musik dringt unaufhaltsam durch die sehr prägnanten Worte Salas zum Leser, dass man fast schon ein rythmisches Zucken in den Beinen verspüren mag und sich nur noch schweigend und vollkommen konzentriert dem Tango hingeben möchte.
Der Tango ist viel mehr als nur ein einfacher Tanz. Er ist Lebenskultur, Sehnsucht und Melancholie. Er ist Hingabe und Abweisung zugleich, er ist ernst und er gibt Raum zum Nachdenken.
Der Leser spürt all diese Emotionen in diesem betörenden und verzaubernden Buch. Hier tanzen Buchstaben und Bilder im Rythmus des Tangos, so dass man sich nach dem sinnlichen Lesegenuss nur noch eines wünscht: Tangounterricht in Buenos Aires!