Für viele Richter auf der unteren Stufe der Gerichtsbarkeit scheint es gewöhnungsbedürftig zu sein, ihr zum Teil unanständiges Gewurstel in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt zu sehen. Jahrzehntelang vom Miteinander der Zeitungsverlage und Gerichtsverwaltungen gedeckt, verschwanden unspektakuläre Willkür und erschreckende Unfähigkeit von Richtern ohne großes Aufsehen in den Akten und den sie beherbergenden Kellern.
Spätestens mit den publizistischen Möglichkeiten des Internets war es jedoch mit der Gewissheit vorbei, im Halbdunkel selbstherrlicher Juristerei ungestört dem Ruhestand entgegendümpeln zu können. Nach Dekaden des Dornröschenschlafs ist es nachvollziehbar, wenn Amtsrichter ungeziemlichen Ruhestörungen durch anwaltliche Berichterstattungen nicht durch die Verbesserung eigener Arbeitsqualität entgegentreten mögen, sondern in ihrer Not lieber die Hilfe des Justizapparats höchstselbst erflehen.
Das klappt natürlich nur bedingt und trotz erheblichem Wohlwollen gegenüber den geplagten Richterseelen müssen bisweilen staatsanwaltliche Gütesiegel für Blogartikel verteilt werden, die sich auch beim besten Willen nicht mit Hilfe strafrechtlicher Sanktionen aus dem kollektiven Gedächtnis entfernen lassen. So wurden nach Strafanzeigen gegen den stets um ausgewogene Berichterstattung bemühten Verfasser folgende Blogartikel als von der Meinungsfreiheit gedeckt angesehen und das Verfahren bezüglich der dort erfolgten Äußerungen gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Begründet wurde die Verleihung dreier Gütesiegel wie folgt:
Amtsgericht Nienburg a.) "In seinem Artikel vom 20.04.2016 (Bl. 3 ff. Bd. I d.A.) kritisiert der Beschuldigte das „Amtsgericht Nienburg“ bzw. „die Justiz“ (Bl. 3, 4 Bd. I d.A.) und bemängelt „richterliches Duckmäusertum" (Bl. 4 Bd. I d.A.), „Arbeitsverweigerung“ (Bl. 6 Bd. I d.A.) und spricht von einem „Armutszeugnis“ (Bl. 5 Bd. I d.A.) bzw. dem Verfahren als „abstrusen Reigen“ (Bl. 7 Bd. I d.A.). Insoweit schwingt sich der Beschuldigte hier zwar zum Verfechter der Rechte seines Mandanten auf und will diese mittels seiner Artikel nun auch außergerichtlich wahren. Allerdings stellt sich die Veröffentlichung des fraglichen Artikels nicht mehr als Wahrnehmung berechtigter Interessen i.S.d. § 193 StGB dar. Denn anders als bei Äußerungen in einem anhängigen Rechtsstreit greift dieser Rechtfertigungsgrund i.R. einer außergerichtlich betriebenen, an die Öffentlichkeit gerichteten Kampagne nicht (BGH, Urteil vom 17.12.1991 - VI ZR 169/91; OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.12.2005 - 20 W 298/04, vgl. Fischer, StGB, 63. Auflage - 2016, § 193 Rn. 7 ff.). Gleichwohl stellen zumindest diese Äußerungen des Beschuldigten inhaltlich noch keine Beleidigung i.S.d. §§ 185 ff. StGB dar. Denn unter Beachtung aller Begleitumstände bringen sie keine persönliche Missachtung bzw. Nichtachtung gegenüber einzelnen Personen zum Ausdruck. Es handelt sich vielmehr um eine allgemeine Unhöflichkeit, verbunden mit einer generellen Kritik an der aus Sicht des Beschuldigten unbefriedigenden Prozessführung (vgl. hierzu Fischer, a.a.O., § 185 Rn. 10). Persönliche Anfeindungen gegen einzelne, nicht namentlich genannte Richter enthält der genannte Artikel nicht, inhaltlich geht es vielmehr um eine Auseinandersetzung mit der Rechtssache selbst, die in tatsächlicher Hinsicht zumindest kursorisch dargestellt wird (Bl. 44 Bd. II d.A.)."
