Dunkelkammer olé

Dunkelkammer oléEs muss ungefähr 30 Jahre her sein, dass ich das letzte mal eine Dunkelkammer betreten und eigene Abzüge erstellt habe. Warum ich in dieser Zeit keine Notwendigkeit sah, mich damit zu beschäftigen, mag mit “fehlender Zeit” zu beantworten sein, eine wasserdichte Begründung werde ich nicht liefern können. Wahrscheinlich ging es mir, wie vielen anderen von Euch auch: Sich in Zeiten digitaler Bildverarbeitung selbst ans Werk zu machen und Papierabzüge zu erstellen, scheint vergleichbar mit der stoischen Nutzung eines Rechenschiebers oder der mühsamen Suche nach einer Telefonzelle. Soweit die Theorie

Die Praxis (war in meinem persönlichen Fall) jedoch vergleichbar mit dem Gefühl in der Magengegend, wenn der Heimatverein gegen den FC Bayern München siegt. Nicht dass mich Fussball interessieren würde, aber so stelle ich es mir vor. Ich gebe zu, dass die “alten Hasen”, die sich seit Jahren durch den Fotografenjob quälen eher ein anderes Magengefühl entwickeln werden, wenn sie an Dunkelkammer denken, weil sich in ihrer Erinnerung, stinkende Hände, gereizte Augen und Frust die Waage halten. Ja, damals hat man eigene Abzüge gemacht, weil man dem Großlabor misstraute und “bessere” oder “schnellere” Ergebnisse” haben wollte. Mir geht es jedoch irgendwie darum, die Aufnahmen “atmen” zu lassen und “unerwartetes” zu fabrizieren. Eine Aufnahme ausserhalb des Rechners noch mal “in die Hand” zu nehmen und damit etwas anzustellen, ist für einen “digital Native” wie mich, eine neue Erfahrung.

Durch gewisse Umstände, kam ich in der letzten Woche an eine komplette Laborausrüstung inklusive Chemie, Vergrößerer und allem was dazu gehört. Als ich die unzähligen Kartons auspackte und sortierte, hielt ich bis zu 40 Jahre altes Fotopapier und zu  Stein gehärtetes Fixiersalz in den Händen. Auch Geräte, deren Nutzen sich mir bis heute nicht erschliesst, gehören nun zu meinem Besitzstand. Ich hab alles schön aufgebaut, so, wie ich es in Erinnerung hatte und die Schalen mit Chemie gefüllt. Wie war das? Entwickler, Stoppbad, Fixierer, Wasser, fertig! Der Durst Vergrößerer (M605) erschloss sich mir in seiner Nutzung recht schnell, doch die Funktionen der Zeitschaltuhr (Philips PDT022) musste ich erst mühsam googlen. Wie hat man das eigentlich früher gemacht?

Ich griff nach dem erstbesten Film, der bei mir herumlag, fingerte eine uralte Schachtel Agfa Gavaert Papier aus der Kiste und machte mich an die Arbeit. Mann nimmt ja normalerweise Papierstreifen und testet die Zeit aus. Meine Zeitschaltuhr soll sogar messen können, wie lange man belichten muss. Pfff. Ich schätzte! Als dann das erste Bild in der Entwicklerschale so langsam zum Vorschein kam, war das ein saugeiles Gefühl. Etwas dunkel (Siehe Mitte) aber sichtbar. Zeit verkürzt, zweiter Anlauf. Besser. Yeah! Für das, was da an Ergebnissen zum Vorschein kam, hätte ich mein Labor vor 15 Jahren geohrfeigt – heute schreib ich stolz ne Blogpost drüber. Es ist einfach spannend zu sehen, wie unsere Vorfahren gearbeitet haben :mrgreen:

Wie hat es der verehrte Jeriko im Vorwort meines Buches so treffend formuliert? “Dein Abenteuer beginnt hier!” Der Satz sollte in Metall geprägten Lettern an der Wand meiner neuen Dunkelkammer hängen. (BTW: Hatte ich eigentlich schon mal gesagt, dass ich diesen letzten Satz im Vorwort meines Buches über alles liebe? (Danke Christoph!))

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