Amtsgericht Nienburg b.) "Ähnlich verhält es sich mit dem Artikel vom 18.05.2016 (Bl. 21 ff. Bd. I d.A.), in dem der Beschuldigte die „charakterlose Unentschlossenheit der Nienburger Robenträger“ (Bl. 23 Bd. I d.A.) anprangert. Hierzu hat er ausgeführt, er betrachte die Vertagung der Entscheidung über ein Ordnungsgeld als rechtswidrig und habe dies mit seinem Artikel zum Ausdruck bringen wollen (vgl. Bl. 43 Bd. II d.A.). Auch insoweit ist die Grenze zur Strafbarkeit nach § 185 Abs. 1 StGB noch nicht überschritten, es handelt sich um eine allgemeine Unhöflichkeit, nicht aber um eine auf persönliche Diffamierung zielende Schmähkritik."
Amtsgericht Nienburg c.) "Des Weiteren hat der Beschuldigte in seinem Artikel vom 12.07.2016 (Bl. 28 ff. Bd. I d.A.) der „niedersächsischen Justiz“ „Versagen“ (Bl. 29 Bd. I d.A.) vorgeworfen und behauptet, die „Nienburger Justiz“ vollziehe eine „Gratwanderung zur Strafvereitelung“ (Bl. 29 Bd. I d.A.). Bei der vorliegenden Äußerungen handelt es sich um eine auf Tatsachenbehauptungen basierende Meinungsäußerung, die grds. den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG genießt. In diesem Zusammenhang kommt dem Begriff der Rechtsbeugung dann aber nicht die Qualität einer Formalbeleidigung zu, sofern er im Zusammenhang mit einem bestimmten Verfahren oder Urteil verwendet wird, in sachliche Einwände eingebettet ist und damit als - scharfe - Zusammenfassung der Urteilskritik steht (AGH Saarland, Urteil vom 12.08.2002 - AGH 2/02 in MDR 2003, 180). Auch in dem genannten Artikel befasst sich der Besch. mit der von ihm als ungerecht empfundenen Verfahrensführung. Es handelt sich zumindest im Kern um eine sachliche Auseinandersetzung, nicht um eine bloße Schmähung der Entscheidungsträger."399e16cb3e0f46acbcf4115bbc1a48ef
Spätestens mit den publizistischen Möglichkeiten des Internets war es jedoch mit der Gewissheit vorbei, im Halbdunkel selbstherrlicher Juristerei ungestört dem Ruhestand entgegendümpeln zu können. Nach Dekaden des Dornröschenschlafs ist es nachvollziehbar, wenn Amtsrichter ungeziemlichen Ruhestörungen durch anwaltliche Berichterstattungen nicht durch die Verbesserung eigener Arbeitsqualität entgegentreten mögen, sondern in ihrer Not lieber die Hilfe des Justizapparats höchstselbst erflehen.
Das klappt natürlich nur bedingt und trotz erheblichem Wohlwollen gegenüber den geplagten Richterseelen müssen bisweilen staatsanwaltliche Gütesiegel für Blogartikel verteilt werden, die sich auch beim besten Willen nicht mit Hilfe strafrechtlicher Sanktionen aus dem kollektiven Gedächtnis entfernen lassen. So wurden nach Strafanzeigen gegen den stets um ausgewogene Berichterstattung bemühten Verfasser folgende Blogartikel als von der Meinungsfreiheit gedeckt angesehen und das Verfahren bezüglich der dort erfolgten Äußerungen gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Begründet wurde die Verleihung dreier Gütesiegel wie folgt:
Amtsgericht Nienburg a.) "In seinem Artikel vom 20.04.2016 (Bl. 3 ff. Bd. I d.A.) kritisiert der Beschuldigte das „Amtsgericht Nienburg“ bzw. „die Justiz“ (Bl. 3, 4 Bd. I d.A.) und bemängelt „richterliches Duckmäusertum" (Bl. 4 Bd. I d.A.), „Arbeitsverweigerung“ (Bl. 6 Bd. I d.A.) und spricht von einem „Armutszeugnis“ (Bl. 5 Bd. I d.A.) bzw. dem Verfahren als „abstrusen Reigen“ (Bl. 7 Bd. I d.A.). Insoweit schwingt sich der Beschuldigte hier zwar zum Verfechter der Rechte seines Mandanten auf und will diese mittels seiner Artikel nun auch außergerichtlich wahren. Allerdings stellt sich die Veröffentlichung des fraglichen Artikels nicht mehr als Wahrnehmung berechtigter Interessen i.S.d. § 193 StGB dar. Denn anders als bei Äußerungen in einem anhängigen Rechtsstreit greift dieser Rechtfertigungsgrund i.R. einer außergerichtlich betriebenen, an die Öffentlichkeit gerichteten Kampagne nicht (BGH, Urteil vom 17.12.1991 - VI ZR 169/91; OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.12.2005 - 20 W 298/04, vgl. Fischer, StGB, 63. Auflage - 2016, § 193 Rn. 7 ff.). Gleichwohl stellen zumindest diese Äußerungen des Beschuldigten inhaltlich noch keine Beleidigung i.S.d. §§ 185 ff. StGB dar. Denn unter Beachtung aller Begleitumstände bringen sie keine persönliche Missachtung bzw. Nichtachtung gegenüber einzelnen Personen zum Ausdruck. Es handelt sich vielmehr um eine allgemeine Unhöflichkeit, verbunden mit einer generellen Kritik an der aus Sicht des Beschuldigten unbefriedigenden Prozessführung (vgl. hierzu Fischer, a.a.O., § 185 Rn. 10). Persönliche Anfeindungen gegen einzelne, nicht namentlich genannte Richter enthält der genannte Artikel nicht, inhaltlich geht es vielmehr um eine Auseinandersetzung mit der Rechtssache selbst, die in tatsächlicher Hinsicht zumindest kursorisch dargestellt wird (Bl. 44 Bd. II d.A.)."
Amtsgericht Nienburg b.) "Ähnlich verhält es sich mit dem Artikel vom 18.05.2016 (Bl. 21 ff. Bd. I d.A.), in dem der Beschuldigte die „charakterlose Unentschlossenheit der Nienburger Robenträger“ (Bl. 23 Bd. I d.A.) anprangert. Hierzu hat er ausgeführt, er betrachte die Vertagung der Entscheidung über ein Ordnungsgeld als rechtswidrig und habe dies mit seinem Artikel zum Ausdruck bringen wollen (vgl. Bl. 43 Bd. II d.A.). Auch insoweit ist die Grenze zur Strafbarkeit nach § 185 Abs. 1 StGB noch nicht überschritten, es handelt sich um eine allgemeine Unhöflichkeit, nicht aber um eine auf persönliche Diffamierung zielende Schmähkritik."
Amtsgericht Nienburg c.) "Des Weiteren hat der Beschuldigte in seinem Artikel vom 12.07.2016 (Bl. 28 ff. Bd. I d.A.) der „niedersächsischen Justiz“ „Versagen“ (Bl. 29 Bd. I d.A.) vorgeworfen und behauptet, die „Nienburger Justiz“ vollziehe eine „Gratwanderung zur Strafvereitelung“ (Bl. 29 Bd. I d.A.). Bei der vorliegenden Äußerungen handelt es sich um eine auf Tatsachenbehauptungen basierende Meinungsäußerung, die grds. den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG genießt. In diesem Zusammenhang kommt dem Begriff der Rechtsbeugung dann aber nicht die Qualität einer Formalbeleidigung zu, sofern er im Zusammenhang mit einem bestimmten Verfahren oder Urteil verwendet wird, in sachliche Einwände eingebettet ist und damit als - scharfe - Zusammenfassung der Urteilskritik steht (AGH Saarland, Urteil vom 12.08.2002 - AGH 2/02 in MDR 2003, 180). Auch in dem genannten Artikel befasst sich der Besch. mit der von ihm als ungerecht empfundenen Verfahrensführung. Es handelt sich zumindest im Kern um eine sachliche Auseinandersetzung, nicht um eine bloße Schmähung der Entscheidungsträger."399e16cb3e0f46acbcf4115bbc1a48ef